01. Peraine 1031 BF
Die Götter zeigten mir mal wieder spöttisch ihre
Missgunst durch unfaire Schicksalsschläge. Genervt sah ich
durch die Augen des Golemkäfers auf die bewegungslos
daliegenden Untoten und sah zu, wie die Magie sich langsam aber sicher
verflüchtigte. Mein Plan, sie mit Hilfe von Nephazzim
zumindest zeitweise unter Kontrolle zu bekommen und so eine fertige
Armee von erstklassigen Untoten zu haben, war damit gegessen.
Ich vertrieb mir die Zeit damit den Bürgern zuzusehen, wie sie
unseren frisch gebackenen Baron belagerten und mit tausenden von
Nichtigkeiten nervten. Zu vieles brannte ihnen nun schon seit Jahren
auf der Seele und nun sahen sie die Gelegenheit ihre Probleme
gelöst zu bekommen.
Während ich noch überlegte ob es sich lohnte die
Energie für einen Transversalis auszugeben um in das immer
noch abgeschlossene Alchemielabor zu kommen, trat die
Händlerin Hungertuch an mich und Niam heran. Sie
erzählte uns, dass auf dem Weg nach Ochsenwasser schon seit
Jahren immer wieder Menschen verschwanden. Einzelne Wanderer, manchmal
auch Paare oder in einem Fall auch drei Wandersleute. Am meisten kurz
vor Ende des Winters und kurz danach. Und niemand habe sich je darum
geschert.
Das klang nach einer guten Gelegenheit zu zeigen, dass die neuen
Herrscher tatsächlich anders waren und keine Mühen
scheuten, sich um das Wohl der Bürger zu kümmern.
Ich, Raun, Niam und Murthakh zogen also los um uns in dem Waldgebiet
umzusehen
Bevor wir aufbrachen, brachte Niam mich noch in das Labor. Leider gab
es natürlich keine Zaubertränke. Nur relativ nutzlose
Elixiere. Dafür wenigstens erstklassige
Beschwörungskerzen und Zauberkreide. Jeweils genug
für mindestens sechs Beschwörungen.
Raun versuchte unterwegs Kräuter zu finden. Allerdings
erkannte er nichts Komplexeres als Schnittlauch.
Stadtdruiden…
Wir trennten unsere Gruppe und Murthakh und Raun gingen als
Köder vor. Der Plan hatte einige Haken. Wenn eine unserer
Gruppen angegriffen wurde, dann würde es einige Zeit dauern
bis der Rest zur Hilfe kommen konnte.
Ich gab Raun meinen Golemkäfer und er befestigte ihn an der
Schulter. So konnte ich immer wieder seine Umgebung kontrollieren.
Nach ein paar Tagen bemerkten wir, dass wir beobachtet wurden. Selbst
Murthakh schaffte es nicht den Spuren zu folgen. Zumindest nicht
gleich. Er berichtete uns, dass es sich nicht um ein Tier handeln
konnte. Dafür versteckte es seine Spuren zu gut. Bog Zweige
zur Seite, vermied bestimmte Stellen. Allerdings hält das
niemand längere Zeit durch. Als wir die Umgebung
weiträumig absuchten, fanden wir eine Spur.
Wir folgten ihr bis keine Spuren mehr zu sehen waren. Ich wollte
umdrehen, aber Murthakh wurde ganz aufgeregt. Er hielt das für
einen Hinweis, dass wir uns dem Nest des Verfolgten näherten.
Wir hatten es auch kaum gefunden, als uns eine Mischung aus kleinem
Bär und Obdachlosem anfiel. Er warf mit Tannenzapfen nach uns.
Niam erwischte er an der Schläfe, so dass sie
ohnmächtig zu Boden fiel.
Murthakh verfolgte ihn und Raun gab mir Deckung während ich
einen Balsam auf Niam anwendete. Murthakh pirschte sich an den Punkt
an, von dem man uns am besten angreifen konnte. Und er wurde nicht
enttäuscht. Er fiel über den überraschten
Angreifer her.
Meine Golemschlange legte den Angreifer mit zwei Bissen lahm. Immerhin
schaffte sie es ein Ziel zu treffen das von einem Trollzacker
festgehalten wurde.
Wir sahen uns unseren Gegner in Ruhe an. Es war ein Mensch. Gerade so
eben. Hasenscharte, leichter Buckel, schlampiger Bart. Er trug schlecht
gegerbte Häute und roch als ob er sich noch nie gewaschen
hatte. Er wirkte sehnig und drahtig. Und etwas unterernährt.
Vermutlich hatte man ihn bereits als Kind im Wald ausgesetzt.
Als er wieder zu sich kam versuchte ich ihn zu verhören. Er
konnte kaum sprechen. Mein Blick auf sein Wesen gab mir magischen
Einblick in seinen Charakter.
Mein Verhör bestätigte den magischen Eindruck. Als
ich ihn fragte, ob er die Menschen gefressen hatte, war er
völlig empört.
Er war nicht unser Monster. Ich überlegte, wie er uns am
besten nutzen konnte. Kalt oder Warm. Er gäbe einen guten
Untoten ab, aber wenn er noch ein paar Monate mit guter Nahrung
verbrachte, würde er deutlich fitter und stärker
werden. In seiner besten Phase würde selbst Murthakh Probleme
haben ihn nieder zu ringen. Meine Gutmütigkeit gewann am Ende
aber mal wieder. Ich schenkte ihm ein Säckchen Salz und einen
unserer Ersatzdolche und ließ ihn laufen.
Bei unserer nächsten Rast warf er uns ein paar tote Kaninchen
ins Lager. Ich überredete ihn dann uns dorthin zu
führen, wo sich seiner Ansicht nach mehrere böse
Wesen aufhielten. Groß, böse und brutal. Und sie
hatten Waffen.
Am Ende kostete uns das noch ein Beil aus dem
Ausrüstungspaket, aber dafür würde er uns
wochenlange Sucherei sparen. Und irgendwie fand ich ihn gegen Ende auch
niedlich. Zumindest wenn er windabwärts stand.