Aus dem Tagebuch des Praios Geweihten Baldus Sonnenlob,
seine Erlebnisse auf der Heiligen Quanionqueste.


14. Praios 1033 BF

Ich berichtete mein Traumgesicht mit den Aufständen und den Bränden nach dem vermeintlich erfolgreichen Brandanschlags des Orks Frell an seine Ehrwürden Praiodatus. Er stimmte mir zu, dass dies wohl eine alternative Zukunft darstellte, die wir verhindert hatten. Zumindest fürs erste. Denn warum sollte Praios mir diesen Traum schicken, wenn nicht weiter Gefahr drohte?
Der Götterfürst ist über ein Einfaches „Gut gemacht“ erhaben, denn was kann er anderes von uns erwarten als unser Bestes zu tun?

Ein Straßenjunge kam kurz darauf angerannt und berichtete uns von einem weiteren Mord. Ulfried klärte sofort ab ob es sich bei dem Opfer um einen Menschen oder einen Ork handelte. Da es ein Mensch war, schlug er vor uns darum zu kümmern.

Vor einem Haus in der Südstadt hatte sich eine größere Menschenmenge versammelt. Zwar wurden wilde Spekulationen über ein angebliches Blutbad geäußert, aber offenbar wagte es niemand das Haus zu betreten.

Wir gingen in das Haus hinein in dem die Tat geschehen war. Emmeran hielt währenddessen Wache vor der Tür, so dass niemand jetzt noch entkommen konnte.

Der Dualisten Prediger „Dunkler Lan“ und ein älterer Mann mit der Ausstrahlung eines Zuhälters und einigen Schlägern standen um die blutige Leiche herum.

An der Decke hing an einem Balken das Ende eines gerissenen Stricks und in der Ecke kauerte ein gefesselter großer kräftiger Mann mit langen Zöpfen mit einer Henkersschlinge und dem anderen Ende um den Hals. Im Moment sah er aber nicht aus wie der archetypische Thorwaler Plünderer, aber seine Herkunft war nichts desto trotz unverkennbar.

Direkt unter der Schlinge wuchs eine kleine Quanione aus einer Bodendiele. SEIN Zeichen, dass hier eventuell nicht alles so klar war wie es auf den ersten Blick erschien.

Lan deutete auf den sichtlich verstörten Mann: „Sein Name ist der „Lange Lars“. Ihm wird vorgeworfen seine Frau Vanja“ – er deutete auf den blutüberströmten Leichnam – „ermordet zu haben“. Der brutal aussehende Mann neben Lan – der sich tatsächlich als der Zuhälter „Huren Han“ und „wichtige Respektsperson Gashoks“ – vorstellte, forderte mit einem lautstarken und nachdrücklichen „was heißt hier vorgeworfen, man Mörder und Totschläger doch fast mit der Tatwaffe in der Hand angetroffen“ die Sache doch gleich hier vor Ort mit einem guten diesmal wirklich stabilen Strick zu regeln.

Daraufhin brach ein kurzes Streitgespräch zwischen dem Dunklen Lan und Huren Han aus. Offenbar war der Zuhälter – so schändlich das auch war – hier in dieser heruntergekommenen Stadt wirklich ein wichtiger Mann mit Einfluss. Lan sagte uns, dass sich Han mit einem Prozess für den morgigen Tag einverstanden erklärt hatte – was dieser mit einem unwilligen Schnauben kommentierte. Han würde die Anklage übernehmen, wohin gegen Lan, sein Ziehsohn und ein weiterer Bürger der Stadt die Rolle der Richter einnehmen würden. Uns bat er die Verteidigung zu übernehmen. Da wir zum einen Auswertige waren und gleichzeitig Diener im Namen des Götterfürsten würde das Gerüchten, dass die Sache abgekartet war den Wind aus den Wind aus den Segeln nehmen. Außerdem meinte er – als Han sich gerade mit seinen Männern unterhielt – dass er bei uns als Verteidiger ein besseres Gefühl hätte als bei eine Bürger, der auch nach dem Prozess noch in der Stadt wohnen müsste.

Ich war schon etwas verwundert, dass nicht seine Hochwürden den Vorsitz des Gerichts übernehmen sollte – mit Emmeran und mir als seinen Beisitzern. Als ich später seine Hochwürden Praiodatus darauf ansprach erinnerte er mich daran, dass die Diener des Götterfürsten die Rolle als Richter nur dann übernehmen würden, wenn es keine anderen dafür vorgesehenen Autoritäten in vertretbarer Entfernung geben würde oder ihnen diese Aufgabe durch den zuständigen Landesherren oder in Kirchenfragen den zuständigen Kirchenherren ohnehin übertragen worden war. Beides träfe hier in Gashok aber nicht zu.

Der Zuhälter stellte sich als früherer Arbeitgeber der toten Frau heraus, die als „Mopsen-Vanja“ wohl eine seiner Huren gewesen war. Lars hatte sie ihm mit dem Gewinn aus einem Goldfund vor kurzem abgekauft. Lars war einer der Sternensucher gewesen, die nach dem Sternenregen vor einigen Jahren das Svelttal auf der Suche nach den Phexens Schätzen waren. Zwar tat Han so, als hätte er Vanja gerne ziehen lassen um dem jungen Glück nicht im Wege zu stehen und dass er Lars dafür trotzdem ordentlich hatte „bluten“ lassen und er hätte damit ein gutes Geschäft gemacht. Uns kam das aber irgendwie merkwürdig vor und dass Han uns nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte.

Wir und besonders unsere Heilerin Yolande betrachteten das Opfer genauer. Die einst sehr gutaussehende Frau war hochschwanger gewesen. Trotzdem hatte ein Tsaverlassener Verrückter sie mit brutaler Gewalt mit einer scharfen Klinge zerstückelt. Die Tat musste irgendwann in am frühen Morgen passiert sein. Yolande erzählte irgendetwas von gestocktem Blut und Fliegen. An der Stelle schüttelte ich den Kopf. Das klang doch alles zu sehr nach den Schundromanen von der horaskaiserlichen Kriminal Kammer. Wahrscheinlich hatte sie sich das einfach nur ausgedacht auch wenn sie zweifelsfrei eine gute Heilerin war. Am Boden lag eine Skraja die Lars gehört hatte, die vermutete Tatwaffe.

Während Yolande und ich die Leiche untersuchten, kümmerten sich Hochwürden Praiodatus und Tankred um den vermeintlichen Täter. Praiodatus befrage ihn während Tankred einen Odem Arcanum wirkte und später berichtete, dass das Lars Anzeichen von Magie zeigte, die auf ihn gewirkt worden war. Wie bei dem Leithund der orkischen Bluthunde und Trawine zeigten sich verwehende Spuren von Magie um den Kopf und das Herz des Thorwalers. Lars berichtete ihm auf direkte Nachfrage, dass er sich an die Tat gar nicht erinnern konnte er aber ganz offenkundig schuldig war. Auf einen Prozess legte er keinen Wert, man solle nur endlich mit ihm Schluss machen.

Han berichtete derweil gegenüber dem Dunklen Lan und Ulfried, dass er wegen schrecklicher Schreie von umliegenden Bürgen zu Hilfe gerufen worden war. Er sorgte in der Stadt und speziell hier im Viertel in dem er arbeitete für Ordnung und die zwielichtigen Bürger vertrauten ihm wohl mehr als der orkischen Obrigkeit, völlig verständlich. Als er eintraf fand er Vanja tot am Boden liegend, daneben kauerte Lars mit der gerissenen Henkersschlinge um den Hals. Die Skraja lag am Boden. Alles war mit Blut bespritzt.

Ein kurzer Blick zeigte, dass der große und kräftige Thorwaler Lars durchaus kräftig genug war um als Täter in Frage zu kommen. Wir untersuchten das Seil am Balken und sein Gegenstück um den Hals von Lars. Wir stellten fest, dass das Seil offenbar gerissen war, einen Schnitt hatte es nicht gegeben. Das Gewicht des Thorwalers machte ein Reißen des alten Seils glaubhaft.

Lars erinnerte sich daran, dass er sich beim Frühstück noch ganz normal mit Vanja unterhalten hatte. Danach hatte er keine Erinnerungen mehr, bis zum Eintreffen der Zeugen.

Ich befragte ihn, ob er ein Swafkari sei und an der Walwut der Torwaler litt. Dies verneinte er. Sein Verhältnis zu seiner Frau war nur durch seltsame Träume überschattet die ihn seit Monaten heimsuchten. Diese hatten Vanja in abartigen Umtrieben mit Mensch, Ork und Tier gezeigt. Träume von deren Untreue, für die er ansonsten keinerlei Hinweise hatte. Vermutlich habe er also durchgedreht und alles zerstört.

Als wir uns wieder auf den Rückweg zu unserer Unterkunft machten, erfuhren wir von Emmeran einige Dinge, die er von den Menschen vor der Tür erfahren hatte. Es konnte gar keine Rede davon sein, dass Han „Mopsen-Vanja“ gerne hatte ziehen lassen. Schließlich war sie eine seiner besten Stuten im Stall gewesen. Offenbar hatte Lars Han irgendwie in aller Öffentlichkeit dazu gebracht auf sein Freikaufangebot einzugehen, so dass dieser nicht mehr davon zurücktreten könnte.

Die Tat konnten sich die Leute vor Ort überhaupt nicht erklären. Denn beide hätten sich auf das Kind das Vanja trug sehr gefreut und Lars war zwar ein aufbrausender Geselle wie alle Thorwaler, aber gegen seine große Liebe hätte er nie auch nur ein Wort erhoben.

Im Laufe des Tages suchten wir den Tempel der Finsternis noch einmal auf und versuchte dort noch einen Hinweis darauf zu finden ob es dort auch – wie in der Halle des Lichts – einen versteckten Raum unter dem Altar gab. Doch erneut konnten wir hier nichts finden, entweder mussten den Funken des ewigen Lichts doch noch einmal in der Halle des Lichts suchen oder uns fehlte noch ein entscheidender Hinweis. Wir suchten den Dunklen Lan erneut auf und baten ihn doch in den verbleibenden Unterlagen des Tempelarchivs der Halle der Finsternis nach Hinweisen auf einen geheimen Raum oder so etwas zu finden. Bei dieser Gelegenheit erzählten wir ihm auch von der Inschrift die wir im Grab von Durian Praiotin gefunden hatten. Er versprach uns den restlichen Tag und während der Nacht zu suchen. Er drückte hier auch noch einmal seine Dankbarkeit dafür aus, dass wir Lars im morgigen Prozess verteidigen würden.

Während wir überlegten, was wir nun bis morgen unternehmen sollten, kam mir eine Idee: Wenn tatsächlich eine finstere Macht hier am Werke war – eventuell der Dämon „ Bal’Irhiadh“ der in der Kanope im Reliquienschrein in der Halle der Finsternis gefangen gewesen war – die Gefallen für einen Gefallen einforderte – dann könnte die Zeit drängen. Denn schließlich hätte Frell in meiner Vision nach dem Angriff des dämonisch beeinflussten Hundes auf den Bestienmeister noch in der gleichen Nacht versucht die Halle des Lichts - dadurch die halbe Stadt gleich mit – in Flammen aufgehen zu lassen.

Wenn ich mit meinem Gefühl Recht hatte, dann würde derjenige der den Dämon auf Lars gehetzt hatte von seinem „Auftraggeber“ ebenso schnell eine Gegenleistung einfordern. Nach kurzem Überlegen kamen wir überein, dass Huren Han ein sehr gutes Motiv hätte einen Gefallen des Unbekannten anzunehmen. Schließlich glaubten wir ihm die Geschichte, dass er dem „jungen Glück von Lars und Vanja nicht im Wege stehen wollte“ und Vanja freiwillig hatte gehen nicht im Mindesten. Wir vermuteten, dass sein Ziel erneut die Halle des Lichts sein würde, denn schließlich hatte Frell seinen Auftrag ja nicht erfüllt.

Da wir ihn nicht festnehmen konnten – schließlich hatte er ja noch kein nachweisbares Verbrechen begangen wie Hochwürden Praiodatus meinte – kam Tankred auf die Idee, sich doch erneut der Hilfe von Straßenjungen zu bedienen. Trankred beauftragte sie Huren Han und seine Schergen zu beobachten und uns umgehend zu informieren, wenn diese sich in der Nacht auf den Weg machen würden.

Der Mond stand hoch am Himmel, als es an unserer Türe klopfte und ein Junge völlig außer Atem hervorstieß, dass es losging und sich Han mit dreien seiner „Schränke“ und einer weiteren Person, begleitet von gedämpften weiblichen Schreiben, auf den Weg aus seinem Bordell gemacht hatte. Wir packten unsere Waffen und eilten in die Nacht.

Entgegen unseren Erwartungen gingen diese nicht zu den Tempeln von Praios oder Boron sondern durchquerten anscheinend die Stadt und näherten sich schließlich dem Tempel des Tairach im Herrschaftsgebiet der Orks. Als wir dies erkannten, sandte Tankret einen der Straßenjungen zum Dunklen Lan. Er sollte Zeuge für die Vorgänge und Umtriebe werden um später unsere Aussagen unterstützen zu können.

Als wir durch die Tür des Tairach Tempels brachen, sahen wir zwei der Schergen um den Altarstein verteilt, wo sie eine Ork-Frau festhielten. Ein dritter hob bereits ein Opfermesser, während Han im Hintergrund irgendetwas an der Wand des Schreins anstellte.

Die Frau auf dem Altar roch sehr stark nach Parfum und trug einen Fetzen, der wohl das liderliche Pack hier in Gashok aufreizend finden sollte.

Einen Moment war ich unsicher, ob wir hier vielleicht eine normale Ork-Zeremonie störten. Dann wurde mir jedoch sofort klar, dass das Opfer einer Orkfrau durch einen Menschen den Tempel unweigerlich entweihen würde. Eine derartige Schändung würde die Orks in die Raserei treiben. Und dann würden die Geschehnisse aus meinen Traum, die sonst mit dem Brand im Menschentempel begonnen hätten, einfach mit einem neuen Vorwand stattfinden. Rassenunruhen, Aufstände und Krieg in der ganzen Stadt, die sich dann vielleicht über das ganze Svelttal ausweiten würden.

Erst als Yolande das Opfer mit einem Paralü bereits gerettet und dort wo Ulfried Han niedergeschlagen hatte, bemerkte ich noch die Aufschrift an der Tempelwand: „Freiheit für den Svelt“. Im ganzen Raum hing ein strenger Geruch nach Urin und eine kleine gesiegelte Flasche lag auf dem Boden neben dem Altar.

Als die Schergen feststellten, dass Ihr Anführer ziemlich schlecht gegen unseren Rondrageweihten ausgesehen hatte und der Dolch die Orkfrau nicht verletzen konnte, gaben sie ziemlich schnell auf und hoben die Hände. Genau in diesem Moment kam der Dunkle Lan zusammen mit dem Straßenjungen in den Tempelraum und besah sich die Situation. In seiner Hand trug er eine Schriftrolle. Nachdem wir ihm schnell berichtet hatten, was hier passiert war und bei was wir Huren Han überrascht hatten, hielt er die Schriftrolle hoch und sagte „Ich habe es gefunden!“