Aus den Tagebüchern des Magiers Rodrik Bannwäldner
Verdeckter Ermittler im Auftrag des Zweiten Hofmagiers.
20. Efferd 1030 BF
Niam hatte die letzte Woche bereits begonnen nach einer neuen
Geheim-Unterkunft für uns zu suchen, bisher allerdings
vergeblich.
Ich war gerade aufgestanden um ein wenig Ruhe und Frieden zu
genießen bevor die anderen aufstanden, als es an der
Tür klopfte. Draußen stand unser Auftraggeber.
Soviel zu Urlaub.
Ich weckte die anderen, dann erklärte uns Mutter Gans was er
von uns wollte. Wir sollten ein Bild für ihn beschaffen. Und
zwar so, dass es nicht zu ihm selbst zurückverfolgt werden
konnte. Wie wir erst später erfuhren, hatte er einen Tipp
bekommen, dass dieses Bild, das von einem Adligen bei der Flucht aus
Tobrien mitgebracht wurde, magisch war. Und dazu noch mit einem
mächtigen Verhüllungszauber geschützt. Da er
davon erfahren hatte, ging er davon, aus dass in wenigen Tagen auch
andere Parteien darauf aufmerksam werden würden. Keiner wusste
was für eine Magie dahinter steckte, aber er wollte hier kein
Risiko eingehen. In Bildern war von harmlosen Illusionen über
gebundene Dämonen bis hin zu Zugängen zu
Minderglobulen schon alles Mögliche gefunden worden.
Er gab uns daher eine Frist bis zum nächsten Sonnenaufgang.
Das Bild hieß „Idyllisches Tobrien“ und
zeigte eine Landschaft in Tobrien vor der Invasion. Der Maler war
unbekannt, das Bild enthielt nur die Initialen
„E.L.“. Es befand sich im Besitz der Galerie
Bockenmüller im Stadtteil Alt-Gareth.
Das größte Problem war die Größe
des Bildes: 2 mal 4 Schritt. Dazu ein schwerer Eichenrahmen der Teil
der Magie war und daher nicht entfernt werden konnte. Das Gewicht
schätzten wir nach einiger Diskussion auf etwa 60 Stein.
Nichts was sich einfach unter dem Arm davontragen lässt.
Ich und Niam zogen unsere nobelsten Bürgerklamotten an und
gingen zur Galerie um uns die Lage vor Ort anzusehen. Alraun und
Rodrigo zogen los um einen Karren zu besorgen in dem wir das Bild
transportieren konnten. Murthakh begann angestrengt an einem
Ablenkungsplan zu arbeiten.
Die Galerie hatte drei Stockwerke, einen Lichthof unter einer Kuppel
und einen sehr luftigen hellen Aufbau. Im Erdgeschoss wohnte die
Besitzerin Frau Tsalinde Bockenmüller; dazu gab es hier einen
kleinen Imbiss mit frischen Backwaren und heißen
Getränken. Im zweiten Stock gab es ein kleines
Streichorchester einer Kindergruppe das heute für eine
besonders friedliche Atmosphäre sorgte und eine Zeichenschule.
Die Besitzerin bestach regelmäßig die
örtliche Stadtwache, so dass dort immer vier Gardisten auf
Wache standen. Und über mehrere verteilte Seilzüge
konnte man eine Alarmglocke auf dem Dach läuten, die die nahe
liegende Wachstube alarmierte. In bestenfalls drei Minuten konnten
weitere Wachen ankommen.
Niam spielte die begeisterte potentielle Käuferin und wir
feilschten um den Preis für das Bild, da es
tatsächlich zum Verkauf stand. Wir konnten sie allerdings
nicht unter 150 Dukaten herunter handeln. Ehrlich gesagt alleine
für die Größe des Bildes und der Dauer die
es gebraucht haben musste um es zu malen ein völlig
angemessener Preis.
Anschließend trafen wir uns mit den anderen in unserer
Unterkunft und begannen Ideen zu sammeln:
Rodrigo schlug vor, das Gebäude mit einem
Belagerungsgeschütz zu beschießen und das Bild in
dem unvermeidlich folgenden Chaos zu stehlen. Danach wollte er
losziehen um ein paar der Mitarbeiterinnen zu verführen.
Murthakh hatte tatsächlich einen Ablenkungsplan zu Stande
gebracht: Er schlug vor eine Schlägerei vor der Wachstube
anzufangen und so viele Stadtgardisten zu verprügeln, dass man
die Wächter aus der Galerie zur Verstärkung rufen
musste.
Mein Vorschlag war die Wachen mit Somnigravis und
Betäubungspfeilen aus meinem Blasrohr zu betäuben und
das Bild dann einfach heraus zu tragen.
Im Gespräch mit der Galeristin hatte sie meiner Ansicht nach
verdächtig stark auf das von mir klug platzierte Stichwort
„Schulden“ reagiert. Vermutlich hatte sie welche.
Und sie wirkte einen Moment sehr besorgt.
Niam forschte daher noch etwas nach und fand heraus, dass sie
„Kupfer-Karl“, einem bekannten Geldverleiher mit
sehr gutem zuverlässigen Ruf in Alt-Gareth, Geld schuldete.
Die letzte Rate von 100 Dukaten war seit drei Tagen
überfällig. Kupfer-Karl war bekannt dafür
seine Vereinbarungen immer vertragsgemäß
einzuhalten. Und dafür, dass seine Schläger die
Gläubiger nicht umbrachten, sondern ihnen nur völlig
angemessen die Beine oder Hände brachen. Für eine
immer noch aktive Malerin wie die Galeristin allerdings immer noch eine
bedrohliche Aussicht.
Niam schlug dann überraschenderweise vor das Bild einfach zu
kaufen. Und dann das Geld vom Kupfer-Karl zu stehlen. Die Idee nicht
eine harmlose Galeristin sondern einen Geldverleiher mit besten
Verbindungen zur Unterwelt und zu seinen adligen Klienten zu bestehlen
gefiel mir nicht besonders gut. Ich schlug nach kurzer
Überlegung eine Ergänzung zu ihrem Plan vor:
Statt selbst unter höchstem Risiko beim Geldverleiher
einzubrechen um ihn zu bestehlen, könnte ich
Uttara’Vha, die diebische Elster, einen niederen
Dämon aus dem Gefolge Tasfarelels beschwören. Dieser
könnte das Gold für uns stehlen.
Nachdem ich meinen Vorschlag gemacht hatte, wollte Niam schon ihre
üblichen Einwände gegen Dämonen vorbringen,
überlegte es sich dann aber doch noch anders. Hier siegte mal
wieder Goldgier über die durchaus berechtigte Angst vor
Dämonenbeschwörungen.
Nachdem alle zugestimmt hatten, begab‘ ich mich in unser
Kellerlabor. Natürlich war es ein Risiko den Dämon
direkt in unserer Unterkunft zu rufen, aber einen sicheren anderen
Beschwörungsort zu finden, dafür reichte die Zeit
nicht. Diese investierte ich lieber darin, die Beschwörung
möglichst gut vorzubereiten.
So machte ich mich daran Uttara’Vha zu rufen. Als
Paraphernalia opferte ich meine letzten 5 Golddukaten. Ich verlieh dem
Dämon im Lauf der Beschwörung die
zusätzliche Gabe „durch den Limbus reisen“
und die Fähigkeit sich zu tarnen.
Der Dämon erschien in der Form einer großen Elster
mit rotglühenden Augen und mit Diamantsplittern besetzten
Beinen. Statt eines Federkleides, bestand sein Körper jedoch
aus rauchigen Schattenfäden, die wohl seine Fähigkeit
der Tarnung symbolisierten.
Da ich genug Zeit gehabt hatte und alles in Ruhe vorbereitet hatte,
zwang ich ihn die ABBs zu akzeptieren. Die Allgemeinen
Beschwörungsbedingungen, die in ihrer Formulierung seit
Generationen von Dämonenbeschwörern angepasst und
verbessert wurden. Ich befahl ihm anschließend sich als
Goldmünze zu tarnen und zwei Tage in dem Beutel Gold
untätig und ohne irgendetwas zu tun, oder etwas oder jemanden
zu beeinflussen zu verbleiben. Dann sollte er um Mitternacht so viel
Gold schnappen wie er ungehindert tragen konnte und es auf direktem Weg
in und durch den Limbus zu dem alten Haus der Agrimoth-Paktierer
tragen. So konnte selbst der beste Analyse-Magier die Spur nicht zu dem
Beschwörungsort zurückverfolgen und so unsere
Unterkunft zu finden und auch meine zu Signatur analysieren.
Die dämonische Münze stellte bei genauerer
Betrachtung nicht Kaiser Hal oder die Kaiserin Rohaja dar, sondern
zeigte das Bild eines unsympathischen dicken Glatzkopfes. Vermutlich
eine der Erscheinungsformen Tasfarelels. Mist. Ich hätte statt
„Tarne Dich als Goldmünze“ besser etwas
wie „Tarne Dich genauso wie eine dieser Goldmünzen
hier“ befehlen sollen. So hatte ich ihm eine Öffnung
gelassen. Bei Befehlen an Dämonen konnte man eben nie
sorgfältig genug sein.
Wir gingen zur Galerie, Niam konfrontierte Frau Bockenmüller
mit ihren Schulden und handelte sie auf 120 Dukaten herunter. Wir
nahmen das Bild völlig legal mit und übergaben es
noch am selben Abend überpünktlich an Mutter Gans.
Als Mutter Gans uns nach dem Kaufpreis fragte, antwortete Rodrigo wie
mit der Armbrust geschossen: 150 Dukaten, statt dem richtigen Kaufpreis
den wir bezahlt hatten. Er war wohl doch schlauer als er aussah. Mutter
Gans erstattete uns dann immerhin 100 Dukaten.
Dazu brachte der Dämon uns einen Beutel mit 130 Dukaten
zurück. Nicht gerade ein Vermögen, aber da er nicht
den Beutel brachte in dem wir ihn abgegeben hatten, dürfte es
irgendwann beim Kupfer-Karl einen bösen Streit geben, sobald
bei der Zählung heraus kam, dass unser Beutel einen Dukaten zu
wenig enthielt und dazu noch ein Beutel mit 130 Dukaten komplett
fehlte.
Alles in allem kein schlechtes Geschäft für uns: 110
Dukaten Reingewinn für ein paar Stunden Arbeit. Schade nur,
dass ich das schöne Gold mit den anderen teilen musste.
Wäre nicht jede Dämonenbeschwörung mit so
viel Risiko verbunden, könnte ich mir so ein nettes
Monatsgehalt zulegen...