Aus dem Bericht des Praios-Geweihten Baldus Sonnenlob
Seine Erlebnisse während der Heiligen Quanionsqueste.
13. Praios 1033 BF
Gashok
Mein erster Ausbildung an der Akademie begrüßte
einmal einen Kadetten aus Gashok: „In Gashok gibt es nur Orks
und Lustknaben. Und du bist zu häßlich für
einen Lustknaben.“
Er hatte Recht. Niederbrennen wäre noch zu gut für
dieses deprimierende Nest.
Wir beschlossen den Schamanen um Erlaubnis zu bitten die verschlossenen
Tempel zu untersuchen. Da ich den Auftrag hatte Gewalt zu vermeiden,
fragte ich Magister Tankred nach einer höflichen Anrede.
Er erklärte mir, dass Orks schmeicheleien als beleidigend
empfinden. Stattdessen muss man von Beginn an Stärke und
Resprekt demonstrieren. Er empfahl etwas wie: „Hallo
Arschbratze, aus dem Weg oder ich hau Dir die Fresse ein.“
Als wir als Gruppe vor dem Haus des Schamanen angekommen waren, trat
ich schnell vor und demonstrierte meine Kenntnis der orkischen
Etikette. Ich musste wohl in der Betonung einen Fehler gemacht haben,
da Tankred kicherte und die anderen entsetzt die Luft einzogen.
Der Wachposten den ich mit einem fröhlichen „He
Arschbratze!“ begrüßt hatte, sah uns sehr
irritiert an. Nachdem er sichtlich mit sich gerungen hatte, winkte er
uns einfach durch.
Wir berichteten dem Schamanen von Frells Bündnis mit dem
Diener des Blakharaz. Auch wenn die Magier versicherten, dass er keinen
Seelenpakt geschlossen hatte, so hatte er doch klar erkennen
müssen, dass er einen Gefallen einer niederhöllischen
Kreatur annahm. Und dieser Gefallen bestand in einem Mord. Und wer
einmal auf diesem dunklen Pfad wanderte, würde ihn auch bis
ihn die Verderbnis weiter bestreiten.
Der Schamane fand ein Bündnis mit einem bösen Geist
ebenfalls ein widerwärtiges Verbrechen und befahl den
Schuldigen den Hunden zum Fraß vorzuwerfen. So wurde
wenigstens seine Seele vor dem Zugriff der Niederhöllen
bewahrt. Tankreds Begeisterung empfand ich allerdings trotzdem
übertrieben.
Anschließend erlaubte er uns die Tempel zu betreten. Immerhin
würden ja nur wir sterben, falls sich der Schrecken dort
wiederholte.
Wir betraten also den Tempel des Dunklen Gottes Boron. Verziert mit
Knochen und Unheilssymbolen, die man eher in einem Unheiligtum vermuten
sollte. Ich würde diesen Dualismus nie verstehen.
Im Garten fanden sich zwei Leichen von Orks, die sich offensichtlich
gegenseitig erwürgt hatten.
Das Innere des Tempels war seltsam. Die steinernen Bänke waren
kreisförmig um den Altarstein angeordnet. Wild verteilt sahen
wir etwa vierzig Leichen. Einige Muster waren erkennbar. Stellen an
denen die letzten Verteidiger abgeschlachtet worden waren. Und viele
Paare von Orks, die sich gegenseitig ermordet hatten.
Im Staub sah man Fußspuren im uralten Staub. Eine Spur zum
Altar, einmal herum und wieder hinaus.
Im Garten waren uns einige Quanionen aufgefallen. Eine blühte
auf dem Altarstein.
Auch ohne diesen offensichtlichen Hinweis hätten wir die
offene Türe im Altarstein bemerkt um die herum zahlreiche
Tonscherben verteilt lagen. Alle verziert mit Zhayad Glyphen. Das
größte Bruchstück trug ein Symbol, das mir
nicht so Unheilig erschien wie die übrigen. Magister Tankred
bestätigte meinen Eindruck. Dies war kein
Dämonenname, sondern die Namenssigille von Rohal dem Weisen.
Was das bedeutete verstand ich im Gegensatz zu unseren beiden Magiern
nicht.
Diese erklärten einstimmig, dass es sich hier nur um eines der
berühmten Rohalsgefäße handeln konnte.
Gefäße in denen Rohal einige der finstersten
Dämonen gebunden hatte, auf das diese niemals wieder
beschworen werden konnten. Mochte die Zahl der Dämonen der
Niederhöllen zwar insgesamt Legion sein, so war die Zahl der
namentlich bekannten und damit beschwörbaren Dämonen
doch endlich. Und jeder dieser Dämonen der verschwand, senkte
die Macht der Niederhöllen auf Dere.
Tankred sammelte die Splitter mit Emmeran zusammen sorgfältig
auf.
Yolande sprach einen Analysezauber. Dieser ergab, dass die
Präsenz in diesem Gefäß unglaublich
mächtig gewesen sein musste. Ein vielgehörnter
Dämon des Blakharaz. Aber keiner, dem wir bereits begegnet
waren. Selbst die uns ebenfalls unbekannten
Besessenheitsdämonen in Travine oder dem Orkhund waren nur
niedere Dämonen gewesen.
Tankred und Emmeran setzten in unserem Zimmer die einzelnen
Stücke wieder zusammen. Wo der geschulte Blick und geschickte
Finger versagten, rief Emmeran Urischars Ordnenden Blick herbei und
erkannte die Position für die letzten Stücke.
Tankred las den Namen des Dämons als Bal-Iriad. Dieser Name
war uns allen unbekann, jedoch gab es in der Domäne des
Blakharaz einen mächtigen 6-gehörnten Dämon
namens Iriadzhal, was in Zhayad: der Schatten des Iriad bedeutet. Wenn
dies bedeutete, dass der 6-gehörnte ein nieder Diener des
ungleich mächtigeren Bal-Iriad war, dann konnten wir uns auf
einiges gefasst machen. Das musste dann wohl einer der direkten
Handlanger des Schwarzen Herren des Unrechts sein. So wie es Yohnaho
für die Herrin der Tiefen und der Seelensammler für
Thargunitoth sind.
Wir besuchten anschließend auch den Tempel des Lichts. Dieser
war ähnlich aufgebaut, aber statt eines Geheimfaches fanden
wir einen durch bauliche Kniffe kaum erkennbaren Gang nach unten in die
Katakomben. Ein Geheimgang in einem Praios-Altar. Ich hob die
Hände zum Himmel und entschuldigte mich im Namen der Dualisten
für diesen Frevel. Möge der
Götterfürst ihnen verzeihen, denn sie sind einfach
nur Dumm und Unwissend und verstehen SEINE Gabe der Wahrheit und SEIN
Gebot der Offensichtlichkeit nicht.
Unten fanden wir die Grabmähler der Hochgeweihten, darunter
einen Sarkophag mit den sterblichen Überresten von Durian
Praiotin Gashok, dem Gründer der Stadt. Er hatte wohl im
letzten Moment erkannt, dass dieser Tempel niemals das Wohlwollen
seines Herren empfangen würde und darauf verzichtet ihn zu
weihen.
Yolande erhellte die Kammer mit einem magischen Licht. Ich schlug die
Hände vors Gesicht und bat den Herren um Verzeihung
für diesen Frevel. Wenigstens war der Tempel nie geweiht
worden. Und wenn, dann wäre er durch die erste Predigt der
frevlerischen Dualisten entweiht.
Wir vermuteten nun, dass in seinem Sarg der Splitter des Ewigen Lichts
mit ihm begraben sein könnte. Eine Gabe, die seine Diener nun
dringend brauchten. Nach langem Zögern und diskutieren
beschlossen Ulfried und ich die Grabplatte anzuheben. Unter
Gesängen und Gebeten um Verzeihung trugen wir die schwere
Platte zur Seite. Als wir sie an die Wand lehnten, entdeckten wir eine
Inschrift auf der Unterseite.
„Ausgestoßen aus der Kirche… Blah
blah… Werden wir als Buße Dualisten, weil wir
durch unsere Dummheit die Götter gefrevelt haben.
Das Licht ist dort verborgen, wo die Sonne niemals scheint.“
Im Sarg selbst befand sich, nicht überraschend, eine Leiche.
Sonnenzepter, die Insignien eines einfachen Geweihten… kein
Gefäß für einen Sonnensplitter.
Wir schlossen den Sarg wieder, ich erneuerte den Grabsegen und dann
gingen wir um uns zusammen im Wirtshaus beim Abendessen zu beraten.