Aus dem Tagebuch des Magus Consultatoris Rodrik Bannwäldner
Beratender Magus zu Fragen schwarzmagischer Phänomene und
deren Bekämpfung
05. Praios 1030 BF
Honingen
Helmbrecht hielt sich mit Anweisungen weiter zurück da er die
Lage erst genauer analysieren, eine Strategie entwickeln und dann erst
in taktische Aufträge einteilen wollte.
Daher gingen wir erstmal den Spuren der bisherigen Ereignisse nach.
Zuerst befragte Helmbrecht den Zeugen mit der verkrüppelten
Hand. Meinen Vorschlag ihm von hinten einen Sack über zu
stülpen damit er nicht erkennen konnte wer ihn befragte,
lehnte er ab. Er versuchte es mit Bestechung gepaart mit vielsagenden
Blick auf Murthakh. Der Tagelöhner fühlte sich durch
uns allerdings gleich völlig grundlos so bedroht, dass er laut
nach der Stadtgarde rief und wir uns schnell zurückziehen
mussten.
Ok, zugegeben: Vielleicht hätten wir nicht gleich alle sechs
im Halbkreis drohend um ihn herum stehen und finstere, d.h. in Rodrigos
Fall anzügliche, Grimmassen schneiden sollen.
Niam fand dafür bei ihren üblichen Trinkgelagen in
dunklen Gossenkneipen heraus, dass der Tagelöhner faul war,
stahl und nur deswegen nicht längst im Knast war, weil seine
Cousine bei der Stadtwache arbeitete. Waren nicht mehrere unserer
Imman-Spieler auch in der Stadtwache? Ich nahm mir vor diese
später mal zu fragen.
Der Schreinermeister war allgemein unbeliebt und galt als jemand der
billiges Material verwendete wenn man ihn nicht im Auge behielt.
Außerdem hatte er sich beim Stadtrat so lange eingeschleimt,
dass er einen lukrativen Auftrag für die Inneneinrichtung
eines neuen Verwaltungsgebäudes bekommen hatte.
Danach ging ich zum Stadtgefängnis um dort mit der Angeklagten
zu reden. Niam hatte mir einen Geschenkkorb mit Essen und ein paar
Silber als Bestechungsgeld für die Wachen mitgegeben. Damit
durfte ich problemlos mit ihr sprechen. Jana Schiefner hatte ein nettes
Lächeln und einen seltsamen Akzent den wie ich herausfand,
alle aus dem „Seenland“ hatten. Sie
stürzte sich auf das Essen das ich mitgebracht hatte und
vertilgte es mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Mir fiel auf, dass sie
nicht nur Schlank sondern knapp an der Grenze zur
Unterernährung stand. Sie erzählte, dass die Aussicht
auf das kostenlose Essen sie in die Stadt gelockt hatte. Und
natürlich das Gauklerfest. Sie hatte sich mit einigen anderen
Gästen in der Schlange vor dem Würstchenstand
über die verschiedenen Gauklertruppen unterhalten. Die
„Zeugen“ standen dabei hinter ihr. So hatten sie
wohl durch den Akzent erfahren, dass sie aus dem
aufständischen Gebiet stammte und alleine hier war. Ein
ideales Opfer.
Sie war nicht sehr optimistisch was ihre Aussichten anging,
stürzte sich aber auf mein Angebot sie zu verteidigen. Sie
deutete recht klar an, dass sie sehr „dankbar“ sein
würde.
Zu Schade. Da das Schicksal sich offensichtlich in den Kopf gesetzt
hatte mich von den Freuden der Rahja fern zu halten, war sie damit
leider verloren.
Danach holten wir uns noch von dem besoffenen Stadtgardisten den Namen
der Zeugin von der er die Abläufe des Überfalls auf
den Händler auch vor unserer Meldung schon bekommen hatte. Die
Zeugin stellte sich als alte Frau heraus die ihr Leben neugierig am
Fenster verbrachte. Außerdem war sie stocktaub, was das
Verhör recht langwierig machte. Verständlicherweise
hatte die Stadtwache sich auf die wichtigsten Inhalte
beschränkt und war dann abgezogen. Mit deutlich mehr Geduld
bekamen wir heraus, dass die Blauen Füchsen nach dem
Überfall in einem Keller unter einem naheliegenden Lagerhaus
verschwunden waren. Murthakh stellte sich davor auf und trat mit voller
Wucht dagegen. Das Tor ächzte, öffnete sich aber
nicht. Ich konnte durch die schlecht zusammengefügten Bretter
den massiven Riegel auf der Innenseite sehen. Ich murmelte
unauffällig einen Motorikus und ließ den Riegel
mühelos zur Seite gleiten. Bevor ich Murthakh darüber
informieren konnte, trat er jedoch nochmals gegen die nun offene
Tür. Diese flog geradezu auf und knallte gegen die Wand. Wir
gingen die Treppe hinunter, wo ich mal wieder mit einem Flim Flam
für Licht sorgen musste. Ich sollte wirklich endlich meinen
Stab wieder binden um die Stabfackel wieder nutzen zu können.
Rodrigo hatte das Blasrohr aus Zyklopenzeder vor unserer Abreise
fertiggestellt, aber ich hatte bisher noch gezögert das
kraftraubende Ritual durchzuführen.
Im Keller fanden wir zwei umgestürzte Regale hinter denen ein
dunkler Tunnel durch die Wand führte. Vermutlich waren sie
umgeworfen worden, als die Banditen aus dem Tunnel gestürmt
waren. Auf dem Boden lagen zahlreiche Gläser mit Honig, einige
davon zerbrochen.
Als wir gerade in den Tunnel gegen wollten, beschwerte sich jemand laut
zeternd darüber dass wir auf ihm herum trampeln
würden. Es war der Honig! Der Honig redete!
Er bezeichnete sich als einen Honigbold und war sichtlich schlecht
gelaunt und nörgelig.
Wir versprachen ihn aus dem dunklen langweiligen Raum herauszubringen.
Dafür erzählte er uns ausführlich wie die
Banditen hier aus dem Tunnel gekommen waren, welcher durch die Regale
zugestellt gewesen war. Hier hatten sie die Kleidung mit den blauen
Füchsen im Wappen anzogen. Später kamen sie wieder
die Treppe herunter und verschwanden im Tunnel, allerdings weitaus
schneller, wie auf dem Hinweg.
Wir schaufelten den Honigbold in ein Glas um ihn mitzunehmen.
Während er noch erzählte, tippte Murthakh seinen
Finger in den sprechenden Honig und probierte genüsslich. Der
Honigbold protestierte zeternd und ich wich unwillkürlich
etwas zurück und versuchte panisch ihn zu beruhigen. Wenn das
ein Kobold war, dann konnte er uns wer weiß was antun.
Kobolde hatten mehr astrale Kraft als ein voller Magier und
durchdrangen jeden magischen Schutz wie ein heißes Messer
weiche Butter. Ich hatte wirklich keine Lust mein Leben lang mit
grünen Haaren, magischem Pech und Urin in Regenbogenfarben zu
verbringen.
Der Tunnel war über hundert Schritte lang und sehr niedrig.
Ich musste mich bücken, Murthakh dagegen kroch praktisch auf
allen Vieren voran. Am anderen Ende war ein Gebüsch durch das
Licht schimmerte. Von oben hörten wir leise die Schritte einer
Patrouille auf der Stadtmauer. Der Tunnel endete direkt im Stadtgraben.
Das war wohl ein alter Schmugglertunnel.
Wir warteten ab bis die Soldaten weit genug weg waren, schlichen durch
den Graben und folgten den gut sichtbaren Fußspuren der
Banditen. Bald fanden wir einen vergrabenen Haufen mit Uniformen mit
blauen Füchsen darauf gestickt. Danach teilte sich die Gruppe
und bewegte sich auf zwei unterschiedlichen Wegen zum alten Immanfeld.
Dieses war inzwischen die Garnison für zwei Banner des
Gratenfelser Koschwacht-Regiments war.
Helmbrecht beobachtete die Soldaten beim Exerzieren und
verkündete dann, dass es sich um echte Soldaten handeln
musste. Kein Abschaum wie die Räuber die uns
überfallen hatten und von denen seiner Ansicht nach
höchstens zwei einmal professionelle Ausbildung genossen
hatten. Bei der Anführerin war er sich nicht sicher, sie
zeigte jedoch Potential für eine ehemalige Unteroffizierin.
In der Garnison hielten sich höchstens 2 Dutzend Soldaten auf.
Der Rest war entweder auf Patrouille in der Stadt oder suchte im Wald
nach den Blauen Füchsen. Oder bereitete eine Invasion des
nördlichen Teils von Albernia vor.