Theorie und Verwendung
Hochverehrte Spektabilitäten, werte Magier-Collegae,
Geschätzte Geweihte, Gelehrte und Magiekundige aller anderen
Gruppierungen,
vielen Dank das ihr hier so überaus zahlreich erschienen seid.
Der heutige Vortrag soll Ihnen einen Überblick über
das erst seit kurzem wieder beachtete Phänomen der Kraftlinien
geben. Ich sage bewusst beachtete, denn Kraftlinien gibt es vermutlich
schon seit der Zeit von Madas Frevel. Ihre Existenz ist auch in der
Gildenmagischen Theorie durchaus bekannt und ich habe hier in der
kurzen Zeit meiner Anwesenheit in Punin bereits etliche gelehrte
Aufsätze und Bücher zu diesem Thema finden
können. Ja, meine überraschten Zuhörer, hier
in Punin. Direkt vor unserer Nase. Teilweise über hundert
Jahre alte Aufsätze und Studienberichte.
Diese Kenntnisse scheinen in früheren Zeiten auch durchaus
verbreitet gewesen zu sein. Die Standorte fast aller alten Akademien
und der klassischen Magiertürme liegen allesamt auf
Knotenpunkten wichtiger Kraftlinien.
Viele werden sich jetzt fragen: Warum habe ich dann noch nie davon
gehört. Warum habe ich die noch nie gesehen?
Nun, da kommen wir gleich zum zentralen Problem was die Erforschung und
Nutzung von Kraftlinien angeht. Man muss wissen wo man suchen muss und
vor allem: Man muss sie erstmal finden!
Wie man vom Namen her schon erkennen kann, bestehen Kraftlinien aus
reiner astraler Kraft. Für das normale Auge sind sie nicht zu
sehen. Nur die mächtigsten Kraftlinien sind stellenweise an
ihren Auswirkungen auf die Natur, zum Beispiel durch besonders gesunde
und große Bäume und Sträucher in geraden
Linien zu erahnen. Die tausendjährige Eiche in Baliho steht
zum Beispiel direkt auf einem Knotenpunkt zweier Kraftlinien. Das
Blutblattkraut wächst fast nur auf Kraftlinien. Mit
genügend Setzlingen und etwas Geduld kann man damit in einem
Gebiet Kraftlinien ungefähr kartografieren. Man setzt
Setzlinge ein und dort wo sie nicht absterben gibt es eine Kraftlinie.
Weitere Hinweise bietet die Ausrichtung der Blätter. Diese
elegante aber etwas langwierige Methode wird laut mir bekannten
Mitgliedern dieser Gemeinschaft gerne von Druiden eingesetzt.
Wirklich sehen kann man Kraftlinien nur durch die Magica
Clairobservativa, die Hellsichtsmagie. Und auch hier sind die
Möglichkeiten recht eingeschränkt. Der Odem Cantus
ist zu unpräzise und zeigt selbst mächtigste
Kraftlinien nur wenn man direkt davor steht und weiß worauf
man achten muss. Der Analys lässt sich nur anwenden wenn die
Kraftlinie bereits exakt gefunden wurde. Einzig und allein der Oculus
Astralis befähigt den Magier Kraftlinien aktiv zu suchen. Und
selbst dies ist noch äußerst schwierig.
Denn Kraftlinien sind im Allgemeinen keine meterdicken leuchtenden
Röhren, die sich in bequem erreichbarer Höhe
über das Land ziehen. Sie sind größtenteils
extrem feine Linien die streckenweise auch unter der Erde oder hoch in
den Lüft verlaufen. Sie verlaufen nicht mit geometrischer
Präzision, sondern folgen natürlichen Gegebenheiten,
winden und wenden sich durch die Landschaft. Nur die
mächtigsten Kraftlinien lassen sich nicht von der Umgebung
beeinflussen und ziehen sich fast schnurgerade über Aventurien
hinweg.
Darüber hinaus verändern die schwächeren
Kraftlinien auch ihren Weg im Lauf des Jahres oder durch andere
Einflüsse. Weitere Einflüsse können eine
Kraftlinie anschwellen, erstarken, zerfasern oder
vorübergehend oder permanent völlig verschwinden
lassen.
Kennt man den Oculus und weiß man wonach man suchen muss,
dann kann man bestimmte Konzentrationstechniken nutzen um die astralen
Phänomene wahrzunehmen, die die Anwesenheit einer Kraftlinie
verraten. Erst auf deutlich geringere Entfernung wird die eigentliche
Kraftlinie für das geübte Auge sichtbar.
Für diesen Vortrag habe ich übrigens mit Absicht
diesen etwas kleineren Vortragssaal reserviert, auch wenn dies schon im
Vorfeld zu Unmutsbezeugungen führte. Er bietet
nämlich den Vorteil, dass es sich hier um einen der ehemaligen
Groß-Beschwörungsräume des Pentagrammatons
handelt. Und hier (zeigt direkt vor sich in die Luft) befindet sich
sicher nicht zufällig ein Kreuzungspunkt dreier mittelstarker
Kraftlinien. Ein sogenannter Nodix.
Nodices sind die Punkte an denen sich zwei oder mehr Kraftlinien
kreuzen. Nur weil zwei Linien sich überschneiden
heißt das jedoch noch lange nicht, dass sich auch ein Nodix
bildet. Diese könnten sich in verschiedenen Höhen
einfach ignorieren. Wirklich starke Kraftlinien ziehen sich allerdings
fast immer stark genug an um zu einem Knotenpunkt zu verschmelzen.
Aber was sind Kraftlinien eigentlich?
Mein guter Freund der berühmte Barde und
Hobby-Magietheoretiker Salix Lowanger würde hier sagen:
„Das sind wohl Linien in denen die Kraft
fließt.“
Und er hätte Recht! Die Kraft verteilt sich,
gemäß der „Theorie der chaotischen
Systeme“ nie völlig gleichmäßig.
Und da gleiches gleichartiges anzieht, bilden sich unweigerlich immer
Stellen, an denen mehr Kraft vorhanden ist, als an anderen. Diese
wiederum ziehen sich gegenseitig an. Bereits kurz nach dem ersten
Einströmen von Magie aus der Wunde von Madas Frevel, bildeten
sich daraus die ersten Muster.
Einmal gebildet bleiben Kraftlinien stabil, bis sich die
Umstände in der Umgebung ändern. Pflanzenwachstum,
Besiedelung, elementares Gleichgewicht und ähnliches spielen
hier eine Rolle.
Jetzt fragen sich sicher einige, was macht man nun mit Kraftlinien wenn
man sie mal gefunden hat? Nun, dafür gibt es verschiedene
mögliche Antworten. Für die meisten Magier mag es
genügen sie einfach zu ignorieren. Die Kenntnis der
Kraftlinien ist wahrhaftig nicht für jeden nützlich.
Wer eine passende Kraftlinie in günstiger Nähe hat,
kann sie dazu nutzen seine astralen Kräfte dort
etwas schneller zu regenerieren. Wirklich interessant wird
dies allerdings nur bei stärkeren Nodices.
Einige Arten der Magie werden verstärkt wenn sie entlang von
stärkeren Kraftlinien gesprochen werden. Dies hilft vor allem
bei Hellsichts-, Transport- und Verständigungszaubern.
Die Hauptanwendungsgebiete von Kraftlinien und Knoten sind
größere Rituale und Zauberhandlungen. Nur hier kann
die zusätzlich vorhandene Astralenergie sinnvoll nutzbar
gemacht werden. Viele Rituale in den alten Überlieferungen
wurden auf Knotenpunkten ausgeführt und könnten nur
unter großen Problemen an anderen Orten durchgeführt
werden.
Einer der diese Möglichkeiten in allen Feinheiten zu kennen
scheint, ist unser aller Feind, der Dämonenmeister
Borbarad. ER nutzt die Magie der Kraftlinien und Knoten seit seinem
ersten Tag der Rückkehr aus SEINEM limbischen
Gefängnis.
Auf dieser Karte hier habe ich mir erlaubt einige der Kraftlinien und
Knoten einzuzeichnen die bisher von Borbarad aktiv genutzt wurden.
Primo:
Ein Nodix in Dragenfeld an dem sich die beiden als
„Ketten Satinavs“ bekannten Kraftlinien sowie eine
weitere Kraftlinie aus Richtung Selem kreuzen. Hier wurde das Ritual
durchgeführt mit dem SEIN Geist aus der Verbannung befreit
wurde.
Secundo: Ein Nodix im Bornland, hier
absichtlich nur recht vage eingezeichnet. Hier treffen sich die
Satinavs Kette II mit einer Linie die meiner Ansicht nach direkt zum
Neunaugensee führen müsste. Hier erhielt Borbarad
seinen Körper.
Tertio: Im Finsterkamm trifft Satinavs
Kette II auf vier weitere mittelstarke Kraftknoten. Hier versuchte ER
unter grober Störung der elementaren Ordnung und Vernichtung
eines ganzen Berges zu grenzenloser Macht zu kommen. Dieses Ritual
konnten wir erst im letzten Moment stören.
Quarto: Im Moment sitzt ER in Tobrien
inmitten seiner Armee und arbeitet an weiteren Schrecken, deren letzter
nur durch den Zwölfgöttlichen Bannspruch aller
Kirchen abgewehrt werden konnte.
Wir sehen also, wo immer Borbarad seine mächtigsten Werke
vollführt, wird ER dies auf einem Nodix tun. Dieses Wissen
können und müssen wir nutzen um IHN zu finden und
aufzuhalten. IHN in Stücke zu schlagen, IHN seiner Magie zu
berauben und IHN einzusperren in einen Käfig aus Kosch-Basalt,
IHN langsam über Drachenfeuer zu rösten bis er wie
eine Kerze zu brennen beginnt…
(beruhigt sich langsam wieder)
Verzeihen Sie. Lassen Sie mich nun das Ganze ein wenig anschaulicher
darstellen. Ich habe hier eine Versuchsanordnung mitgebracht, mit deren
Hilfe ich eine kleine künstliche Kraftlinie erzeugen und dann
mit Hilfe dieser kleinen Modell-Stelen umlenken kann.
Die Kraftlinien wird mein geschätzter Kollege aus Punin hier
durch die gleichzeitige Anwendung des Oculus und Wiedergabe mit dem
Auris Nasus für alle Anwesenden sichtbar machen.
(Demonstriert Aufbau und Umlenkung der Kraftlinie am Modell)
Damit wäre dann mein Vortrag beendet. Die nächsten
beiden Stunden werde ich hier noch Fragen beantworten. Im Sekretariat
können auch Termine für Einzelgespräche zu
komplexeren Fragestellungen oder für noch vertrauliche
Forschungsprojekte vereinbart werden.
Wenn es mein enger Zeitplan zulässt, werde ich in den
nächsten zwei Wochen auch noch einen kleinen Lehrgang
über die Identifizierung und Klassifizierung von Kraftlinien
mittels Oculus durchführen. Teilnahmevoraussetzung wird aber
in jedem Fall die meisterliche Beherrschung dieses Cantus sein.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Anhang I: Bekannte Kraftlinien
Satinavs Kette I.
Dragenfeld – ?
Satinavs Kette II. Dragenfeld –
1000jährige Eiche von Baliho – Bornland –
Finsterkamm
A Dragenfeld – Trollpforte
– Selem
B Tausendjährige Eiche von
Baliho – Gareth – (Nördl.Khom) –
(Brabak?)
D Warunk – Punin? –
(Goldfelsen/Zyklopeninseln)
E Gorische Wüste (Schwarze
Feste) – Selem – (Brabak?)
F Zhammorrah – Selem
– Al’Anfa – Brabak
G Gorische Wüste –
Maraskan
H (Grangor?) –
Dragenfeld
Weitere Kraftlinien durch Punin(Pentagrammaton).
Anhang II: Bekannte Nodices
Schwarze Feste (Gorische Wüste): Satinavs Kette I, E, G, 4
weitere Linien
Finsterkamm: Satinavs Kette II, 4 weitere Linien
Dragenfeld: Satinavs Ketten (I+II), A, H
Selem: A, E, F, (und weitere?)
Tausendjährige Eiche zu Baliho: Satinavs Kette II, B
Bornland: Satinavs Kette II, Neunaugenseeader
Quellenverzeichnis:
Quellenverzeichnis