Aus dem Tagebuch des Magus Consultatoris Rodrik Bannwäldner
Beratender Magus zu Fragen schwarzmagischer Phänomene und deren Bekämpfung

08. Praios 1030 BF

Wir frühstückten ausführlich, denn am Vormittag spielten die Honinger Wölfe gg. die Weidenauer Wilderer ein Freundschaftsspiel, d.h. das nur wenige Spieler eine aufs Maul bekommen würden. Dafür würde mehr Technik geübt werden. Oder was die bei diesem Prügelspiel „Technik“ nannten.

Davor alberte ich beim Frühstück mit den anderen herum. Wir überlegten uns neue Namen für interessante Imman Mannschaften und Paarungen aus. „Untot Abilacht“ gegen „Bannstrahl Praios“ oder „Mirhamer Golems“ gegen „Die Unbesiegbare Imman-Mannschaft von Yaq-Monith“.

Als die kleine Travia Geweihte herein kam um uns zu der Dicken Gans zum Bericht zu bitten, konnten wir unseren Humor nur schwer abschalten. Jemand erwähnte sogar die Bezeichnung „Dicke Gans“, aber zum Glück blickte sie den Zusammenhang nicht.

Der Geweihte war völlig überzeugt, dass hinter allem die bösen abtrünnigen Albernier unter Königin Inver  steckten. Jeder Logik und jedem Beweis zum Trotz. Am Ende bestätigten wir seinen Verdacht und versprachen deren fiese Umtriebe zu beenden. Mein Abschlussbericht wird empfehlen diesen Kerl nicht mehr mit Aufgaben zu betrauen die wichtiger sind als Türsteine zu segnen und Feuerholz beim heiligen Herdfeuer nachzulegen.

Danach ging ich mit Raun zusammen los um Rondrigos und Niams Wettgewinn abzuholen. Da Rondrigo in der Mannschaft war, wollte er lieber nicht selber hingehen. Ich hätte mir die Wettscheine vorher nochmal genau durchlesen sollen. Dann wäre mir aufgefallen das beide die gleiche doofe Wette abgeschlossen hatten. Direkt nacheinander. Und bestimmt hatte einer der Tobrier gesehen das Rondrigo ein Mitspieler war. Das wurde daher leider ein wahres Fiasko. Die Tobrier hatten an ihrer Schiefertafel mit den Hausregeln eine deutlich heller und frischer aussehende Regel: „Spieler dürfen nicht auf die eigene Mannschaft setzen“. Schafkopf zerriss unsere Wettscheine und nur weil ich ihn überzeugen konnte, dass wir die Dinger beim Kartenspielen gewonnen hatten entgingen Raun und ich einer kräftigen Tracht Prügel. Wie immer das hier auch ausgehen würde, die Kasse der Tobrier würde ich mir beim Abzug aus Honingen holen. Und wenn ich ein Rudel diebische Lolgramoth Dämonen mitten durch die Straßen der Stadt jagen musste.  

Mir fiel dann noch etwas spät ein, dass ich mir von Travin noch eine Genehmigung für das Verhör der drei festgenommenen „Rebellen“ holen wollte. Damit ging ich dann ganz offiziell zum Stadtgefängnis. Die Wachen waren stolz darauf Ansgar, den bekannten ehemaligen Hofbarden der Anführerin der Blauen Füchse Franka Salva Galahan erkannt und verhaftet zu haben. Ich lobte den Gardisten und seine Kollegen über den grünen Klee und versprach ihn in meinem Bericht an den Travia Geweihten angemessen lobend zu erwähnen. Das tat ich später auch, denn der Kerl hatte im Leben wohl recht wenig worüber er sich freuen konnte.
Beim Verhör waren Gardisten in Hörweite, daher gestaltete es sich etwas schwierig. Ansgar schrie er würde nichts verraten. Er drohte mir eine Schelle an und schrie dann „und jetzt zieh leine!“. Damit endete das kurze Gespräch auch schon. Ich hatte subtile Hinweise oder Flüstern erwartet, aber da kam gar nichts. Ich wollte Murtakh eben auffordern dann eben ernsthaft mit Foltern anzufangen, als ich dessen Grinsen sah. Und auch Rondrigo blinzelte mir verschwörerisch zu. Es dauerte einen Moment bis der Kreuzer fiel: „Schelle... Ziehleine...“ die Schelmin hatte unsere weiteren Infos.
Ich erfuhr noch, dass die Rebellen am nächsten Tag vor Gericht gestellt, verurteilt und dann gehenkt werden würden. Ein sehr effizientes Rechtssystem.

Neben dem Stadtgefängnis sahen wir noch unseren alten Bekannten den Schreinermeister, der einige Straßen neben dem Gefängnis seine Werkstatt hatte.

Raun und ich suchten etwas unmotiviert nach Schelle, aber da wir nicht nach ihr fragen wollten, war das ziemlich sinnlos. Am Ende beschlossen wir unsere Nachforschungen im Bordell „Sieben tulamidische Nächte“ fortzusetzen.

Die Einrichtung, wie man vom Namen wohl auch erwarten konnte, war größtenteils im tulamidischen Stil. Die Gäste waren durchweg anständig und teuer gekleidet. Ohne Raun in seiner frischen maßgeschneiderten Kleidung wären wir vielleicht gar nicht rein gekommen. Die Mädels waren vielseitig und atemberaubend schön. Tulamidinnen, zwei rassige Zahori, eine Moha, zwei Halbelfinnen, zwei muskulöse riesige Thorwalerinnen und... eine füllige fast fünzigjährige Bornländerin für die Herren, denen es einfach fehlte mal wieder von ihrer Ehefrau mit dem Nudelholz verprügelt zu werden. Raun leiste sich gleich beide Thorwalerinnen und prahlte damit beide befriedigen zu können. Die Anwesenden nahmen das höchst amüsiert zur Kenntnis.

Ich war erst unentschlossen, ließ mich dann aber von einer der Halbelfen in ihr Zimmer führen. Die spitzen Ohren, die feinen Gesichtszüge einer Elfe und die großen festen Brüste eines Menschen. Das Beste zweier Welten in einem Körper vereint. Preiset die Schönheit, wie die Maraskaner sagen. Sie war als Tulamidin verkleidet, sprach aber wie ich feststellen konnte kein Wort Tulamidya. Zuerst gab es einen atemberaubenden Striptease zur Musik eines Trommlers und dann... wurde es eine wirklich angenehme Nacht.

Nach einer Stunde gingen wir dann beide höchst zufrieden noch einen Wein in der Bar unten trinken. Raun kam kurz nach mir mit den Thorwaler Schwestern herunter. Die beiden verkündeten laut, dass er es natürlich nicht geschafft hatte beiden gerecht zu werden. Sie feixten noch ein bisschen gutmütig mit Unterstützung der anderen Gäste herum. Raun nahm es ihnen nicht übel. Er wirkte ebenfalls recht zufrieden.

Am Nachmittag hatte es ein Übungsstil gegen Sturm Seshwick gegeben. Man hatte Murtakh sogar überzeugen können das es nicht gut war jemanden in einem Freundschaftsspiel zu Klump zu schlagen.

Wir gingen dann alle zusammen zu dem abendlichen Spiel des Turniers. Die Havena-Bullen gegen die Khefter Keften eine novadische Gastmannschaft. Zumindest schaffte ich das einem leichtgläubigen Zuschauer weis zu machen als er mich fragte wer heute denn spielen würde. Ich erläuterte ihm sehr hilfreich und ausführlich, dass im Kalifat die religiösen Rechtsgelehrten des Rastullah Glaubens zufällig auch „Imman“ genannt werden und als man dort davon hörte, dass sich hier Immane zu einem freundschaftlichen Wettstreit trafen, entsandten die religiösen Oberhäupter in Kheft eine eigene Mannschaft. Ich erklärte ihm noch, dass er die Mannschaft ganz einfach an den weißen Roben und den langen Bärten erkennen würde und machte mich dann davon.
Ich konnte außer Reichweite kommen bevor er erfuhr, dass es natürlich gegen die Keftberger Keften ging, eine Mannschaft aus dem nordmärkischen Keftberg. Selbst ich wusste allerdings nicht was bei Hesindes Weisheit eine „Kefte“ sein sollte. Meine eigenen Nachforschungen hatten nur ergeben, dass es mit dieser Bezeichnung ein Rezept für kleine würzige Fleischküchchen gab.

Das Spiel war laut den Zuschauern um uns herum äußerst Spannend. Ich konnte in dem hin und her weiterhin kein interessantes System erkennen. Dazu kam noch der heftige Regen der das Spielfeld in eine Schlammlandschaft verwandelte. Einige vielversprechende Schlammringkämpfe wurden allerdings immer schnell vom Schiedsrichter unterbrochen.
Kurz vor Ende führten die Havener ganz knapp, als plötzlich eine der keftberger Spielerinnen den Ball bekam, die Verteidigung umlief und ohne Vorwarnung mit freiem Raum bis zum Havener Tor unterwegs war. Nur der Bremser der Havener stand noch zwischen ihr und dem unerwarteten Sieg für ihre Mannschaft. Sie verlor den Ball, der Bremser rannte auf sie zu. Dann brach der Bremser plötzlich zusammen und krümmte sich vor Schmerzen. Ich überprüfte die Umgebung auf Magie, aber da war nichts. Die Kefte nahm den Ball wieder auf, rannte ein paar Schritte an dem Bremser vorbei und schoss... Ein Treffer und die Keften würden gewinnen! Aber der Ball prallte voll auf den Pfosten. Vermutlich hatte sie die Reaktion des Bremsers irritiert. Die Keften hatten verloren! Der Schiedsrichter pfiff das Spiel ab und die Spieler und einige Zuschauer rannten auf das Feld. Darunter ein Medikus und seine Helfer die sich auf den Bremser stürzten.
Ein heftiger Donnerschlag ließ meine Ohren dröhnen und ein greller Blitz schlug in einer Eiche neben dem Spielfeld ein. Mir fiel auf, dass Rondrigo und Murtakh schon vorher in diese Richtung geschaut hatten, als würden sie etwas suchen. Dann rannten die beiden plötzlich los, über das Spielfeld, durch das Gedränge und auf die Eiche zu. Rondrigo bückte sich und hob etwas auf das er schnell unter dem Regenumhang versteckte und verschwand hinter dem schnell vom Regen gelöschten rauchenden Baum. Murtakh rannte wie ein schnaufender Ochse in Richtung Stadt davon.
Ich ging zum Spielfeld und sah wie der Medikus gerade einen Bolzen in der Schulter des Bremsers untersuchte. Der Kerl war von einem Armbrustbolzen mitten auf dem Feld erwischt worden! Wer verdammt tut denn sowas? Das war jetzt wirklich kein Spaß mehr!

Ich ging weiter zu Rondrigo. Dieser zeigte mir was er gefunden hatte. Eine schwere aber kompakt gebaute und leider zerbrochene Armbrust. Der Täter hatte auf der Eiche einige Vögel aufgescheucht was Rondrigo und Murtakh bemerkt hatten. Der Blitz hatte ihn dann aus seinem Versteck getrieben und Murtakh hatte ihn verfolgt. Ich hätte es logischer gefunden wenn unser magischer Supersprinter die Verfolgung aufgenommen hätte, aber gut. Wenig später kam Murtakh wieder zurück. Am Fuß zog er einen leblosen Mann in ärmlicher Kleidung hinter sich her. Zum Glück fiel das in dem Durcheinander nach dem Spiel keinem auf. Wir zogen ihn und seine Beute schnell in ein Gebüsch außer Sicht. Wir untersuchten den Toten. Er war offensichtlich in der sozialen Hierarchie nur knapp über einem Bettler einzustufen. Er hatte billige abgelaufene Schuhe und die passenden Schwielen, hatte sich also nicht erst kürzlich so verkleidet. Er stank und seine Kleidung war billig, alt und zerlumpt. Dafür hatte er auf fünfzig Schritt ein sich bewegendes Ziel getroffen, was laut Rondrigo einen sehr guten erfahrenen Schützen erforderte.
Als Murtakh erzählte, dass er sich selber erdolcht hatte, begannen wir alle schallend zu lachen. Wir hörten erst auf als wir merkten wie ehrlich sauer Murtakh wurde. Er erzählte, dass er den Kerl eingeholt hatte um ihn dann über den Haufen zu rennen. Es gab einen Ringkampf, dann hatte der Schütze seinen Dolch herausbekommen und sich mit einem lauten: „Es gibt wichtigeres zu schützen!“ selber den Dolch ins Herz gejagt. Na Toll. Fanatiker. Wir durchsuchten ihn auf Dämonenmale und Anzeichen für namenlose Kulte, aber er hatte noch alle Gliedmaßen. Dafür eine krude Tätowierung eines Wolfes auf dem Oberarm. Ein Zeichen das wir aus Gareth schon kannten: Das Bandenzeichen der Tobrier.
Und Anhand der Quoten die wir erst am Morgen gesehen hatten war eigentlich klar, dass die meisten auf einen Sieg der Bullen gesetzt hatten. Zwar mit geringer Gewinnquote, aber diese vielen kleinen Gewinne mussten die Tobrier nun auszahlen. Mir blutete vor Mitleid das Herz. Denn seltsamerweise wurde selbst bei einem so massiven Eingriff ins Spielgeschehen das Spiel nicht für ungültig erklärt.

Raun erinnerte sich das ein Teil der Tobrier während eines Bandenkrieges vor einigen Jahren die Stadt Gareth recht fluchtartig verlassen hatte. Das die Kerle jetzt so derart fanatische Mitglieder hatten, dass sie sich eher entleibten als ihre Bande zu verraten überraschte mich schon.

Wir berieten uns mal wieder. Egal ob wir den Invertreuen oder den Nordmärkern eines der vielen Verbrechen nachwiesen, auf jeden Fall würde es einen Aufstand geben. Verlor die Gräfin ihr Gesicht durch weitere Morde, bestand Gefahr, dass sie das Turnier abbrach und einfach alle Rebellen verhaften ließ. Und dann würde Blut fließen.
Ebenso wenn die Invertreuen erfuhren was die Nordmärker alles angestellt hatten.

Uns fiel nur eines ein um den Frieden zu wahren: Wir mussten alles den Tobriern in die Schuhe schieben. Auch die Aktionen der anderen Parteien. Das waren nur Verbrecher und aus Sicht der Honinger „Blöde Ausländer“. Ein gemeinsamer Feind konnte die verfeindeten Parteien eventuell sogar zusammenführen.
Damit hatten wir das Problem gelöst Beweise zu finden. Völlig unnötig. Wir konnten einfach Beweise fabrizieren und sammeln und dann mit einem Schlag aus der Tasche ziehen. Dann würde sich der gerechte Zorn des Volkes auf die Tobrier richten. Wer nicht verhaftet wurde, würde von einem Lynchmob verfolgt werden, wir klauten die Bandenkasse, Mutter Gans würde zufrieden sein, die Dicke Gans würde wieder Gänse füttern gehen statt den Frieden zu wahren. Ein wahrhaft glückliches Ende für alle.

Nun mussten wir nur noch weitere Beweise bauen. Wir hatten immerhin schon einen Täter der noch ein paar Tage im Keller frisch bleiben würde. Wir hatten eine Tatwaffe.
Memo an mich selbst: Wir mussten den Tobriern noch Pergament und Wochentinte unterschieben.

Ich war noch etwas unschlüssig wie wir sie mit dem Mord an dem Akrobaten in Verbindung bringen sollten, aber eventuell konnte man hier einen Zeugen basteln der eine Lügengeschichte über einen Bandenkrieg zwischen Gauklern und Tobriern verbreitete. Dann würden wir Wettscheine oder ähnliche Beweise bei beiden lügnerischen „Zeugen“ verstecken. Wir konnten die Jacken der falschen blauen Füchse ausgraben die noch am Fluchttunnel lagen und bei den Tobriern verstecken. Und noch ein paar Kirschen. Nicht das das irgendwas beweisen würde, aber zusammen mit dem Rest würde das keinem auffallen.

Den Thorwaler Auftragskiller mussten wir allerdings ausschalten. Da führte kein Weg drum rum. Nach den letzten Aktionen schien er für gleich mehrere Parteien zu arbeiten. Und seine Leiche sollte man dann ebenfalls bei den Tobriern finden. Zusammen mit Beweisen für einen Streit unter Verbrechern. Muhahahaha...