Tagebuch des Magiers Rodrik Bannwäldner
3. Tag der Herrschaft des Barons von Eigenen Gnaden, Helmbrecht von
Rosshagen
Stadt Zweimühlen, Wildermark
Unser neuer Magier hatte es geschafft mit dem Animatio einige der
Abläufe in der örtlichen Schmiede zu automatisieren.
Ich war beeindruckt und der Schmied war mehr als begeistert. Ein
Blasebalg, der von selber arbeitete, sparte ihm einen der
unangenehmsten Teile seiner Arbeit komplett ein. Sein Geselle, der das
Ding meistens hatte stundenlang pumpen müssen, begann fast zu
heulen vor Freude.
Während ich dem Schmied zusah, während er den
selbst-hämmernden Hammer nutzte, um die erste Harke zu
schmieden, kam ein Junge durch das Stadttor angerannt. Er hatte keine
Pfeile im Rücken stecken, daher nahm ich an, dass er keine
schlechten Nachrichten überbrachte. Ich irrte mich.
Ein paar Wegstunden entfernt hatte sich Kriegsherr Aldifred Melcher von
Hasentobel in einem Bauernhof eingenistet. Er war auf dem Weg zu uns.
Nachfragen bei der Bevölkerung brachte schnell heraus, dass
der Kriegsherr für ein mobiles Geschäftsmodell
bekannt war. Er spazierte mit seiner Armee zu einer Stadt und erpresste
die Bevölkerung. Bekam er sein Gold, ging er wieder.
Seine Zählung der Feinde war so überzogen, dass Niam
sich sofort auf ein Pferd schwang, um die Zahlen zu
überprüfen. Ihr Ergebnis war besser als
„hunderte“, aber nicht viel.
20 Reiter mit Lanzen und Schwertern, überwiegend mit
Kettenhemden gerüstet.
10 Fußsoldaten mit Langbögen in Lederkleidung.
1 fetter Magier mit Bart und Magierstab.
30 Fußsoldaten mit bunter Bewaffnung und leichter
Rüstung. Ein paar davon hatten Piken.
1 Onager mit Mannschaft.
Dazu hatten sie noch 20 Goblins und einen angemessenen Tross dabei.
Wir sahen von einer allgemeinen Mobilmachung ab, ließen aber
als ersten Schritt alle Armbrust- oder Bogenschützen der Stadt
zusammenrufen. Der Baron versprach sich davon nicht viel, aber dann
marschierten zwanzig Mann in allen Altersklassen mit der
Schärpe der Schützengilde von Zweimühlen an.
Alle mit gut gepflegten Armbrüsten und in der Lage ein
stehendes Ziel auf hundert Schritt zu treffen.
Marlene besorgte in den nächsten Stunden noch alle
wehrfähigen Bürger und ließ sie im Burghof
antreten.
Währenddessen schickten wir Boten los um alle Bauern aus den
umliegenden Bauernhöfen samt ihrem Vieh in die Stadt zu holen.
Einzelne Bürger flohen, aber die meisten blieben noch ruhig.
Vermutlich erwarteten sie, dass wir den Kriegsherren auszahlten und
damit einen Kampf komplett vermieden.
Gegen Nachmittag marschierte der Herr von Hasentobel vor unserer Stadt
auf und ließ ein Zelt mit offenen Seiten errichten, vor dem
sein Bannerträger die Regenbogenflagge schwenkte. Wir gingen
hinaus und der Baron verhandelte mit ihm. Seine erste Forderung von
1000 Dukaten verursachte schallendes Gelächter, wobei wir ihm
versicherten, dass wir uns schon längst davon gemacht
hätten, wenn wir so viel Gold hätten einsammeln
können.
Von Hasentobel senkte dann auf eine Forderung auf 500 Dukaten. Er
ließ uns drei Nächte Bedenkzeit.
Unser Baron konterte mit einem Angebot: Wenn der Kriegsherr nach drei
Nächten nicht abzog, würden wir seinen Kopf auf der
Burgmauer aufspießen. Ich verzog das Gesicht. Hatte er
vergessen wie das in den Dunklen Landen immer stank?
Hoffentlich ließ er mich den Kopf wenigstens vorher
konservieren…
Der Kriegsherr baute ein Lager auf. Nachts ritten seine Reiter dann
laut um die Stadt, so dass wir kaum ein Auge zu bekamen. Niam schaffte
es trotzdem ohne große Probleme sich in das Lager zu
schleichen und auszuspionieren. Über den Magier konnte sie
wenig herausfinden, nur dass er Bücher über Antimagie
herumliegen hatte.
Der Kriegsherr verbrachte die Nacht mit einer Bettgefährtin.
Sehr aktiv. Und sehr ausdauernd.
Niam besorgte Haare des Magiers, was unseren Druiden sehr
glücklich machte.
4. Tag der Herrschaft des Barons von Eigenen Gnaden, Helmbrecht von
Rosshagen
Bürger wandten sich an den Baron und flehten um eine
friedliche Lösung. Die Händler boten uns sogar eine
gesammelte Summe von 178 Dukaten an. Wir lehnten ab dies dem
Kriegsherrn zu übergeben, aber merkten uns, dass diese Summe
gegebenenfalls für Notfälle verfügbar war.
Zum Beispiel als Darlehen, um das dringend notwendige Saatgut zu
kaufen.
Rodrigo hatte mit der Nachricht über eine mögliche
Belagerung sofort begonnen zwei Belagerungswaffen zu bauen. Eine
Hornisse und ein großes Armbrust-,
Torsionsgeschütz-Dings. Käfer? Skorpion? Leichter
Skorpion? Er bettelte uns an den Onager nicht zu zerstören,
was einer der ersten unserer Pläne war.
Wir planten dann das weitere Vorgehen. Murthakh hätte uns
jetzt einige Hinweise für das militärische Vorgehen
geben können, aber er schnitt sich am Papier eines Berichtes
und bekam eine Blutvergiftung, da er sich weigerte jemanden die Wunde
reinigen und verbinden zu lassen. Wir hofften, dass er für die
Schlacht wieder einsatzfähig sein würde.
Raun stellte eine Wachspuppe des Magiers mit dessen Haaren her und
verbrachte den Tag damit, sie mit einem Messer zu quälen. Der
Magier stampfte sichtlich genervt mit Kopfschmerzen durch das Lager.
Fobosch rief einen Luftgeist und drückte ihm eine
Kinder-Trompete in die Hand. Dieser zischte in das Lager der Gegner und
weckte die Reiter mit grässlichem Tröten, die uns die
ganze Nacht wachgehalten hatten und nun in Ruhe hatten schlafen wollen.
Zeitgleich sandte Raun einen magisch kontrollierten Bienenscharm los,
der über die ebenfalls übermüdeten Pferde
der Belagerer herfiel. Die meisten rissen sich los und
stürmten angstvoll wiehernd davon.
Unter großem Applaus der Bevölkerung auf der Mauer,
wurde das Lager in völliges Chaos verwandelt.
Bogenschützen versuchten den flinken Luftgeist
abzuschießen. Einer der Pfeile blieb in der Trompete
stecken… und sorgte für ein noch
grässlicheres Quietschen.
Ein weiterer Schuss traf einen der anderen Fußsoldaten, was
zu noch mehr Chaos führte.
Letztendlich griff der Magier ein und zwang den Luftgeist zu Boden.
Doch auch dort gelang es den Soldaten kaum den begeisterten Luftgeist
am tröten zu hindern, bis ihn er Magier schließlich
entnervt mit einem Ignifaxius erledigte.
Im Anschluss bannte er dann auch noch den Druidenzauber von Raun. Das
hätten wir ihm vielleicht sagen sollen, aber er hatte so viel
Spaß mit seiner Wachspuppe und dem Dolch.
Der Kriegsherr war nun sauer und ließ den Onager aufbauen.
Das gab uns dann doch zu denken. Ein Treffer mit einem
fünfzehn Stein schweren Felsen würde einigen Schaden
anrichten.
Raun, ich und Fobosch schlossen uns im Unitatio zusammen und riefen
einen Luftdjinn. Der hatte keine Probleme die Geschosse zu fangen und
zurück zu bringen. Fobosch gab ihm den Auftrag die Geschosse
dem Magier auf den Kopf fallen zu lassen, doch der fette Magus schaffte
es problemlos einen Schritt zur Seite zu machen. Nach zwei
Schüssen gaben sie das Vorhaben auf und der Kriegsherr war
sauer.
Wir stellten dabei auch fest, dass es sich nicht um Steine gehandelt
hatte, sondern um zwei Eimer voll Pferdeäpfel. Der Kriegsherr
hielt sich also noch vor tödlichen Angriffen zurück.
Wir bereiteten für die Nacht noch einiges vor. Fobosch
beschwor einen Djinn des Erzes, der eines der
größeren Löcher in der Mauer bewachen
sollte. Dazu erschuf er ein Applikatus Artefakt, das Niam nachts im
Helm des Kriegsherrn verstecken sollte. Es würde
ausgelöst werden, sobald der Kriegsherr seinen Helm aufsetzte.
Der darin gespeicherte Archosphaero würde ihn damit direkt zum
Beginn der Schlacht seinen Schädel zerschmettern. Nicht nett,
aber das würde den Kampf eventuell direkt beenden und ein
größeres Blutbad verhindern.
Ich schlich nachts mit ihr zusammen hinaus zum Turm im Wald. In der
Stadt durfte ich ja keine Dämonen beschwören. Dort
zeichnete ich in aller Ruhe einen Beschwörungskreis mit
Beschwörungskreide und beschwor einen Zant, dem ich die Gabe
der Reise durch den Limbus verlieh. Den Befehl hatte ich vorher
sorgfältig ausformuliert und schriftlich festgehalten, so dass
es diesmal keinen Raum für Missverständnisse gab.
Er sollte durch den Limbus direkt in das Zelt des Magiers gehen und ihn
Aufwecken, falls er noch schlief. Dann sollte er ihm die Nachricht
überbringen, dass er im Morgengrauen vorbeischauen
würde, ob der Magier noch da war. War das der Fall, dann
würde er ihn angreifen.
Ich baute fairerweise noch eine Verzögerung ein, wo er bevor
er Angriff von sechzig herunterzählte, um dem Magier eine
Chance zu lassen ihn zu bannen. Dafür verpasste ich ihm noch
einen Protectionis, was für einen Bannmagier eine
böse Überraschung sein konnte.
Niam sollte noch im Lager der Feinde einiges Unheil anrichte,
während ich mir zutraute alleine zurück in die Stadt
zu schleichen.
Tatsächlich kam ich bis fast zu dem Loch in der Stadtmauer,
durch das ich zurückwollte, da hörte ich
plötzlich leise Stimmen. Zwei Männer kamen mir
entgegen und freuten sich leise darüber, dass sie der
Stadtgarde übel mitspielen konnten.
Ich wirkte aus der Dunkelheit tretend einen Horriphobus und trieb sie
vor mir her zurück in die Stadt. Dort wurden sie von den
überraschten Wachen festgenommen, an denen sie vorher erst
vorbei geschlichen waren. Der fette Ron war stinksauer, dass es Spione
wagten in die Stadt zu schleichen. Es erforderte einiges an
Überredung, sie nicht an Ort und Stelle totschlagen zu lassen.
Nach einem kurzen Verhör noch unter dem Einfluss des
Horriphobus, gestanden die beiden, dass sie das Essen in der Blutgrube
und den Brunnen mit Abführmittel vergiftet hatten.
Außerdem gab es noch eine zweite Gruppe, die sich um die
Stadtgarde kümmern sollte. Die waren uns jedoch entkommen.
Wir verhinderten, dass jemand das giftige Essen zu sich nahm und die
Alte Gans wirkte einen Segen, der den Brunnen reinigte. Immerhin war
sie einmal für etwas nützlich.
4. Tag der Herrschaft des Barons von Eigenen Gnaden, Helmbrecht von
Rosshagen
Der Tag begann damit, dass ich meinen Ringgolem losschickte um in das
Zelt des Magier zu spähen. Er hatte einen Bannkreis
vorbereitet, sein Bannschwert bereitgelegt und sich den herumliegenden
Büchern nach genau vorbereitet. Interessanterweise hatte er
seinen Kriegsherren wohl nicht informiert, da sonst keine Zeugen
anwesend waren.
Mit dem ersten Licht der Morgensonne, erschien der Zant. Er bleckte die
Zähne, kniete in Start-Position wie für einen Sprint
und zählte dann schnell von sechzig herunter.
Der Magier griff sein Bannschwert und sprach mit sicheren Worten den
Pentagramma. Ein bereits auf den Boden gezeichnetes Pentagramm
glühte auf. Der Protectionis hielt den Dämon noch
einen Atemzug fest, dann wurde er in die Niederhöllen gezogen.
Die anderen sahen mich irritiert an, als ich plötzlich im
Beratungszimmer der Burg Beifall klatschte. Ein so meisterlicher
Pentagramma verdiente Respekt.
Später konnten wir zusehen, wie unsere Belagerer sich wild um
einen Platz am Latrinengraben stritten. Niam hatte das Essen
erfolgreich mit Abführmittel versetzt. Wir amüsierten
uns, aber da unsere Gegner genau die gleiche Idee gehabt hatten, kamen
wir uns nicht ganz so schlau vor wie vorher.
Der Magier und der Kriegsherr stritten sich währenddessen
mitten im Lager. Beide hatten wohl noch nichts gegessen. Es war nicht
klar worum es ging, aber der Magier wurde im Anschluss in sein Zelt
begleitet und Wachen davor aufgestellt. Wachen, die Richtung Zelt
sahen, nicht nach außen.
Gegen Nachmittag wurde er dann herausgelassen und schritt um das Lager.
Wir sahen interessiert zu. Er zog mit einem Stab eine Linie hinter sich
her. Wollte er einen Bannkreis um das ganze Lager ziehen? Das
funktionierte doch nicht. Es sei denn… Raun zog die
Augenbrauen hoch: „Ist er etwa ein Hesinde-Geweihter
Magier?“
„Ich kann keine Gesänge oder Liturgien
hören.“
Dann begann er mit einer zweiten Runde und stellte hölzerne
Stelen mit ur-tulamydischen Symbolen auf. Dabei begann er mit
Gesängen und Tanzschritten. Niam rieb sich das Kinn:
„Kommt mir irgendwie bekannt vor?!“
Ich nickte: „Das sollte es. Das ist Bastrabuns Bannritual.
Das hast du am Wall des Todes miterlebt. Allerdings ohne das Dutzend
Ritualhelfer und die mindestens drei Magier, die er für die
Durchführung bräuchte, ist es wirkungslos.“
Der Bannkreis den der Magier später völlig ohne
Brimborium um sein eigenes Zelt anlegte, wirkte dagegen sehr effektiv.
Mit Beginn der letzten Nacht der Frist, starteten wir unsere letzten
Vorbereitungen. Diesmal lag alles an Niam. Sie schlich in die
Nacht… und verschwand.
Die Belagerer hatten in Anbetracht des gestrigen Besuches einen Ring
aus Fackeln um das Lager aufgestellt. Allerdings erfuhren wir
später, dass die Wachen sehr müde und unaufmerksam
waren, so dass das auch nichts half.
Später kam dann Niam von ihrer Mission zurück. Sie
hatte einiges zu erzählen. Zuerst hatte sie einen Brief von
mir im Zelt des Magiers platziert:
Werter Collegae,
Euer Pentagramma war höchst beeindruckend. Selbst für
die umfangreiche Vorbereitung, die ich euch zugestanden habe. Ich zolle
euch Respekt.
Wenn ich gewusst hätte, dass ihr ein ausgebildeter Exorzist
seid, hätte ich einen schwierigeren Gegner vorbereitet. Ich
hoffe ich habe euch dadurch nicht beleidigt.
Euren Bannkreis um das Lager mit dem Bannritual des Bastrabuns
vorzutäuschen, war sehr amüsant. Die Gesänge
konnte ich von der Stadtmauer nicht genau beurteilen, aber die meisten
Stelen sind korrekt. Bei der Nesket-Glyphe fehlt allerdings die zweite
Wellenlinie. So wäre es ein Bannritual gegen Wesen der
sechsten Sphäre, statt der siebten. Ohne Anpassung der
übrigen Symbolik, würde das nicht funktionieren.
Übt außerdem noch die Kreisbewegung des
Fußes nach dem Vorwärtsschreiten im Mudramulischen
Bann-Tanz. Die ist für die Bann-Symbolik
äußerst wichtig.
In der Wildermark treiben sich viele verrückte Schwarzmagier,
Dämonenbeschwörer und Nekromanten herum. Ein
kompetenter Bannmagier wie Ihr ist daher für die Sicherheit
der Bewohner sehr nutzbringend. Es würde mir sehr leidtun,
wenn euch etwas zustoßen sollte.
Leider hat der Baron befohlen, keine Gnade zu zeigen, wenn es Morgen zu
einem Kampf kommt. Jeder der uns aktiv angreift, wird auf seinen Befehl
die volle Härte unserer Magie zu spüren bekommen.
Ich würde auch empfehlen, dass ihr das, was wir aus dem Lager
entfernt haben, nicht wiederfindet.
Ein letzter Rat: Bitte denkt doch zukünftig daran, dass
Bannkreise nicht gegen Meuchelmörder helfen.
Kollegiale Grüße,
Der Hofmagier von Zweimühlen
Dann hatte Niam sich in das Zelt des Kriegsherrn geschlichen und dort
die Applikatus Bombe im Helm angebracht. Sie erzählte, wie ihr
dieser aus den Händen geglitten war und zu Boden fiel. Atemlos
kauerte sie in der Finsternis. Die Gespielin des Kriegsherren erwachte,
stand auf und… erleichterte sich in einen Nachttopf. Als sie
wieder eingeschlafen war, platzierte Niam den Helm wieder auf seinem
Gestell und ging davon. Als letztes wirkte sie einen Widerwille auf den
Onager. Selbst wenn der Magier den Zauber durchdringen und den Onager
sehen konnte, würde sich die Besatzung niemals aufraffen
können ihn anzufassen.