Aus dem Tagebuch des Magiers Rodrik Bannwäldner
Über die Hintertür drangen Niam und ich nachts in das
Haus ein, nachdem sein Gehilfe es verlassen hatte. Systematisch
durchsuchten wir die Räume:
Der erste Raum hatte eine Türe mit alchemistischen Symbolen.
Das sah gleich sehr vielversprechend aus. Allerdings konnte ich keine
Magie erkennen. Und kein System in der Bedeutung. Erst beim dritten
lesen fiel mir auf, dass es einfach eine Liste aller üblichen
alchemistischen Symbole war. Das Periodensystem der Alchemie.
Vermutlich ein Spickzettel zum Lernen.
In dem Raum fand sich nichts Interessantes. Im Regal lauter
Anfängerbücher über Alchemie. Hinter einem
Buch war eine Phiole versteckt. Alchemistisch verschlossen, rosa
Flüssigkeit. Vermutlich war es das Zimmer des Gesellen. Also
handelte es sich vermutlich um einen Liebestrank. Ich öffnete
die Phiole und roch vorsichtig daran. Erdbeergeruch. Also ja, definitiv
Liebestrank. In der Stärke die ein Geselle hinbekam sicher
harmlos und nur als leichtes Potenzmittel nutzbar. Ich stellte ihn
wieder zurück.
Als nächstes durchsuchten wir das Schlafzimmer des Magiers.
Unter dem Bett war ein dreikantiger Giftdolch in einer Scheide
versteckt. Beschmiert mit Alchemistischem Schlafgift.
Bilder zeigten eine junge rothaarige Frau (der Alchemist ist Ende 40,
sie auf dem Bild Ende 20). Keine Ähnlichkeit erkennbar.
Die Bilder prägte ich mir mit einem Memorans ein. Danach
prägte ich mir auch seinen Raum komplett ein, aber sonst
schien nichts Interessantes drin zu sein.
Die Truhe hatte dem Aussehen und Schmiedezeichen nach ein echtes
erzzwergisches Schloss. Ein echtes Meisterstück.
Wären wir auf Diebeszug gewesen statt alles möglichst
unverändert da zu lassen, hätte ich die Truhe
gestohlen und den Inhalt da gelassen.
Ich unterstützte Niam mit einem Attributo auf ihre
Fingerfertigkeit. Wie ich durch die Augen des Golemringes sehen konnte,
lenkte sie ebenfalls Magie in ihre Hände und nutzte eine
angeborene Fähigkeit.
Nach einiger Arbeit klappte das Schloss auf. Sie öffnete die
gut geölte Truhe.
Drin war ein Beutel, der mit Zauberzeichen der Konservierung und Schutz
gegen Ungeziefer versehen war, eine verzierte Kiste, ein Bild auf etwas
Samt. Das Kind darauf könnte mit der anderen Frau verwandt
sein.
Die Kleine hatte etwas von der Nase des Apothekarius, aber das war dann
doch vage Spekulation.
In dem Beutel waren ein Blumenkranz und ein schlichtes weißes
Frauengewand. Hochzeitskleid und Brautkranz, vermutlich Andenken und
keine Paraphernalia für Lolgramoth.
In dem Kistchen sind leere Papiere. Unter Wärme tauchten Namen
auf. Ich lernte alles auswendig. Fünf oder sechs Namen. Je
Namen noch ein eigenes Blatt mit Notizen über Hobbies,
Lagepläne des Hauses, Gewohnheiten.
Ein Blatt hatte andere Schrift (deutlich schärfer gezogen):
Praiobur Lichtbringer. Isst gerne Bratwurst und gebackenen Fisch.
Gebäudezeichnung (Praiostempel). In einem Raum mit einem
Sonnenstrahl war einer der Räume gekennzeichnet.
In dem Samttuch fand ich eine Haarlocke versteckt. Wir nahmen drei
Haare davon mit.
Das nächste war ein geschlossenes Zimmer. Lauter Krempel. Und
ein Kinderbett. Darin eingeritzt ein Name: Ewwynn
An der Wand ein Bild des Hafens von Festum. Mit der Statue des Festo
von Aldyra, als Händler nicht als Ritter des Theaterordens.
Finden die Rondrianer vermutlich nicht witzig. Wir gingen dann runter
ins Erdgeschoss.
Im Vorratsraum: Übliche legale Alchemika. Rahjatische Mittel
unter der Ladentheke. Zwei Flaschen Rattentot. Alles völlig
normal.
Keine Klugheitstränke, magische Elixiere oder Zaubertrunk.
Dummes Magieverbot.
An der Wand hingen Diplome: „Ausbildung beim Roten Salamander
in Festum mit Ausbildung“.
Anerkennung der Anatomischen profanen Akademie in Vinsalt (mit
Doktortitel).
Anerkennende Belobigungen für die Teilnahme an besonderen
Kursen in Mirham und Al’Anfa.
Mittendrin ein kleines Gemälde einer Stadt mit vielen
Zwiebeltürmen. Im Vordergrund ein kitschiges Pferd vor einem
Vollmond. Der Name der Künstlerin sagte mir nichts: Lamenta al
Shadif.
Das Labor war bestens ausgestattet und sauber aufgeräumt.
Zauberzeichen auf steinerner Steinscheibe im Boden. Schutz und
Bannkreise gegen Flammenwichte usw. Hier wurde ich schon etwas neidisch.
Das letzte Experiment hatte der Gehilfe noch nicht ganz
aufgeräumt.
Kairan, Schuppen einer Grünnatter, winzige Kristallsplitter
(nicht süß oder salzig). Zusammen mit starkem
Schnaps. Vermutlich wurde starker Zaubertrank bereitet.
Aber Zaubertrank hatte einen sehr frischen Geruch. Dafür
hätte man das Haus nicht mit Neutralisationsmittel wischen
müssen. Ich dachte eine Weile nach.
Es gab aber auch eine Rezeptur, bei dem das Blut eines Zauberkundigen
verwendet wird. Das roch nach Fäulnis und Blut. Das
hätte man dann neutralisieren müssen. Diese Mischung
lässt zusätzliche Zauberkraft speichern. Vermutlich
hatte er das hergestellt.
Das Rezeptbuch würde in seinen Reisetaschen sein. Ich
versuchte erst gar nicht das zu finden. So dumm seinen wertvollsten
Besitz da zu lassen war er sicher nicht.
Eingerahmt im Labor hing ein Rezept für Immantrank. Zutaten:
Schal in den Farben der Wölfe, Fell vom Maskottchen.
Eingeschickt als Vorschlag von einem Immanspieler.
Im Vorratskeller war nichts Ungewöhnliches.
Am nächsten Tag zeichnete ich das Bild der Frau und des Kindes
mit Bleistift. Auch wenn ich normalerweise hauptsächlich
Zauberzeichen und Bannkreise zeichne, gelang es mir sehr gut.
Seltsam… Warum ist der hier in der Provinz? Vom
können her war er viel zu gut für diese Stadt.
Während ich die Bilder zufrieden zur Seite legte, erhob sich
Gebrüll auf der Straße: Ein Monster!