Aus dem Tagebuch des Magiers Rodrik Bannwäldner

Wir fanden den spuk- und ogergeplagten Wald ohne Probleme. Mit Hinweisen eines, wie üblich von den vielen schlaflosen Nächten etwas irren, Köhlers und anderer Anwohner fanden wir schnell das am meisten bespukte Waldgebiet.

Niam schlich voraus und tötete einen Wachposten oben auf seinem Baum. Mit durchgeschnittener Kehle, aber ansonsten gutem Zustand, war er ausgezeichnet verwertbar. Daher ließ ich Murthakh die Leiche mitnehmen, um sie im Kampf mit dem Skelettarius vorrübergehend zu erheben. Niam verzog zwar das Gesicht, aber wir rechneten mit einer deutlichen Überzahl an Gegnern, so dass wir jeden Vorteil nutzen mussten.

Nun hatten wir allerdings ein unbekanntes Zeitlimit. Sobald der Wachwechsel kam, würde das Fehlen des Wächters auffallen. Wir schlichen daher weiter und fanden dank Murthakhs Spurenlesen und Luftaufklärung durch meinen Golemkäfer schnell das Lager. Ein verfallener dreistöckiger Wehrturm auf einem flachen Hügel. Die obersten zwei Stockwerke waren völlig verfallen, das unterste notdürftig hergerichtet. Dazu sahen wir einen Kellereingang, der in den Hügel führte. Die Türe war aus örtlichem Holz frisch gezimmert.

Um den Turm lagerten ein Dutzend Räuber, und eine blasse Gestalt, bei der es sich sicher um ihren Anführer, den „Ghul“, handelte. Wir rechneten dazu mit weiteren Wächtern, die bei Kampfbeginn hereilen würden und eventuell waren im Keller oder im Turm noch Gegner versteckt. An einem Feuer etwas abseits saß dazu noch ein waschechter Oger in Lederrüstung. Neben ihm lag seine riesige Keule.

Ein Rundflug mit meinem Golemkäfer spürte einen Posten mit Armbrüsten oben auf dem Turmdach auf. Dazu konnte ich feststellen, dass keiner unserer Gegner über Magie oder magische Artefakte verfügte. Das schloss mächtige verhüllte Artefakte wie Borbarads Stab oder getarnte Hexen oder Druiden zwar nicht völlig aus, aber wir rechneten erstmal nicht mit magischer Gegenwehr.

Bei der enormen zahlenmäßigen Überlegenheit brauchten wir jeden Vorteil. Wir hatten nur vier Kämpfer und Rodrigo. Der begann zwar sofort aus biegsamen Bäumen ein Katapult zu basteln, aber das würde nur einen Schuss abfeuern. Und nicht besonders genau.

Wir planten schnell: Raun wollte sich in Harmloser Gestalt in das Lager schleichen und den Oger mit dem Bösen Blick des Hasses in Raserei versetzen.
Niam würde sich um den Posten auf dem Dach kümmern und die Gegner dann von oben unter Beschuss nehmen.
Ich schlug vor einen Dämon zur Verstärkung zu rufen. Gegen nichtmagische Gegner war selbst ein niederer Dämon schier unbesiegbar. Niam grummelte zwar, konnte aber keinen besseren Vorschlag bringen. Die Übermacht der Gegner war einfach zu groß. Fobosch schlug zwar einen Elementar vor, aber die sind meistens nur schwer zu einem Massaker zu überreden.

Der Boden war mir für Bannkreise zu uneben und wir hatten noch den unbekannten Zeitpunkt des Wachwechsels als Risiko. Daher zog ich mein Bannschwert und zeichnete mit schnellen Schwüngen ein Pentagramm in die Luft. Meine Gefährten waren etwas überrascht, dass ich nicht wie sonst ein langwieriges Ritual mit Beschwörungsgewand, Beschwörungskreis und Beschwörungskerzen vollzog, sondern nur wenige Momente benötigte, bis ein Karmanath vor mir aus dem Limbus trat. Ein eiskalter Hauch fegte um uns und der Boden gefror unter seinen Füßen. Ich befahl ihm zu warten bis ich ihm befahl den Kampf zu beginnen um dann die Gegner, die sich zum jetzigen Zeitpunkt im Lager befanden, auszulöschen. Nach Niams mehrfachen Hinweis mit dem Oger zuletzt. Andere Personen sollte er keinesfalls angreifen. Ich verzichtete auf die komplette Verlesung der Dämonen – AGBs, was sich später als Fehler erweisen sollte.
Ich konzentrierte mich darauf die Kosten für seinen Dienst zu halbieren, was zu meiner Überraschung problemlos gelang. Der Unitatio mit Fobosch war daher weiter notwendig, aber wir behielten beide noch eine Kraftreserve übrig.
Mit einem Skelettarius aus dem Stab erhob ich den toten Wachposten. Mit hochgezogenem Hemd konnte man keine Verletzungen erkennen, so dass er eigentlich bis dicht an seine früheren Gefährten herankommen sollte, bevor er losschlug.
Niam schlich los und Raun wanderte in Harmloser Gestalt in das Lager der Gegner. Murthakh brachte sich in eine gute Startposition. Raun schloss sich den Wachen beim Essen an und brachte sogar dem Oger etwas. Kurz darauf holte sich dieser eine weitere Portion. Die anderen Räuber widersprachen und ein Streit brach aus, der unter dem Bösen Blick sofort eskalierte. Ein Armbrustbolzen vom Turm flog am Ghul vorbei.

Rodrigo feuerte sein improvisiertes Katapult ab und der Stein flog mitten ins Lager und erwischte einen der Räuber. Ich war beeindruckt, bis Rodrigo zugab, dass er auf die Kellertür gezielt hatte. Warum auch immer.

Das war mein Signal! Ich befahl dem Karmanath den Angriff. Der weiße Hetzer ging in Raserei und fegte los. Ich hatte schon Karmanthi gesehen, aber selbst mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Das Biest war unglaublich schnell. Schwerkraft war für Dämonen nur eine Option. Er rannte Bäume hoch und sprang seitwärts durch die Luft von Baum zu Baum. Bevor ich blinzeln konnte, landete er unter den Räubern und stieß ein markerschütterndes Heulen aus. Nicht nur die Räuber begannen vor Angst zu schlottern, auch Fobosch und Rodrigo neben mir waren nicht mehr zu gebrauchen.
Dann begann das Blutbad. Eingeweide und Kehlen wurden herausgerissen. Blut spritzte und gefror in der Luft. Murthakh stürmte in das Getümmel und griff den Ghul an. Niam feuerte mit einer Armbrust immer wieder in die Menge. Obwohl sie mir mehrfach, sogar mittels magischer Stimme eingeschärft hatte, dass mein Dämon den Oger als Letztes angreifen solle, hielt sie sich selbst nicht an diese Anweisung und schoss dem Oger schmerzhaft in die Seite! Daraufhin verfiel dieser in eine regelrechte Berserkerwut und schlug wild um sich. Dabei erwischte er unter anderem auch Raun, der gerade irgendwas zaubern wollte.
Unser Druide wurde mit gebrochenen Rippen mehrere Schritt weit durch die Luft geprügelt, schlug schwer auf und blieb bewusstlos liegen. Ich rannte meinem Lebenden Leichnam hinterher und änderte den Befehl von „Angriff“ darauf, Raun zu holen und in Sicherheit zu bringen.

Der Ghul schlug sich in Anbetracht des Chaos recht gut, schwieg aber die ganze Zeit, anstatt Ordnung in das Durcheinander zu bringen. Ein Verhalten, das eher auf Dummheit und unnötige Dramatik als auf Anführer- Qualitäten schließen ließ. Ohne Vorwarnung stolperte er plötzlich auf dem unebenen Waldboden und wurde prompt von Murthakh geköpft.

Fobosch schleuderte einen beeindruckenden Flammenstrahl auf den wildgewordenen Oger. Doch dieser war noch nicht besiegt. Heulend vor Schmerzen trampelte er noch einen verletzten, davonkriechenden Räuber nieder. Daraufhin stürzten sich die verbliebenen drei mit dem Todesmut der Verzweiflung auf das Ungeheuer – und überraschenderweise gelang es ihnen den wilden, aber bereits schwer verwundeten Oger niederzumetzeln!

Doch diese rettete die drei auch nicht, denn nun fing der Karmanath an mit ihnen zu spielen und sie durch den Wald zu hetzen. Immer wieder sprang er ihnen in den Weg, trieb sie hierhin und dorthin, versetzte ihnen spielerische Hiebe mit den Tatzen oder zwickte sie in die Waden – peinlich darauf bedacht, ihnen kaum Schaden zuzufügen, damit er sein grausames Spiel noch möglichst lange genießen konnte. Es war ein wahrhaft furchteinflößender Anblick.

Ich hatte vergessen ihm das zu verbieten, obwohl der Weiße Hetzer für ein derartiges Verhalten mehr als bekannt war! Ich sah mir das eine Weile an, dann befahl ich ihm in die Niederhöllen zurück zu kehren. Widerborstig kämpfte er gegen den Befehl an. Als er dies nicht schaffte, sprang er mit hinterhältigem Funkeln in den rotglühenden Augen einen der Räuber, an, verbiss sich in dessen Schulter und riss den Unglücklichen dadurch mit in die Niederhöllen! Der panische Gesichtsausdruck des Räubers brannte sich in mein Gedächtnis ein.

Wir fanden mit Mühe noch einen Überlebenden, den wir verhören konnten. Er konnte uns allerdings nichts Überraschendes berichten. Der Baron war im Keller eingesperrt, der giftmischende Junker Firunian Limpurg von Binsböckel war der Bösewicht… alles wie erwartet.
Man hatte den Baron am Leben gelassen, weil man von ihm den Aufbewahrungsort seines Familienschatzes haben wollte.

Wir konnten leider keine Zeugen zurück lassen die von dem Dämon berichten konnten. Daher sorgte ich dafür, dass es keine Überlebenden mehr gab, als Niam und Rondrigo der Baron aus dem Keller befreiten.
Wir erklärten ihm, dass das meiste Gemetzel von dem durchgedrehten Oger stammte und führten ihn schnell durch das verwüstete Lager, so dass er sich nichts genauer ansehen konnte.

Wir fanden im Keller auch die Soldkiste der Räuber. Immerhin 150 Dukaten. Zehn für jeden von uns und dann noch 90 für die Kasse der Baronie. Der Ausflug hatte sich gelohnt.

Wir beerdigten die Leichen und ich ließ noch eine Menge Speckkäfer auf den Oger los. In ein paar Wochen konnte ich die Knochen abholen. Der Oger war von dem Kampf genug aufgeschlitzt, dass die Käfer auch gut an die Eingeweide herankamen. Aus einigen Berichten anderer Spezialisten wusste ich, dass es wichtig war den Darm durch Käfer entfernen zu lassen. Wurde ein Oger relativ intakt beerdigt, kam es gelegentlich dazu, dass der Darm versteinerte und selbst bei einer Erweckung als Skelett noch den grässlichen Oger-Gestank verbreitete. Ein Oger-Skelett wird einen herausragenden Wächter für meinen Magierturm darstellen. Ich musste mir nur noch etwas ausdenken, damit er nicht sofort auffiel. Vielleicht konnte ich ihn mit Schlingpflanzen überwuchern lassen? Oder ein Umhang in Tarnfarben? Letzteres würde ihn auch vor der Sonne schützen. Schade, dass Unsichtbarkeit keine mögliche Eigenschaft für Untote war, die ich bei der Erweckung vergeben konnte.

Wenigstens würde er nicht so schlimm stinken. Es war mir sowieso unklar, wie die Räuber es so dicht an dem Kerl ausgehalten hatten. Niam benötigte ihre ganze Astralkraft für Sapefakta, und das nachdem wir alle in einem Bach gebadet hatten.

Wir begleiteten den Baron zu Junker Victorian. Wir erfuhren, dass der verbrecherische Junker Firunian Limpurg von Binsböckel zur Heimesnacht nach Eslamsgrund aufgebrochen war. Dort wollte er sich im besten Licht eines wohltätigen Spenders präsentieren, um sich die Baronie unter den Nagel reißen zu können.

Doch dem würde der Baron einen Riegel vorschieben. Er wollte sich kurz erholen, um sich dann ebenfalls dorthin aufzumachen, um den Junker anzuklagen. Wir bekamen einen Brief für den Draconiter-Präzeptor Perval Groterian mit, damit sich dieser ebenfalls zur Heimesnacht als gewichtiger Zeuge einfinden solle.

Wir machten noch etwas Werbung für unsere Baronie und das frisch gebraute Zweimühlenbräu und machten uns dann gut gelaunt auf den Rückweg.