Aus dem Bericht des Praios-Geweihten Baldus Sonnenlob
Seine Erlebnisse während der Heiligen Quanionsqueste.
27. Ingerimm 1032 BF
Wir zogen uns vorerst aus der Höhle unter der Bibliothek
zurück. Yolande heilte die schlimmsten Wunden. Wir
diskutierten das weitere Vorgehen und verwarfen dabei Tankreds
vermutlich nicht ganz ernst gemeinte Theorie zum Vorkommen von
höhlengrabenden Bücherwürmern.
Seine Hochwürden, der gesundheitlich wieder auf dem Pfad der
Besserung war, erinnerte uns daran, dass wir hier in Aras de Mott unter
anderem auch nach einem geheimen Archiv Ausschau halten sollten. Da
sich in den Höhlen einige Pergamentfetzen fanden, beschloss er
dort eine umfangreiche Untersuchung zu starten. Entweder hatten Orks
oder Tiere Bücher in die Höhlen geschleppt, oder es
befanden sich dort geheime Büchervorräte, die
wiederum von Tieren angegriffen und verteilt wurden.
28. Ingerimm 1032 BF
Wir kehrten voll ausgerüstet und bewaffnet in die
Höhle zurück. Diesmal trug ich sogar den Helm, auch
wenn ich in der schlecht beleuchteten Höhle damit nicht mehr
wirklich gut sehen konnte.
Ulfried trug seinen magischen Schild, der ihn mit einem Armatrutz
Zauber schützte und wanderte damit in die Höhle der
praiosverhassten Lichtnebler Pilze um die kurzerhand abzufackeln. Eine
Tat die meine volle Zustimmung fand.
Vorsichtig schritten wir in die nächste Höhle, was
uns aber nicht davor beschützte, vom Angriff einiger fahler
Riesenspinnen überrascht zu werden. Die Steinspinnen hatten
eine unglaubliche Sprungweite und flogen aus der Dunkelheit
außerhalb unserer Beleuchtung heran. Ulfried und Tankred
wurden von je vier Spinnen angefallen, zeitgleich wurde unsere Gruppe
von hinten angefallen. Zwei der Spinnen verbissen sich sofort in
Tankred, während sie an Ulfried vorerst keinen Ansatzpunkt
fanden.
Mit kurzer Vorwarnung zauberte Yolande noch ein weiteres Licht herbei,
zusätzlich zu meiner Laterne und der Fackel von Tankred.
Drei Bisse innerhalb kurzer Zeit zeigten mir, dass die Spinnen giftig
waren. Ein leicht lähmendes Gift, das mit jedem Biss
stärker wirkte.
Meine Ochsenherde stellte sich als ungeeignet für die
Verteidigung gegen die Spinnen heraus, die direkt auf mir
herumkrabbelten. Ich ließ meine geweihte Waffe fallen und
ging zu Fausthieben über. Die einen halben Schritt
durchmessenden Spinnen steckten überraschend viel ein und
hinterließen meine Panzerhandschuhe komplett voll mit
grünschwarzem Glibber.
Während ich auf die Viecher einprügelte, benutzte
Yolande neben mir irgendeinen ihrer Naturzauber um ihre Haut mit einer
rindenartigen Oberfläche zu überziehen. Vermutlich
eine primitive Variante des unsichtbaren Armatrutz.
Als ich meine eigenen Angreifer erledigt hatte und beginnen konnte
meinen Gefährten zur Hilfe zu kommen, waren die meisten
Spinnen bereits erledigt. Seine Hochwürden Praiodatus sah am
schlimmsten aus. Er konnte aufgrund der Giftlähmung nur noch
lallend sprechen.
Eine letzte Spinne entfernte sich von ihm und floh. Ich rannte
hinterher und holte zu einem Sprung aus, als mir Yolande in den Schlag
trat. Völlig verblüfft konnte ich diesen nicht mehr
abstoppen und hämmerte sie mit voller Kraft in den bereits mit
Rissen überzogenen Spinnenleib, der daraufhin mit einem
hässlichen Reißen aufplatze und sie mit ihrem
Gesicht in den grünen Schleim drückte.. Zu meiner
Überraschung war sie der Meinung, dass diese Tiere das Recht
hatten zu leben. Obwohl ihre fahle Färbung doch deutlich
zeigte, dass sie das Licht des Herrn mieden und nicht seine Gnade
hatten.
Seine Hochwürden ging mit einem gelallten:
„Medikus“ zu Boden, daher verzichtete ich auf eine
weitere Diskussion zu diesem Thema und ließ Yolande zu Hilfe
eilen.
Um besser zaubern zu können, ließ sie ihren
Lichtzauber fallen. Von einem Moment auf den anderen fand ich mich in
einer finsteren dunklen Höhle wieder. Während meine
Augen eine gefühlte Ewigkeit brauchten um sich wieder an die
Dunkelheit anzupassen, klammerte ich mich schützend um meine
Laterne. Fast wäre sie mir durch den schlüpfrigen
Schleim an meinen Panzerhandschuhen aus der Hand gerutscht, was ich zu
unser aller Glück gerade eben noch verhindern konnte. Immerhin
war sie nun eine wichtige strategische Ressource von der unsere
Verteidigungsfähigkeit abhing. Ohne Licht konnten selbst
Spinnen unseren Untergang bedeuten.
Sobald Yolande die Giftwirkung neutralisiert hatte, leitete uns seine
Hochwürdigen in einer Liturgie an die Herrin Peraine und den
Herrn Praios an, die SEIN heilendes Licht in unsere geschundenen Leiber
lenkte.
Eine Höhe weiter fanden wir jeweils an anderen Wänden
rotes Feuer- und blaues Efferdmoos. Beide waren lt. Yolande
ätzend. Die Wirkung des einen hob die des anderen auf. An
einer Wand schien es fast so, als würden die beiden Moossorten
geradezu gegeneinander streiten und um die Vorherrschaft
kämpfen. Auch am Boden fand sich mal das eine mal das andere
Zeug. Doch da ich nicht vorhatte stehenzubleiben und zu warten bis ich
etwas durch meine Stiefel fraß, konnte es mir nichts anhaben.
Nach weiterer Suche fanden wir eine Höhle, in der jemand vor
einiger Zeit wohl ein paar Regale aufgestellt hatte, diese waren aber
fast vollständig zerbrochen. Die dort gelagerten
Bücher und Schriftrollen waren Großteils waren zu
einer Art Nest zusammengetragen worden. Viele waren zerrissen oder
zerkaut worden. Doch in dem Haufen schienen auch das ein oder andere
Ding erhalten geblieben zu sein. Tankred stürzte sich sofort
begeistert auf diese Auswahl und begann den Haufen zu
durchwühlen.
Seine Hochwürden hob eine Schriftrolle auf, die hinter einem
der zerbrochen Regale eingeklemmt gewesen war. Nachdem er die Rolle
einige Augenblicke studiert hatte, erklärte er uns mit
ehrfürchtiger Stimme, dass es die Beschreibung einer ihm
bislang unbekannten Liturgie des Herren war. Die Liturgie nannte sich
„Wider die Zauberkraft“. Ich hatte ich ja schon
immer gewunderte, dass der Herr seinen Dienern keine mächtige
Liturgie gegen die magischen Umtriebe zur Verfügung gestellt
hätte. Vielleicht änderte dies der jetzige Fund ja.
Auch Emmeran machte sich daran etwas Ordnung in das Chaos zu bringen
und fast so als ob es der Wille des Herren gewesen war
–stieß er auf eine Beschreibung des Praemonstrator
Lucis! Was rede ich denn da „fast“?
Natürlich war es der Willen des Herrn Praios- Gloriam nomini
eius - gewesen, denn schließlich war es auch Emmeran, der
zusammen mit mir in Elenvina auf die Sage des Heiligen in einem Buch
aus Arras de Mott gestoßen war. Und im Gegensatz zu
derjenigen die jeder von uns Geweihten des Herren in seinem
Praios-Vademecum mit sich herumtrug hatte diese Version eine
Erwähnung des heiligen Gegenstands enthalten, der es St.
Quanion wohl erst ermöglicht hatte, den heiligen Text zu
finden. Hm…. am besten füge ich den Text an dieser
Stelle ein, auch wenn mein Bosparano etwas eingerostet ist:
„Haec est, ait de Domino laudate:
Der Praemonstrator Lucis, der Wegweyser der es dem Heylgen
ermöglichte, das sancta lux wieder in den Schoß der
heylgen mater Ecclesia zurückzutragen, trug die Form eyner an
den Ecken offenen Pyramid von deren Spitz im hohlen Innern an eynem
Faden eine Feder hing und schlussendlich den Weg offenbarte. Siehe
aber, ejus octo partes. Denn acht sey die Zahl, die dem Herrn ein
Wohlgefallen ist, so - wird überliefert - dass
sprach sanctus Quanion. *
Ut Primum: Basi laminam: Denn so wie Praios Dominus der Fels und Grund
der Kirch sey, die Basis des Glaubens, so trage sie zu dem heylgen
Werke bey und stütz die schwächeren Teyl.
Ut Secundus: Columna Aquilonem: Ganz in weyss gehalten und verzieret
mit dem Ursus maritiumus schützet des Firuns Macht das
nördliche End der Basi laminam.
Ut Tertio: Columna in Occidente: Beleman, Rondrikan und Nuiana
begrenzen wie auf Deren die westliche, bläulich
grünlich schimmernde Seyt.
Ut Quarto: Columnas Oriente: Ganz aus rötlich erzenem Steyn
sey gleych dem Schwerte Ingrimms der rechte Pfeiler.
Ut Quinto: Columnas Meridiem: So wie es sich geziehmet bildet der
Pfeiler des Herren gülden verziehret mit Greif und Gryphon die
untere Seyt
Ut Sexto: Lapis constitutionibus: So wie die vier Wänd eynes
Hauses tragen darüber eyn Dach, so bildet diese Kuppel den
Abschluss und verleiht mehr Stärk als die vier alleine
aufbringen könnten.
Ut Septimo: Cohors Spei: Kleyn und unscheynbar wirkt diese Kordel, die
verbindet Lapis und Pinna und doch war sie dem Heylgen bis zuletzt lieb
und teuer, sodass er sie stets nah am Körper trug.
Ut Octavo: Sancta Pinna: Beseelt vom Willen Ucuris, wies dies
feyngliedrige Ding den Weg und zeigte dem Heylgen an wohin er seine
Schritte richten möge.
*Anmerkungen:
Die besondere Hervorhebung der Zahl Acht an dieser Stelle verwundert,
schließlich ist sie weder Liturgisch noch Kirchenhistorisch
bisher in Erscheinung getreten. Vielleicht vermag ich aus der von mir
gestern aufgefunden Predigt des Heiligen weitere
Rückschlüsse ziehen.
So farbenfroh und bildlich die Darstellung auch ist, so klärt
die aufgefundene Beschreibung doch leider nicht den Aufenthaltsort des
geheiligten Gegenstandes. Hinweise lassen aber darauf
schließen, dass der Wegweiser des Lichts sich nicht mehr in
einem Stück befindet aber diese schweigen sich
darüber aus, wo die Fundstücke zu finden sein
könnten. Zu vermuten steht allerdings, dass keine konkrete
Wegbeschreibung gibt, quasi eine Schatzkarte gibt, wäre dies
doch eher dem Phex gefällig. Zu unser aller Glück
befindet sich das ewige Licht wohl verwahrt im Sonnenpalast zu Gareth.
Und da der Orkensturm überwunden, das Kloster sich im
Wiederaufbau befindet und das Reich in Frieden einer erhabenen Zukunft
entgegenschreitet, werden meine Brüder und ich
genügend Zeit haben, den heiligen Gegenstand wieder
zusammenzufügen.
Bruder Quanion, Bibliothekar im Kloster des Heiligen Hüters zu
Arras de Mott, niedergelegt am 10. Rondra 1017 Bf.“
„JUHUUUUU…… JAAAA….. DAS IST
ES…….“
Alle drehten sich zu Tankred um, als der sonst so ernste,
seriöse und wenig emotionale Magier sich ein Buch an die Brust
drückte und mit einem breiten Grinsen auf und ab
hüpfte. Wir bekamen erst nach einer Weile vernünftige
Informationen zu seinem Fund aus ihm heraus. Mir sagte seine Antwort
nichts, aber ich bin auch weder Magier noch Büchersammler.
Daher konnte ich nicht verstehen, was an: „Arkanum,
Erstabschrift, Prachtausgabe“ so interessant sein sollte.
Vermutlich irgendein Zauberbuch. Da „Arkan“ im
Bosparano meines Wissens so viel wie „Geheimnisvoll und
Unleserlich“ bedeutete, ließ das keinen gut
lesbaren Inhalt vermuten. Ich hoffte Tankred würde es sich
nicht zu schwer zu Herzen nehmen, wenn wir es nachher verbrannten.