Aus dem Tagebuch des Magus Consultatoris Rodrik Bannwäldner
Beratender Magus zu Fragen schwarzmagischer Phänomene und deren Bekämpfung

11. Praios 1030 BF, nachmittags

Ich wunderte mich ein wenig darüber, dass Rodrigo darauf bestand, ausgerechnet Neowen statt einen von uns mit zum Bardenwettbewerb ins Schloss zu nehmen, denn es waren nur Barden und jeweils ein Begleiter zugelassen. Später jedoch erzählte mir ein Barde der dabei war, dass Rodrigo seine Begleiterin Neowen derart mit seiner Liebesballade angeschmachtet hatte, dass sie sich beinahe die Kleidung vom Leib gerissen hatte. Vermutlich übertrieb der Kerl. Aber somit war klar, warum er ausgerechnet sie und nicht bspw. Niam ausgewählt hatte. Niam hätte ihm vermutlich nach so einer Vorstellung die Haut in Streifen vom Leib geschnitten.
Rodrigo schaffte es zwar nur auf den zweitletzten Platz, direkt nach einem Barden der durch zu hohen Biergenuss nur noch lallen konnte, aber dafür ein weiteres Mal auf den ersten Platz in Neowens Bett.

Er hatte aber immerhin die Gelegenheit genutzt, um uns bei der Gräfin eine Audienz während des Festbankettes am folgenden Abend zu verschaffen. Grinsend zeigte er uns die Einladung auf der alle unsere falschen Namen aufgelistet waren, bevor er mit der ungeduldig wartenden Neowen im Wald verschwand.


12. Praios 1030 BF

Am Nachmittag fand das Viertelfinale der Honinger Wölfe gegen ihre früheren Mannschaftskameraden von Knochenbruch Honingen statt. Während die Knochenbrecher in üblicher Brutalität auftraten, spielten die Wölfe betont fair um sich von deren Spielweise bewusst abzuheben. Kommentaren spielerfahrenerer Fans neben mir zufolge war das aber nicht der Grund für die 2 Punkte Niederlage die unsere Wölfe einstecken mussten.

Rodrigo hatte sich gut geschlagen und somit nicht erneut Neowens Gunst verspielt. Doch Murthakh war nur ein Schatten seiner selbst gewesen. Ob es an der Verwundung vom Vortag lag, oder daran, dass er tatsächlich einmal zugehört hatte, als man ihm wiederholt predigte, er solle doch mehr den Ball spielen, statt die anderen Spieler verprügeln, man sei schließlich nicht „Knochenbruch Honingen“, war schwer zu sagen.

Trotzdem: Niederlage war Niederlage, die Wölfe waren überraschend nach ihren bisherigen Leistungen aus dem Turnier ausgeschieden und die Stimmung im Lager war völlig am Boden. Dass ihr Maskottchen trotz ungeplanter Einhaltung der Forderung mit 2 Punkten Unterschied das nächste Spiel zu verlieren nicht wieder auftauchte, verschlimmerte die Situation noch weiter.

Da mir dieser völlig übertriebene Kult um ein nutzloses, völlig überbewertetes Ballgeschubse auf die Nerven ging, nutzte ich den ansonsten ruhigen Tag für eine ausgiebige astrale Meditation, die meinen Körper bis ans Limit schwächte. Blut strömte aus meinen Augen und Ohren und ich verbrachte die meiste Zeit geschwächt im Bett und kippte anschließend zwei Tassen des heilsamen Tees aus roten Pfeilblüten in mich hinein, den Raun in den Räumen des toten Medikus entdeckt hatte. Die Mühe lohnte sich. Nach einem letzten erholsamen Schlaf wachte ich mit wieder völlig regenerierten astralen und physischen Kräften auf.

Meine Gefährten bereiteten derweil Beweise vor, die wir den Tobriern unterjubeln wollten. Raun braute ein Fläschchen Mandrakengift, Niam holte das Wolfsfell von Bannuk aus dem Wald, Rodrigo besorgte die gefälschten Uniformen der Blauen Füchse, die im Wald vergraben waren. Dabei stellte er fest, dass bisher offenbar immer noch niemand den Fluchttunnel entdeckt hatte. Er war zumindest nicht bewacht oder versperrt.

Bei der Feier im Schloss der Gräfin waren nur die Barden eingeladen die ihre Narrenfreiheit nicht genutzt hatten um sich über sie lustig zu machen. Dazu die vier Mannschaften, die ins Halbfinale gekommen waren, viele weitere wichtige Personen des öffentlichen Lebens. Und wir.

Nach einer Stunde auf der Feier wurde uns signalisiert, dass wir uns in das Audienzzimmer begeben sollten.

Nachdem uns jemand in ein Nebenzimmer geführt und Getränke serviert hatte, traf nach kurzer Zeit die Gräfin ein. Sie wurde von Marschall von Streitzig begleitet, welcher zuerst kurz das Zimmer überprüfte. Dann kam die Gräfin herein und mit ihr ein weiterer Begleiter in den Prunkroben eines Magiers. Vermutlich der Hofmagus. Zwei Wachen in Plattenrüstung nahmen vor der Tür Stellung.
Wir nahmen am großen Tisch Platz und die Gräfin setzte sich am Kopfende. Hinter ihr begann der Magier wenig subtil mit einem Odem. Ich setzte ein betont harmloses Lächeln auf und sah ihm interessiert zu. Er stutzte als er unsere magischen Fähigkeiten feststellte und wirkte leise einen Oculus. Als er feststellte, dass sich nicht weniger als zwei Vollmagier und zwei Viertelmagier am Tisch in direkter Nähe seiner Schutzbefohlenen befanden, wurde er ein wenig blass.

Die Gräfin fragte uns offen was wir nun genau vorzuschlagen hatten.

Nachdem meine Kameraden wie immer keinen Ton heraus brachten, ergriff ich das Wort.

Ich begrüßte die Gräfin höflichst und umriss kurz unsere Aufgabe im Dienste des Geweihten Bruder Travin. Ich lobte sie zu dieser Geste des Friedens, die sie mit dem Turnier gezeigt hatte. Ich zählte kurz noch einmal die wichtigsten Ereignisse auf, die den Turnierfrieden gestört hatten. Ich erklärte, dass wir zu unserer Verwirrung Spuren gefunden hatten, die auf verschiedene Tätergruppen hinwiesen. Auf die Blauen Füchse, Verschwörer aus Havena und sogar die Gräfin selbst.
An dieser Stelle hustete Raun plötzlich, Murthakhs Tritt verfehlte mein Bein nur, weil ich die Beine unter dem Tisch vorher angehoben hatte und die anderen hielten den Atem an. Das war so nicht abgesprochen gewesen. Der Blick der Gräfin verfinsterte sich.

Ich fuhr fort als hätte ich nichts davon gemerkt. Ich beschrieb kurz die von uns zu befürchteten Auswirkungen, sollte die Öffentlichkeit auch nur von den Taten einer der Parteien erfahren. Aufstände und Bürgerkrieg. Dann schwenkte ich sofort zu unserer Lösung über, bevor meine Gefährten einen Herzschlag erlitten oder die Gräfin anfing Hinrichtungen anzuordnen: „Dann jedoch erkannten wir, dass in Wahrheit natürlich die Verbrecherbande der Tobrier für ALLE diese Taten verantwortlich sein musste. Diese Schurken stören den Turnierfrieden und die öffentliche Ordnung. Morden, betrügen und erpressen nur um dadurch Gold anzuhäufen. Sie als die einzig wahren Schuldigen zu enttarnen wird den Frieden in der Stadt wiederherstellen, das Volk beruhigen und auch Euch, werte Gräfin, wieder in das wohlverdiente Licht rücken. Somit wird die ganze negative Propaganda ausgeräumt und alle verleumderischen Gerüchte werden Lügen gestraft.“ Ich hielt kurz inne um mit einer kleinen Pause meinen Worten noch mehr Wirkung zu verleihen und sprach dann schnell weiter:
„Um dies zu beweisen müssen wir allerdings eine Hausdurchsuchung des Hauptquartieres der Tobrier vornehmen. Neben Beweisen für ausnahmslos alle diese Schandtaten, sind wir sicher, auch eine Verbindung zu den Blauen Füchsen herstellen zu können.“

Im Folgenden war die Gräfin erstaunt, dass wir deren Hauptquartier so schnell gefunden hatten, während ich mich etwas unbeliebt machte, als ich im Gegenzug mein Erstaunen darüber äußerte, dass die hiesige Herrscherin und die Stadtgarde das in den ganzen Jahren nicht geschafft hatten. Ihr Marschall berichtigte, dass man dies schon vermutet hätte, aber nie beweisen konnte.

Die Gräfin sah mich lange prüfend an und meinte dann: „Kann er garantieren, dass er die notwendigen Beweise bei dieser Durchsuchung finden wird?“

Wir sahen uns an und es war ganz klar was sie meinte und nicht offen aussprach: Nämlich, dass sie von uns erwartete, Beweise zu fälschen wenn keine da sein sollten. Da wir das sowieso vorhatten, kein Problem.

„Natürlich Euer Hochwohlgeboren. Wenn WIR an der Durchsuchung beteiligt sind, werden alle Beweise gefunden werden. Ich habe nur eine Bedingung.“

Meine Gefährten hielten erschrocken den Atem an, denn auch dies war nicht abgesprochen gewesen. Es war so still im Zimmer, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die Gräfin indes verzog nicht einmal eine Mine und machte auch keine Anstalten zu  fragen, welche Bedingung das denn wäre.

Nachdem sie uns auf diese Weise deutlich zu verstehen gegeben hatte, wer aus ihrer Sicht in der Stadt das Sagen hatte, sprach ich meine Bedingung so selbstverständlich wie möglich aus: „Einer meiner Begleiter hat die Leichen einer Räuberbande, Verbündete der Tobrier und die Mörder der Vairninger Schwalben, zur Stadtwache gebracht und wurde dafür ins Gefängnis gesteckt. Er soll freigelassen werden.“

Die Gräfin ließ sich einen Augenblick Zeit und antwortete dann gönnerhaft: „Nun wenn er unschuldig ist und sich dazu entsprechende Beweise finden, hat er nichts zu befürchten, sobald die Tobrier verurteilt wurden.“

Wir besprachen anschließend weitere Details. Die Gräfin wollte uns ein Dokument ausstellen, dass Hauptmann Gulford aufforderte uns mit der Stadtgarde zu unterstützen. Ich druckste ein wenig herum, bat dann aber darum lieber mit Soldaten des Heeres arbeiten zu dürfen. Marschall von Streitzig bestätigte frei und offen meine Meinung über den nutzlosen Trunkenbold der die Stadtwache anführte. Und er gab offen zu, dass er meine Meinung teilte, dass die Stadtwache mit Sicherheit von Spitzeln unterwandert war. Dies gefiel der Gräfin sichtlich gar nicht, aber sie akzeptierte es. Daraufhin wurde vereinbart, dass wir den „Lustigen Henker“ mit einem ganzen Banner des Gratenfelser Koschwacht-Regiments stürmen würden.

Wir verbrachten den Rest des Abends in dem Audienzzimmer mit den Planungen zum Angriff auf die Verbrecherbande. Der Sturm wurde für den nächsten Sonnenaufgang angesetzt. Nachts sollte Niam sich noch hinein schleichen und einige Beweise verstecken. Vor allem bei der Platzierung des Wolffelles wollten wir keinesfalls erwischt werden.

Den Rest der Beweise würden wir zur Durchsuchung mitbringen und dramatisch „finden“.

Die geplanten Änderungen im Hauptbuch des Buchhalters würden wir in aller Ruhe bei dessen „Untersuchung“ in der Wache vornehmen. Hier wollten wir Zahlungen an Frenjar hinzufügen, schön mit in offensichtlichen „Kodes“ verschlüsselten Aufträgen. Ich selbst hatte einen Entwurf eines der Drohbriefe an die Havener Bullen mit verdünnter Tinte angefertigt, den wir in einem Papierkorb platzieren wollten.

Bestens vorbereitet und überaus gut gelaunt machten wir uns spätabends wieder auf den Heimweg zurück ins Spielerlager. Kurz dachte ich an die Honinger Wölfe. Hoffentlich hatten sie ihr Trübsal inzwischen mit genügend Alkohol ertränkt, damit sie uns unsere Hochstimmung nicht allein wegen dem verlorenen Spiel und einem toten alten Wolf verdarben. Da...