Aus dem Tagebuch des Magiers Rodrik Bannwäldner

Das Junkerdorf des Junkers Firunian Limpurg von Binsböckel trug sein Wappen auf ein paar traurigen Bannern. Er führte zwar momentan die Geschäfte der Baronie, aber wir entschieden uns zuerst, mit dem Junker Victoran von Schlangenfurt zu sprechen, unter dessen Banner die Gräueltaten verübt worden waren.

Das Dorf Schlangenfurt lag an der gleichnamigen Furt über den Fluss. Ein Wehrturm auf einem Hügel, der Bereich darum gesichert mit einer hölzernen Palisade. Eine klassische Motte.

Wir versuchten aus den Dorfbewohnern herauszubekommen um was für eine Art Mensch es sich beim Junker handelte und ob man ihm trauen konnte. Ich bekam extrem unterschiedliche Antworten, teilweise von demselben Bauern:
„Ist der Junker ein ehrenhafter Mann?“ – „Ja, Herr sehr ehrenhaft.“
„Manchmal kann er aber auch etwas seltsam sein?“ – „Ja, Herr, sehr seltsam.“
„Geradezu unberechenbar?“ – „Sehr unberechenbar, Herr.“

Rodrigo sah mir bei meinen Gesprächen eine Weile zu, bis er mich dann grinsend zur Seite nahm, um mich darauf hinzuweisen, dass ich meine Überzeugungskraft zu stark eingesetzt hatte. Die Bauern hatten alle meine Suggestivfragen bestätigt. Ich überließ daher ihm und Niam das Feld.

Wir kamen zu dem Ergebnis, dass man den Junker für einen Ehrenmann hielt. Von den Überfällen hatte man tatsächlich auch schon gehört und machte sich Sorgen. Nicht Sorgen, dass der Junker dahinterstecken könnte, sondern dass irgendjemand verärgert hier vorbeikommen und alles niederbrennen würde. Der Junker hatte gerade mal acht Wachen und nochmal so viele Diener.

Dazu konnte er seinen Ruf nicht verteidigen, da er seit Tagen bettlägerig war. Sein Diener kümmerte sich eifrig um ihn und ließ ihn fast täglich zur Ader, um das schlechte Blut aus ihm heraus zu bekommen. Das kam mir grundsätzlich sinnvoll vor, aber Raun meinte, dass der Aderlass nur für eine sehr begrenzte Anzahl von Gebrechen als Behandlung nützlich war. Und nur in Maßen. Täglichen Aderlass würde der Patient nicht lange überleben.

Wir zogen zum Schloss und stellten uns als der wandernde Medikus Raun und sein Gefolge vor, was uns sofort einen begeisterten Empfang bescherte. Man trieb uns geradezu zum Bettlager des Junkers. Sein Leibdiener, den wir schon als finsteren und langwierigen Mörder verdächtigt hatten, hatte wirklich keine Ahnung von Medizin. Er tat sein Bestes, aber ohne Erfolg. Gerne überließ er uns die Behandlung. Der Junker war Anfang vierzig und wies alle Zeichen von Blutarmut auf. Wir untersuchten sein Essen und ihn selbst. Raun war etwas ratlos, aber als ihn Niam an einen Pilz erinnerte, einigte man sich darauf, dass es sich vermutlich um eine Vergiftung mit Hexenpilz handelte. Nicht an sich tödlich, aber die Behandlung mit Aderlass hätte ihm in wenigen Tagen den Rest gegeben. Jemand hatte ihn also vergiftet, war aber entweder ein sehr unfähiger Giftmischer, oder hatte ihn nur ein paar Tage loswerden wollen.

Ein Verdächtiger war schnell gefunden: Der Junker hatte sich mit Junker Firunian von Binsböckel gestritten, der die Geschäfte der Baronie an sich gerissen hatte. Er hatte dem derzeitigen Truchsess vorgeworfen den Baron beseitigt zu haben und Baron anstelle des Barons werden zu wollen! Unerhört! Nach dem Streit war Junker Firunian zuerst wütend davongeritten, hatte ihm aber vor Kurzem eine Flasche Wein zur Versöhnung und als Entschuldigung schicken lassen. Am nächsten Tag begannen dann die Symptome. In der noch halbvollen Flasche fanden wir dann auch Anzeichen für das Hexenpilzgift.

Anders als in anderen Baronien war der hiesige Baron noch ein echter Adeliger der vom Mittelreich ernannt und eingesetzt worden war. Hier konnte man daher nicht einfach die Baronie übernehmen ohne Repressalien befürchten zu müssen. Junker Victorian hatte Oberst von Opstein angeschrieben und ihn gebeten eine Untersuchung durchzuführen.

Mit Balsam zur Blutwiederherstellung und einem Klarum Purum von mir konnten wir den Junker schnell wieder auf die Beine bringen. Er erkundigte sich dann nach seinem Boten, der schon vor Tagen hätte zurück sein müssen. War er aber nicht. Vermutlich hatte der Brief den Oberst also nie erreicht.

Der Junker war sehr besorgt darüber, dass sein Ruf so in den Schmutz gezogen wurde. Sympathischer Weise allerdings eher wegen der Gefahr für seine Untergebenen.

Wir stellten Nachforschungen an, wo sich die Räuber verstecken könnten. Denn es hielt sich wohl kaum um die offiziellen Mitarbeiter des bösen Junkers. In der Nähe gab es einen Wald in dem sich ein Oger aufhalten sollte. Dazu spukte es dort. Wir nahmen schnell an, dass dies als das Versteck der Bösewichte herausstellen würde. Der Junker konnte uns nicht alle seine Wächter mitgeben, da er seine Burg verteidigen musste und dafür schon schlecht aufgestellt war.

Es lag also an uns das Versteck der Räuber im Wald zu finden und diese ein für alle Mal auszulöschen. Vorzugsweise sollten wir dabei noch Beweise für die Schuld des Junkers Firunian und die Unschuld des Junkers Victorian finden.

Und wenn wir viel Glück hatten, fanden wir dort eventuell auch den vermissten Baron.

Und wenn ich noch viel mehr Glück hatte, dann hatte ich bald meinen eigenen, untoten Oger!