Aus dem Tagebuch das Praios Geweihten Baldus Sonnenlob
10. Tag des Monats des unwürdigen Gottes der Gauner und
Lügner im Jahre 1034 nach dem Fall des
verdammenswürdigen Bosparan.
Diese wirre Traumwelt forderte meine Geduld aufs
äußerste. Überall fanden wir hier Teile des
ohnmächtigen Praios-Geweihten. Laut Magister Tankred handelte
es sich hierbei um verschiedene Fragmente des gesplitterten Geistes des
Geweihten, die wir wieder zusammenfügen mussten um ihn aus
diesem Alptraum zu retten. Jedes Fragment hatte einen albernen Namen
aus zwei Buchstaben. Meinen Gefährten erschien es logisch,
dass diese zusammen seinen Namen ergeben würden.
La Kon Wan Da… Was für ein Unfug.
Den ersten Teil fanden wir auf dieser nebeldurchzogenen Ebene voller
tiefer Spalten.
Den zweiten befreiten wir aus einem Kerker in Mengbillar, wo der Glaube
an Phex und Praios verboten war. Das diese Stadt immer noch nicht
ausgelöscht wurde, ist eine Schande.
Vermutlich hat Phex seine Sterne verbraucht als er Elem
auslöschte. Wobei er bekanntlich ja nicht einmal das richtig
hinbekommen hat.
Den nächsten Teil der gespaltenen Persönlichkeit
fanden wir am Hof einer almadanischen Fürstin.
Kaum hatten wir den Raum betreten, als Yolande sich an die Augen fasst
und laut einen Zauber deklamierte. Irgendetwas mit Adleraugen. Sofort
kam eine der Wachen angerannt um sie festzunehmen. Sie war eine
ausgebildete Magierin. Wie konnte sie auf die Idee kommen, an einem
Adelshof einfach so ohne Erlaubnis Magie zu wirken? Am Hof von
Königin Rohaja hätte sie sich damit ein Dutzend
Armbrustbolzen eingehandelt. Manchmal benahm sie sich, als ob sie die
letzten Jahre in der unzivilisierten Wildnis verbracht hatte. Sehr
merkwürdig.
Wir konnten sie mit Mühe herausreden, wurden aber danach von
den Wachen höchst misstrauisch beobachtet.
Tankred forderte eine junge Frau zum Tanzen auf, die bisher sehr am
Rand der üblichen Tratschgruppen gestanden hatte.
Dafür erhielt er von ihr einen Überblick
über den aktuellen Hoftratsch. Unsere Zielperson war der Sohn
und Page der Fürstin.
Nach einigem hin- und her forderte Magister Tankred mich und Emmeran
auf uns: „…den Schaum aus dem Bart zu streichen
und endlich etwas Nützliches zu tun.“.
Ich strich mir den Schaum des viel zu schwachen örtlichen
Bieres aus dem gepflegten Bart… und schuppste dann Emmeran
vorwärts auf die Fürstin zu. Er war besser in diesem
diplomatischen Zeug als ich. Dann folgte ich ihm.
Wir fragten kurzerhand um Erlaubnis mit ihm über seinen
Glauben an Praios reden zu dürfen und nahmen ihn mit.
Offenbar hatte er während der Praiostagsschule
weitergesprochen obwohl der Geweihte ihm befohlen hatte zu schweigen.
Aber da dieser der Meinung unseres Fürstensohnes etwas
falsches gesagt hatte, fand er sich gezwungen zu widersprechen.
Der Disput ging um das alte Thema. Die Auslegung von Praios Gebot:
„Du sollst alle schädliche Magie
bekämpfen.“
Was nun „schädlich“ bedeutete, konnte zu
wochenlangen Diskussionen zwischen Geweihten führen. Danach
war das Thema dann meist immer noch nicht endgültig
geklärt, die Diskussion wurde nur abgebrochen um
körperliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Bei
Streitigkeiten zu diesem Thema hatte er schon
weißbärtige Geweihte wie Schuljungen im Staub ringen
sehen.
Meine persönliche Einstellung war eher liberal. Wenn Magie
niemandem schadete und dem Buchstaben des Gesetzes
gemäß für das Wohl anderer und die
Förderung der praiosgefälligen Ordnung eingesetzt
wurde, durfte sie toleriert werden.
Bei dem Pagen musste sich um einen eher kindischen Teil der gesuchten
Persönlichkeit handeln. Nachdem wir auch dafür um
Erlaubnis gebeten hatten, verließen wir den Festsaal und
damit diesen Teil der Traumwelt.