Reise-Erinnerungen des Ardo Askirson von Zolipantessa
42. „Tag“ in Zze’Tha
Niemand von uns glaubte Pardona’s persönliches
Versprechen, dass sie das Ritual tatsächlich freiwillig
beenden würde. Viel eher, so vermuteten wir, würde es
in Kürze sowieso beendet sein. Jedenfalls schwirrte unser
Hauptquartier wie ein aufgeregter Bienenstock, nachdem eine erste
Hornissen-Kundschafterin entdeckt worden war.
Plötzlich meldeten einige der Wachen, dass vor unserem Haus
eine Gruppe F’Zmechs mit der Straßenreinigung
beschäftigt waren. Aber obwohl sie nun schon die zweite Runde
um unsere Pyramide drehten, wurde die Straße nicht wesentlich
sauberer. Dazu murmelten sie irgendetwas Unverständliches vor
sich her, das die Wache vage beunruhigend fand. Da könne
irgendwas nicht stimmen! Alarmiert liefen wir zu den Fenstern und
besahen uns die Angelegenheit. AHA! Die F’Zmechs sangen!
Fendal lauschte der Litanei. Da er ja noch immer alle Sprachen
verstehen konnte, übersetzte er simultan:
„…dieses Land sei SEIN Land…“
Verdammt, das kannten wir doch! Das hatten auch die Namenlosengeweihten
bei der Drachenjagd gesungen als sie das Schlachtfeld praktisch vor
unseren Augen dem Namenlosen geweiht hatten! Mehr brauchten wir nicht
zu wissen. Während Fendal und Hesindian nach draußen
rannten, schnappte ich mir meine Armbrust und schoss auf einen der
Kerle. Doch statt vom Bolzen getroffen zu Boden zu gehen, flimmerte er
auf und plötzlich stand einer der Nachtalben dort, meinen
Bolzen in der schwarzen Rüstung steckend! Verdammtes
Nachtalbenpack, verdammte Anhänger des Namenlosen! Da waren
mehr Kämpfer als nur Fendal und Hesindian nötig. Also
stürzte auch ich nach draußen, zusammen mit einem
Dutzend Söldner. Da gab das feige Pack Fersengeld.
Trotzdem beschlossen wir unser Hauptquartier zu verlegen. Wer mochte
schon wissen, ob es den Dreckskerlen nicht doch gelungen war, unsere
gesamte Pyramide dem Namenlosen zu weihen?!
Kurz nach unserem Umzug stellten wir fest, dass sich Pardonas Ritual
wohl tatsächlich bald dem Ende näherte, denn es gab
immer mehr Sphärenbeben, deren Heftigkeit mit jedem neuen
Beben zunahm. Abtprimas Eternenwacht schnappte sich Hesindian und zog
ihn mit sich.
Etwas weiter entfernt erschuf der Gründer der Draconiter mit
einer Kombination aus Magie, Hesindes Kraft und einem Talisman des
Hohen Drachen Menacor ein großes Sphärentor direkt
zu unseren Verbündeten vor dem Wadi Yiyila! Unter einem
glitzernden Sternenhimmel sahen wir die Novadis und Zwerge gerade
gemütlich beim Abendessen am Lagerfeuer sitzen. Hesindian war
so baff, dass ihm der Mund offenstand – ein selten herrlicher
Anblick!
Hesindian rief laut hindurch und nachdem sie ihre Verblüffung
überwunden hatten, sprangen die Novadis auf ihre Pferde,
schnappten sich Waffen, Schilde und Rüstungen und preschten
durch das Tor. Auch die Zwergen-Drachentöter packten ihre
Habseligkeiten und „rannten“ in Richtung des Tors.
Leider jedoch waren ihre Beine zu kurz, als dass sie das Tor erreichen
konnten, bevor Eternenwachts Kraft erschöpft war und es sich
wieder schloss. 150 Novadi-Reiter jedoch waren hindurch gekommen und
verstärkten nun unsere Seite.
Doch das Beste, das aller, aller Beste fiel wortwörtlich vom
Himmel und schlug wie ein Meteor keine drei Schritt neben Hesindian
einen tiefen Krater in den Boden. Nachdem er sich von seinem ersten
Schrecken erholt hatte, inspizierte Hesindian das
„Objekt“, das ihn da fast erschlagen
hätte. Es war OMJAID! Das wäre es noch gewesen: Der
Ritter der Luft vom abstürzenden Ritter des Erzes erschlagen!
Unser vermisster Ritter des Erzes war endlich wieder aufgetaucht!
Offenbar hatte es ihn in den Limbus gerissen, als wir nach Zze Tha
geschleudert worden waren. Da er sich nicht anders zu helfen wusste,
hatte er sich selbst in sein Element verwandelt und so den
tödlichen Aufenthalt überstanden! Unseren Magiern war
es jedoch ein Leichtes ihm sein Fleisch und Blut zurück zu
geben und anschließend konnte er sich vor unseren Umarmungen
kaum mehr retten.
Ich aber wusste nun mit der Sicherheit der Schöpfung: Niemand
konnte uns jetzt noch aufhalten! Mit dem mächtigen Ritter des
Erzes an unserer Seite würden wir mit Pardona, Oszandarra und
ihren armseligen Speichelleckern den Boden aufwischen. Omjaid war
wieder da! Ich konnte es kaum fassen!
Endlich waren wir Ritter der Elemente wiedervereint!
Wir schleppten ihn in unser Hauptquartier und stellten ihm unsere
Verbündeten vor. Wild durcheinanderschreiend berichteten wir
ihm was seit unserer Trennung alles geschehen war. Natürlich
redeten und lachten alle gleichzeitig, fielen sich ins Wort und
verwirrten Omjaid so sehr, dass er vermutlich gar nichts verstand. Aber
das machte nichts. Wir konnten ihm auch später noch diejenigen
zeigen, die er zu klump hauen sollte.
45. „Tag“ in Zze’Tha
Einige Tage später regte sich der Feind. Wir wurden von den
Wachen auf das Dach unserer Pyramide gerufen und wurden dort Zeuge
eines unerhörten Schauspiels: Unsere Feinde versuchten
ebenfalls ein Limbus-Portal zu erschaffen. Doch was für eines!
Gegen dieses Portal wirkte das
„Portälchen“ des Abtprimas wie ein
halbfertiges Gesellenstück: 200 Schritt lang und 50 Schritt
hoch öffnete sich ein Durchgang zu einer fremdartigen
Wüste aus rotem Sand. Dort standen seltsame Soldaten in Reih
und Glied und warteten auf den Marschbefehl. Auf dem ersten Blick
ähnelten sie von der vermummenden Kleidung her unseren
Novadis. Doch zwischen den Reihen wanderten unheimliche Humanoide mit
durchsichtiger Haut, durch die man Muskeln, Sehnen und Blutadern sehen
konnte. Es waren mindestens vier oder gar sechs Kompanien! Doch das war
nicht alles: Ghule, Unmengen von hungrig fauchenden Ghulen warteten
darauf in diese Globule zu stürmen. Pardona machte wirklich
vor nichts Halt. Gruselig, wahrlich gruselig sage ich Euch!
Zu unserem Glück benötigte der Feind einige Zeit um
das sich langsam herabsenkende Portal zu stabilisieren.
Chr’Zzess’Aich konnte uns aktuell nur noch wenig
Unterstützung bieten, aber er war immer noch das Herz und
Weltgesetz der Globule. Und wenn er auch eher mit einer
Massen-Dämonenbeschwörung gerechnet hatte, war er
doch auf alle Arten von Angriffen über den Limbus vorbereitet.
Sein Hohepriester fackelte nicht lange. Zusammen mit seinen Akolyten
und Priestern sprach er einen mächtigen Zauber und versiegelte
den Limbus, so dass ab sofort niemand mehr aus der Globule hinaus
– aber auch niemand mehr hineingelangen konnte –
zumindest während der Wirkungsdauer des Zaubers. Dass er dabei
einen faustgroßen Saphir, laut Rakorium der
kristallomantische Stein des Merkmals Limbus, opferte und zu wertlosem
Staub zerbersten ließ, tat dann schon ein wenig weh.
Da stiegen wie auf ein geheimes Zeichen die Drachen der Gegenseite auf:
Brakador, Menelanir und zwei Dutzend Gletscherwürmer!
Interessanterweise fehlten Lessankan, Gabijanar und Empyrador
– von dem wir immer noch nicht wussten, auf welcher Seite er
stand. Yolande war ganz besessen von ihm und fragte dauernd nach, wo er
denn stecken mochte und dass es doch wichtig wäre, dass er auf
unserer Seite stand. Vermutlich war ihr der ganze Humus hier ein wenig
zu Kopf gestiegen. Als ob wir unbedingt einen Gärtner zur
Verstärkung benötigten?!
Auch unsere Verbündeten erhoben sich majestätisch in
die Lüfte: Apep der rote Marschall, Agapyr, Menelachor,
Fulsure, Haszinshan und der mächtige Shirr’Zach.
Doch obwohl wir nominell mehr Drachen auf unserer Seite hatten, so
hatte der Feind alleine durch die schiere Anzahl seiner
Gletscherwürmer doch die Lufthoheit errungen. Diese waren zum
einen nur wenig kleiner als die „echten“ Drachen
und zum anderen trugen fast alle Drachen der Gegenseite auch noch
zauberkräftige Nachtalben-Reiter, so dass sie dadurch noch
gefährlicher waren.
Auch Feracinor erhob sich. Doch ganz unserem Handel entsprechend flog
er demonstrativ in eine andere Richtung davon und machte damit
deutlich, dass er für keine Seite Partei ergreifen
würde. Verdammter Kerl, der wollte nur meinen Handschuh!
Es war also endlich soweit: Die Drachenschlacht um Zze Tha hatte
begonnen! Mir kam das entgegen, denn ich war des Wartens langsam
wahrlich überdrüssig geworden. Endlich passierte
etwas!
Zum Glück hatten wir bereits seit Tagen geplant, wie wir
unseren Angriff durchführen würden. Shafir und
Yolande präsentierten stolz unzählige Artefakte, die
sie mit dem ganzen Zaubertrank aus dem Fass erschaffen hatten und die
uns im Kampf helfen sollten. Als ob sie fest mit seinem Auftauchen
gerechnet hatten, hatten sie jedes der Artefakte sechs Mal erschaffen,
eines für jeden Ritter, auch für Omjaid.
Auch Ji’An’Jazz übergab uns verschiedene
Tränke und Alchimistika, die er, wie er sagte, aus seinen
letzten Resten zusammengekratzt hatte. Dabei war auch ein Tigel mit
Orazalkleber, den Shafir aus einer Laune heraus bestellt hatte. Obwohl
wir keine Ahnung hatten, was wir damit anfangen sollten, steckte ihn
Fendal der Vorsicht halber einmal ein.
Wir alle rüsteten uns aus. Jeder bekam:
• Ein Schutz-Artefakt mit sowohl
Armatrutz gegen physische Angriffe, als auch Gardianum als
persönlicher Schutzschild gegen Zauber und magische Angriffe
mit 15 Minuten Wirkungsdauer
• Ein Balsam-Artefakt, welches
einen sofort heilen würde, wenn man schwer verletzt zu Boden
ging
• Ein Psychostabilis-Artfeakt
gegen magische Beherrschung
• Ein
Reversalis-Corpofesso-Artefakt zur Steigerung der eigenen Kampfkraft
• Ein Attributo-Artefakt zur
Steigerung der Körperkraft
• Ein Duplicatus-Schutz-Artefakt
• Zwei Zaubertränke aus
dem Fass
• Einen Heiltrank von
Ji’An’Jazz
Zudem wirkte ich mit der Mondsilberkralle einen Schutzsegen
für alle! Ziemlich praktisch ein offensichtlich
Phex-gesegnetes Artefakt dabei zu haben! Doch wie mächtig
dieser Handschuh war, das sollte sogar ich noch feststellen –
gleichwohl ich anfangs etwas skeptisch gewesen war.
Ich bekam des Weiteren von Ji’An’Jazz einen
Fingerfertigkeitstrunk, sowie einen Charismatrunk. Da der Charismatrunk
den ganzen Tag wirken sollte, trank ich diesen sofort.
Außerdem hatte ich noch das Temporal-Artefakt von
Rak’T’Gonus das ich vor der Infiltration der
Pyramide bekommen, jedoch nicht gebraucht hatte. Ein Diamant der im
Inneren eines kindsfaustgroßen Bergkristalls eingelassen war.
Neben den Drachen brachte der Feind auch seine Fußtruppen in
Stellung: Am Fuß der Goldenen Pyramide auf dem Platz der
Allherrschaft sammelte sich eine Verteidigungsstreitmacht. Auch
über die lange, acht Schritt hohe Brücke wurde ein
Trupp der Feinde in Marsch gesetzt, damit niemand die Pyramide
„von hinten“ angreifen konnte. Solange im Kessel
der Urkräfte, also in dem alten Vulkankrater, das Ritual lief,
konnte sich diesem niemand nähern, ohne von dessen magischer
Kraft zerfetzt zu werden. Inmitten des Kessels lag der „Erbe
des Zorns, der Elementardrache des Humus“ und wurde mit der
gesammelten magischen Kraft „gemästet“,
bis er soweit war, dass Pardona Pyrdakors Essenz in ihn hineinrufen
konnte. Genau dies galt es zu verhindern!
Dazu mussten wir also warten, bis Pardona zum nächsten Teil
ihres Plans überging und den Kraftstrom aussetzte –
denn sonst konnte sie sich ja selbst nicht in den Kessel wagen.
Wir hatten daher unsere Streitkräfte strategisch aufgeteilt,
um den Kessel der Urkräfte schlussendlich aus verschiedenen
Seiten angreifen zu können.
Auf unserer Seite fochten:
• Die Sonnenlegion
„Legio I Braianica“, angeführt von Primus
Pilum Magnus Galahan, 6 Banner à 30 Legionäre,
jeweils mit einem Bannerträger (Signifer) und befehligt von
einem Zenturio, deren Schilde die mächtige Liturgie
„Argelions Spiegel“ trugen, wie Hesindian mit
leuchtenden Augen berichtete. Die Sonnenlegionäre waren mit
Schwertern, Stoßspeeren und Großschilden
ausgerüstet. Sie trugen zwar zumeist nur lackierte
Holzrüstungen, waren langsam im Sturm, dafür jedoch
geübt im Formationskampf und extrem gut in der Verteidigung
• Die Gornger, 100 Wilde,
aufgeteilt in vier Banner à 50 Mann, angeführt von
meinem Schlachtbruder und Kriegsführer Dal’Sharum,
während der eigentliche Anführer der „Alte
von unterm Berg“ auf seiner Sänfte mit 20 Mann
Leibwache zurück blieb um die Schlacht zu beobachten.
Bewaffnet waren sie mit Knüppeln, Steinäxten,
Wurfspeeren, Bolas und Lassos. Sie trugen keinerlei Rüstung
und besaßen nichts außer ihren Mut um sich gegen
die hinterhältigen Zaubertricks der Nachtalben zu wehren.
Dafür waren sie äußerst flink und beweglich
und ich wusste, dass sie alle lieber sterben würden, als vor
den Augen des Alten den Rückzug anzutreten.
• Die Gladiatoren, 25
Individualkämpfer, davon sogar zwei Leviathanim. Alle sehr gut
bewaffnet und gerüstet – und wild darauf aus Blut zu
vergießen, um Kr'Thon'Chh gnädig zu stimmen.
•
Ji’An’Jazz’s Söldner:
50 Achaz-Söldner, zu zwei Bannern à 25 Mann.
• Die Novadis, 150 Mann
berittene leichte Kavallerie samt einigen Derwischen als magische
Unterstützung
•
Rak’T’Gonus mit seinen vier
Kristallomanten-Schülern und 20 Marus als persönliche
Leibwache
• Erzmagus Rakorium Muntagonus
und seine Geheimwaffe (einer Kiste mit schwarzen nichtmagischen Steinen)
• Die Bestie von Yiyimiris, der
riesige, Magie fressende Schlinger
• und zuletzt wir: Die sechs
Ritter der Elemente
Unser erstes und vermutlich wichtigstes Ziel war es, Magister Rakorium
in die Nähe des Himmelsnodix auf dem Platz der Allherrschaft
zu bringen, einer Stele an deren Spitze sich einst sieben Kraftlinien
geschnitten hatten. Nur mit dieser als Fokus konnte er seine
Geheimwaffe aktivieren, mit der er dafür sorgen wollte, dass
die Drachen „es unter sich“ auskämpfen
würden – während wir uns am Boden mit
Pardons Fußtruppen die Schädel einschlagen
würden. Ansonsten mussten wir bei jeder
größeren Ansammlung unserer Truppen
befürchten, dass einer der vielen Gletscherwurmreiter die
Gelegenheit für einen Flächenangriff nutzte, der uns
viele Kämpfer kosten würde.
Nachdem dies geschehen war, würden wir von dort aus den
Hauptangriff auf die Goldene Pyramide beginnen. Daher bestimmten wir
Ritter die 25 Gladiatoren als unsere persönliche Leibwache.
Sie waren schnell, beweglich und sehr kampfkräftig –
und lechzten nach Blut. Also waren sie in unserer Nähe ganz
sicher genau richtig. Außerdem war anzunehmen, dass Pardona
einen ihrer versteckten Drachen sofort auf uns hetzen würde,
sobald wir das Schlachtfeld betraten. Vermutlich Lessankan. Diesem
Scheusal den Wanst aufzuschlitzen, darauf freute ich mich schon sehr!
Die schnellen, beweglichen Novadis auf ihren Pferden schickten wir zur
anderen Seite der großen Hochstraße, damit sie dort
hinauf und die „Rückseite“ der Pyramide
angreifen konnten. Wir machten ihnen Mut und stärkten ihre
Moral soweit als möglich, doch insgeheim war mir zumindest
bewusst, dass dies nur ein Ablenkungsangriff war, damit der Feind seine
Verteidigung nicht nur auf eine Seite konzentrieren konnte. Ihr Opfer
würde unseren Sieg erleichtern. Nicht besonders
kameradschaftlich, jedoch notwendig. Ich verbannte mein schlechtes
Gewissen nach irgendwohin wo es sehr, sehr dunkel war.
Unsere Sonnenlegionäre wollten wir vorerst noch als Trumpf in
der Hinterhand behalten. Sie waren in der Nähe im Dschungel
postiert und sollten uns beim Angriff auf die Pyramide zur Hilfe
kommen, sobald der zu erwartende Hinterhalt niedergeschmettert war.
Die Gornger, angeführt von unserem Kameraden
Dal’Sharum sollten den Dschungel dicht um den Krater von
allen Gegnern säubern, so dass wir nach dem erfolgreichen
Sturm auf die Pyramide den Krater von zwei Seiten aus angreifen
konnten. Insbesondere sollten die Gornger unsere wahre Geheimwaffe: die
Magie-fressende Bestie von Yiyimiris vor den Verteidigern im Dschungel
beschützen. Unsere Annahme, dass der magische Schlinger und
die Gornger sich gegenseitig wunderbar ergänzen
würden, sollte sich auch später bestätigen.
Bei uns behielten wir auch die Achaz-Söldner von
Ji’An’Jazz, sowie Rak’Te’Gonuns
mit seinen Kristallomanten-„Schülern“ und
seiner persönlichen Leibwache. Diese sollten uns in einigem
Abstand zum Platz der Allherrschaft folgen und dann zu uns
aufschließen, sobald Rakorium seine Geheimwaffe aktiviert
hatte – oder der erwartete Hinterhalt mehr Widerstand
aufzubieten hätte, als wir vermutet hatten.
Somit waren wir, die Ritter der Elemente, Rakorium und die Gladiatoren
eine nicht wirklich kleine Gruppe. Wir „huschten“
von Pyramide zu Pyramide, doch die Straßen waren so breit,
dass dies unmöglich geschehen konnte, ohne dass wir entdeckt
wurden.
Wir waren noch nicht weit gekommen, als uns einer unserer Boten
einholte und berichtete, dass sich die Toten der Nekropole erheben
würden! ALLE! Offenbar hatte der arme Achaz noch nie mit
Untoten zu tun gehabt, denn die nackte Panik stand ihm ins Gesicht
geschrieben, was bei diesen emotionslosen Kaltblütern schon
echt eine Leistung ist.
Wir mussten nicht lange überlegen und trugen ihm auf, die
Sonnenlegionäre sofort in Richtung Nekropole in Marsch zu
setzen.
Wir waren noch nicht weit gekommen, als wir wie erwartet angegriffen
wurden. Natürlich von Lessankan. Auch auf ihm ritt einer der
schwarzgerüsteten Nachtalben. Wie aus dem Nichts erschien er
hinter uns und zischte feuerspeiend über uns hinweg. Shafir
rief etwas von „magisch unsichtbar!“ Wie vereinbart
spritzten wir in alle Richtungen auseinander. Ich riss Yolande mit zu
Boden, die sonst einen Hauch zu langsam gewesen wäre. Oh
Mädchen!
Erst als ich mich wieder aufrappelte fiel mir wieder ein, dass wir
durch die Magie der Purpurflamme immer noch gegen Drachenfeuer immun
waren.
Offenbar war dies nun auch der allgemein erwartete Hinterhalt, denn
auch unsere Gladiatoren die recht großräumig um uns
herum ausgeschwärmt waren, wurden in diverse Kämpfe
verwickelt. Nachtalben, gegnerische Achaz und diese widerlichen
Gletscherwurmraupen zu Hauf. Also alles was den Gladiatoren
Spaß machte!
Es gelang mir den Nachtalbenreiter mit meiner Gandrasch in die Brust zu
treffen, doch die schwarze Vollpanzerung fing die meiste Wucht ab. Als
Antwort schoss er einen dämonischen Feuerballzauber auf uns,
doch dieser war so schlecht gezaubert, dass Shafir ihn problemlos mit
einem Gardianum abwehren konnte.
Lessakan flog eine Kurve und landete. Er wandte sich zu uns um und
plötzlich standen wir inmitten einer schwarzen
Dunkelheitszone. Verdammt! Warum kam das jedes Mal so
überraschend? Langsam sollten wir diesen Standard-Trick der
Nachtalben doch kennen?!
Das Letzte was wir sahen, war jedenfalls das weit aufgerissene Maul des
Drachen, der direkt auf Fendal zu rannte. Hesindian wurde vom Drachen
mit dem Schwanz getroffen und ich überredete Yolande auf mich
den Axxeleratus zu wirken, damit ich mit Lessankan mithalten konnte.
Zeitgleich rief ich das Blut des Feuers und aktivierte meine
Wärmesicht, damit ich Lessankan trotz der Dunkelheit sehen
konnte.
So nahm ich undeutlich war, dass der Drache schon an uns vorbeigerannt
war und gerade umdrehte. „Warte nur ab Du Bursche!“
knurrte ich in meinen Bart. Während sich der Drache etwa
anderthalb bis zwei Schritt in die Luft erhob und knapp über
dem Boden auf uns zuflog, verstärkte ich meine
Angriffsfähigkeit und aktivierte das Schutzartefakt.
Yolande und Hesindian wurden derweil Opfers eines
hinterhältigen Angst-Zaubers, der sie panisch vor jeglicher
Schwärze werden ließ. Inmitten einer
undurchdringlichen Kugel von schwarzer Dunkelheit eine wirklich perfide
Idee. Wie die Hasen, hinter der eine Meute Bluthunde her ist, rannten
sie panisch davon. Fendal schaffte es sich unter den Klauen des
heransausenden Drachen hindurch zu ducken. Omjaid, Shafir und Rakorium
suchten in der nächsten Pyramide Zuflucht.
Glücklicherweise war diese bereits von unseren Gladiatoren
gesichert worden.
Ich blieb mitten auf der breiten Straße stehen und bot mich
als Ziel an, indem ich so tat, als könne ich nichts sehen und
würde ziellos herumirren.
Dieser Einladung konnte Lessankan nicht widerstehen und hielt direkt
auf mich zu. Im vorletzten Moment, bevor er mich zu packen bekam,
aktivierte ich das Attributo-Artefakt und im letzten Augenblick
wechselte ich mein Schwert in die linke Hand, warf ich mich auf die
Knie und hieb mit der Mondsilberklaue nach dem ungeschützten
Bauch des über mich hinwegfliegenden Kaiserdrachen. Den Rest
erledigten magisch-verstärkte, übermenschliche
Körperkraft und die Physik: Der Drache schlitzte sich selbst
auf einer Länge von zwei Schritt den Bauch auf, als er dicht
über mich hinweg flog und mein Arm, stark wie der eines Ogers,
einfach nicht weichen oder gar brechen wollte, während die
Mondsilberklaue, scharf wie mein Schwert, durch seine Schuppen schnitt.
Die Schmerzensschreie des Drachen gellten wohlgefällig durch
unseren Geist und ich wurde über und über mit
heißem Drachenblut bespritzt. Glücklicherweise
machte mir das nicht das Geringste aus. Auch seine Flammenaura schien
mir keinerlei Unbehagen zu bereiten. Hach, was war ich in diesem Moment
einmal mehr froh das Feuer gewählt zu haben, statt das Wasser.
Der sabbernde Drache zog eine Schleife um die Pyramide, in die sich
Omjaid, Shafir und Rakorium geflüchtet hatten. Ich lief ihm
anders herum entgegen. Yolande war ebenfalls in die Pyramide gerannt
und zauberte dort einen sehr starken FlimFlam um die
angsterfüllende Schwärze zu vertreiben.
Immerhin waren wir alle an der Pyramide außerhalb der
Dunkelheitszone, die zum Glück ortsfest war und sich nicht mit
dem Nachtalben bewegte.
Abermals versuchte ich Lessankan aufzulauern, doch dieses Mal packte er
mich mit seinem Maul. Dank meiner magisch verstärkten
Iryan-Krötenhaut und dem Armatrutz war der Biss weniger
schlimm als befürchtet. Dafür hatte er mich nun in
seine direkte Reichweite gebracht – und noch immer wirkte der
Attributo. Ich fackelte nicht lange und rammte ihm meine Rechte mit der
Mondsilberklaue tief ins linke Auge und zerstörte es. Jaja, Du
schuppiges Scheusal: Wunden, die weder magisch noch karmal geheilt
werden können! Was für eine Waffe gegen Drachen und
dem Namenlosen geweihte Arschgeigen!
Währenddessen war Omjaid aus einem der oberen Stockwerke der
Pyramide hinten auf den Drachen aufgesprungen. Mit seinem Dolch
zerschnitt er den Sattel des Nachtalbenreiters, nur wenige Augenblicke,
bevor Fendal mit seiner Axt den tieffliegenden Drachen hart am
Flügel erwischte und dieser eine Bruchlandung hinlegte. Omjaid
und der Nachtalb wurden davon geschleudert und stürzten sich
nur wenige Momente später aufeinander.
Statt mich auszuspucken, biss Lessankan leider nur fester zu, so dass
ich mein Schwert, das ich bislang mit der Linken umkrampft hatte,
fallen ließ. Die Klinge war für diesen Nahkampf
sowieso viel zu lang. Da ich mit der Mondsilberklaue nicht an sein
anderes Auge herankam, rammte ich ihm meine Faust ins Nasenloch soweit
mein Arm reichte.
Diese Ablenkung genügte Fendal und der Thorwaler versenkte
seine Axt so tief in Lessankans Schädel, dass dem
unnützen Sohn Apeps endgültig das Lebenslicht
ausgeblasen wurde!
Doch was war das? Er glühte golden auf – ganz wie
sein Beiname lautete: „Lessankan, der Goldene“.
Dieses Glühen, seine von Pyrdacor über Generationen
hinweg vererbte Essenz, verschwand nicht einfach so, nein: Sie zog als
glühender Strahl in Richtung des Kessels der Urkräfte
davon und wurde dort von Pardonas Ritual aufgesogen.
Endlich begriff ich Pardonas perfiden Plan: Es spielte
überhaupt keine Rolle, auf wessen Seiten die Nachfahren
Pyrdacors standen, Hauptsache sie starben und spendeten Pyrdacors Funke
in das Ritual – und wir Helden hatten ihr auch noch mit der
Einberufung des Drachenrats genau in die Hände gespielt und
alle lebenden Nachfahren Pyrdacors in ihre Reichweite gebracht.
Verdammte Elfe!
Während Fendal mich aus dem Maul des toten und nun fahlen
Lessankan befreite, tötete Omjaid ohne Mühe seinen
ehemaligen Nachtalbenreiter.
Ich sandte das Bild der aufgesogenen Essenz in der Drachensprache zu
allen über uns kreisenden Drachen und brüllte den
Befehl: „TÖTET EURE [REITER/NACHTALBEN/PARDONAS
GEZÜCHT]!“ Doch auch diese schienen vorbereitet zu
sein und nur wenige Augenblicke später fiel Brakador wie ein
Stein zu Boden. Sein Reiter hatte ihm seinen Zweihänder direkt
von hinten in den Schädel gestoßen. Dann sprang der
Nachtalb lässig von von dem abstürzenden Drachen ab,
machte sich in der Luft lang und verschränkte die Arme zum
Transversalis. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, aber er war sicher
sehr überrascht, als sein Zauber aufgrund des versiegelten
Limbus keine Wirkung zeigte. Dann klatschte er mit einem sehr
befriedigenden metallischen Knirschen auf den Boden.
Somit war nur noch Gabijanar als Nachfahrin Pyrdacors auf der
Gegenseite übrig – und wo die steckte, wussten wir
nicht. Melenarir, die Nachfahrin Fuldigors hatte nichts zu
befürchten und verblieb auf der Gegenseite. Die dumme
Riesenlindwurmin war sowieso nur auf der anderen Seite, weil sie ihren
Bruder Menelachor hasste.
Da die Gegenseite jedoch noch immer fast zwei Dutzend
Gletscherwürmer hatte, änderte der Tod von Brakador
nichts am bestehenden Kräfteverhältnis. Immer wieder
hörten wir die frustrierten Beschwerden von
Schirr’Zach, der die feigen Gletscherwürmer jagte,
die ihrerseits mit ihm „Fangen“ spielten.
Endlich begann Rakorium mit seinem Ritual: Er wollte eine riesige
Kulminatio-Kugelblitz-Wolke von A’Tall erschaffen, die
dafür sorgen würde, dass die Drachen oben in der Luft
blieben und wir uns hier unten ungestört mit den
Fußtruppen Pardonas gegenseitig die Schädel
einschlagen konnten.
Was er genau machte, verstand ich natürlich nicht, auch nicht
die Erklärung von Hesindian. Irgendetwas mit: „Die
Steine sind aus Obsidian, dem kristallomantischen Stein des Merkmals
Schaden. Durch die Opferung der Kristalle erhält er
über die Kristallstruktur Zugriff auf zusätzliche
freie Astralenergie die er in seinen Zauber leiten kann.“
Jedenfalls warf er einen der Obsidian-Würfel nach dem anderen
in die Luft. Diese zerplatzten und setzen ihre magische Kraft frei. Was
immer der alte Zausel da tat, es ließ meinen Bart und mein
Haar knistern, bis es nach allen Seiten abstand und ich beschloss, dass
ich möglichst weit von ihm entfernt weiterkämpfen
wollte. Außerdem nutzte ich den Moment der Ruhe und
füllte meine fast völlig verbrauchte Astralkraft mit
dem ersten meiner beiden Zaubertränke wieder auf.
Noch während wir unsere Truppen sammelten und
überlegten, wie wir die feindlichen Verteidiger an
der Goldenen Pyramide am besten angreifen wollten, kam der
nächste Boten-Achaz angehechelt. Wieder gab es schlechte Kunde
von der Nekropole. Offenbar hatte der Feind sich etwas ganz
Hinterhältiges ausgedacht: Zwischen den Untoten, marschierten
Nachtalben, die Räuchergefäße
herumschwangen. Kugeln mit Löchern aus denen leicht bunter
Rauch herausströmte. Aus der Wirkung konnte Shafir erkennten,
dass es sich offenbar um eine Weihrauchversion von Tsa’s
Friedenswasser handelte. Wer den Rauch einatmete wurde schlagartig zu
einem Pazifisten der seine Waffen wegwarf und auch seine Kameraden
davon zu überzeugen versuchte, den Streit doch friedlich zu
lösen. Die Untoten waren gegen die friedliche Aura gefeit,
nicht jedoch unsere Sonnenlegionäre. Das komplette erste
Banner hatte die Waffen weggeworfen und war daraufhin von den Untoten
zerfetzt worden. Eine Katastrophe. Glücklicherweise, waren die
Überlebenden so helle gewesen, sich sofort in sichere
Entfernung zurück zu ziehen.
Hesindian und Shafir schickten ihre zahmen Perldrachen dorthin, die
auch zwei der Nachtalben kurzerhand abfackelten, dann jedoch von einem
Gletscherwurm vertrieben wurden. Daraufhin schickten wir
Rak’T’Gonus samt seinen Schülern und
Leibwache dorthin. Er würde sich um die Nachalben
kümmern.
Unsere Gladiatoren-Leibwächter hatten sich in der Zwischenzeit
wieder bei uns eingefunden. Wir hatten fünf Verluste zu
beklagen, dafür waren jedoch in weitem Umkreis jegliche
Feindkräfte vernichtet. Die übrigen Anhänger
Pardonas verschanzten sich nun hauptsächlich um Pyrdacors
Pyramide herum. In der Stadt selber marodierten noch einige
Gletscherwurmlarven, die wir aber für den Moment ignorieren
konnten.
Wir beschlossen mit dem weiteren Vormarsch abzuwarten, bis Rakorium
sein Ritual vollendet hatte. Andernfalls würden auch wir immer
wieder von Gletscherwürmern angegriffen werden und aktuell
hatten wir eine gut zu verteidigende Position. Während wir
warteten, erreichten uns diverse Meldungen unserer übrigen
Truppen:
• Shirr’Zach war von
einer mit Widerwille getarnten Balliste vom Kraterrand aus beschossen
worden und konnte dem mit Agrimoth-Dämonenfeuer brennenden
Geschoss gerade noch im letzten Moment ausweichen
• Unsere Novadis hatten mit
einem Reiter-Sturmangriff unter Verlusten die Hochstraße
erobert und rückten nun von dort langsam auf die von uns
abgewandte Seite der Goldenen Pyramide vor
• Die Gornger und die Bestie von
Yiyimiris arbeiteten so gut zusammen, wie wir gehofft hatten und
kämpften sich langsam durch den Dschungel in Richtung
Kraterrand vor. Die von Humuskraft erfüllte und daher kaum zu
tötende Bestie zog gegnerischen Pfeil- und Ballistenbeschuss
und auch alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Gornger schlichen sich
derweil an und überwältigten die Nachtalben und
Stammes-Achaz dann im Nahkampf.
Dann war es soweit und Rakorium vollendete sein Ritual: das Magnus Opus
des Kugelblitzsturms. Und zum ersten Mal seit langem, zeigte Shafir,
dass seine Gefühle doch nicht ganz eingefroren waren: Staunen,
Neid und „ich will das auch können!“ waren
deutlich auf seinem Gesicht zu lesen, während er fasziniert
beobachtete, wie sich die Magie entfaltete. Von der Spitze des
Himmelsnexus aus breitete sich explosionsartig eine flache Wolke aus,
die sich wie ein Schirm über die ganze Stadt legte und an den
Rändern bis fast zum Boden neigte. Blitze, Wetterleuchten und
unzählige schwebende Kugelblitze durchzogen die Wolke und
erhellten die Stadt mit einem unheimlichen Licht.
Yolande rief einen Meister des Humus herbei und überzeugte
ihn, uns beim Angriff auf die Pyramide zu helfen, denn dort hatten sich
auch zahlreiche Bogenschützen verschanzt. Der Humus-Meister
würde sich um alles Organische an den Verteidigern
kümmern. Damit brauchten wir uns um Bögen und die
meisten Rüstungen keine Sorgen mehr zu machen.
Hesindian rief seine Herrin an und schenkte uns einen Weisheitssegen,
damit wir beim Angriff die richtigen Entscheidungen trafen –
und der nebenbei auch unsere magische Abwehr verstärkte, denn
beim baldigen Angriff auf die Pyramide mussten wir uns vielen
Nachtalben stellen.
Wieder tauchte ein Bote der Sonnenlegion auf:
Rak’T’Gonus und seine Schüler hatten die
störenden Nachtalben an der Nekropole schnell vernichtet und
der Primus Pilum ließ vermelden, dass er nun die Untoten
problemlos mit zwei Bannern aufhalten konnte. Wir antworteten ihm, dass
er dann die restlichen drei Banner der Sonnenlegion zu uns schicken
solle, als Verstärkung des Hauptangriffs auf die Pyramide.
Rak’T’Gonus sollte mit seiner Leibwache und den
Kristallomanten wieder zu Rakorium aufschließen und den Platz
der Allherrschaft bewachen. Damit wollten wir sicherstellen, dass uns
niemand beim Angriff in den Rücken fallen würde und
dass auch niemand Rakoriums Kugelblitz-Gewitter sabotieren
würde.
Wir würden mit unseren Gladiatoren den Angriff auf die Goldene
Pyramide einleiten, hinter uns folgten die Achaz-Söldner von
Ji’An’Jazz. Wir beschlossen, dass wir Ritter unsere
Elementarrösser herbeirufen wollten, um den Angriff
gebührend anzuführen. Es war ein unbeschreibliches
Gefühl, wie diese herrlichen Tiere vor uns erschienen.
Bevor wir aufstiegen, rief ich die übrigen Ritter zu mir und
wirkte mit dem letzten Rest des Mondstaubs, den ich einst in Perricum
bekommen hatte, Phexens Sternenstaub Liturgie auf uns alle. Das sollte
es den feindlichen Bogenschützen erschweren uns zu treffen.
Zudem aktivierte ich noch mein Psychostabilis-Artefakt.
Dann schwangen wir uns auf unsere Rösser, reckten unsere
elementaren Lanzen in die Luft und brüllten:
„FÜR DIE ELEMENTE, FÜR DIE
SCHÖPFUNG!“ ganz wie es einst die Gezeichneten getan
hatten, als sie Karmoth gegenübergestanden und ihm den
sechsfachen Zorn der Elemente Drakonias entgegensandten.
Es war ein unbeschreiblich erhabener Moment! Denn anders als bei den
Gezeichneten, deren Elementarsturm dem Gladiator Belhalars nur ein
wenig das räudige Fell zerzaust hatte, so würde unser
Angriff ein Sturm der Verwüstung in den Reihen unserer Feinde
sein, dessen war ich sicher!
Wir hatten etwa 500 Schritt bis zum Fuß der Goldenen Pyramide
zu überbrücken. Langsam trabten wir an, so dass uns
die Gladiatoren und mit etwas Abstand die Achaz-Söldner noch
folgen konnten, doch als wir noch etwa 100 Schritt von der Pyramide
entfernt waren und langsam auch in die Reichweite der
Bogenschützen kamen, gab es kein Halten mehr. Instinktiv
wussten unsere Elementarrösser, dass es jetzt um alles ging
und galoppierten los.
Während wir in vollem Galopp der Goldenen Pyramide
entgegenrasten, stellte ich schmunzelnd fest, dass sich sowohl Fendals
Seepferdchen, als auch Shafirs Eisschimmel und auch Yolandes Holzpferd
möglichst weit von meiner Feuermähre entfernt
hielten. Einzig Hesindians Himmelsross und natürlich Omjaids
Erzrappe hatten keine Probleme damit, direkt neben mir in die Schlacht
zu reiten.
Die Goldene Pyramide wurde immer größer und
größer. Nun konnten wir genauer sehen, was die
Verteidiger machten. Diese hatten sich auf der untersten Ebene postiert
und wollten gerade mit ihren Bögen auf uns anlegen, als der
Meister des Humus aus dem Boden erschien, das letzte Stück
über den Stein der Mauer einfach hochsprang und
Bögen, Pfeile, Leder und Holzrüstungen verdorren
ließ!
Doch ganz so leicht wie gedacht, machten es uns unsere Gegner dann noch
nicht. Die Verteidiger auf der unteren Ebene verwickelten den Meister
des Humus in einen harten Abwehrkampf, während
plötzlich eine Ebene weiter oben weitere
Bogenschützen auftauchten, die uns nun doch unter Beschuss
nahmen. Freunde, ich sage Euch, waren wir froh, dass ich uns mit dem
Sternenstaub geschützt hatte.
Als ob dem noch nicht genug wäre, erschien abermals aus dem
Nichts auf der obersten Ebene der goldenen Pyramide eine ebensolche
Balliste, wie wir aus dem Bericht von Schirr’Zach
gehört hatten. Ein einziger guter Treffer würde
ausreichen, einen von uns zu erledigen. Wir mussten dringend was
unternehmen und durften uns nicht zu lange mit dem Scharmützel
auf der untersten Ebene aufhalten.
Ich blickte auf Omjaid, der neben mir ritt. Der verstand auch ohne
jedes Wort, was ich dachte. „Ich schalte die Mannschaft an
der Balliste aus!“, rief er verschlagen grinsend,
„mein Ross kann direkt an der steilen Wand der Pyramide
hochreiten und Dank der Kraft des Erzes, können mich die
meisten Metallklingen sowieso nicht mehr verletzen!“
„Gut!“ nickte ich zustimmend, „dann
kümmere ich mich um die Bogenschützen auf der zweiten
Ebene! Wenn ich meine Feuerkräfte entfessle, sollte besser
keiner von Euch in der Nähe sein!“ Auch Omjaid
nickte bestätigend und damit war es beschlossen.
„Omjaid geht das Katapult an und ich die
Bogenschützen auf der zweiten Ebene!“ rief ich den
anderen Rittern zu. „Fendal, Du und Hesindian, ihr greift
zusammen mit den Gladiatoren die Verteidiger der unteren Ebene an, bis
die Achaz-Söldner aufschließen; Yolande und Shafir
halten sich im Hintergrund und kontern die Nachtalbenzauber!“
Alle nickten in grimmiger Zustimmung.
Plötzlich wusste ich instinktiv, dass nun der Moment gekommen
war, Agapyrs Geschenk zu verwenden. Ich zog die Flasche mit dem
Drachenfeuer heraus, entkorkte sie und schüttete mir den
feurigen Inhalt in den Rachen. Es war unbeschreiblich!
Von einem Augenblick auf den anderen war ich von echtem Drachenfeuer
erfüllt! Alle meine Elementarfähigkeiten wurden mit
einem Schlag ohne mein eigenes Zutun aktiviert, selbst mein Leib
verwandelte sich in reinstes Feuer. Gut, dass ich auf einem Feuerross
ritt und nicht auf einem normalen Pferd – es hätte
seinen Flammenreiter nicht überlebt!
Es war fast noch besser, wie damals, als ich im Nexus des Feuers an dem
Lavasee beim Kloster der wollüstigen Feuermagierinnen gebadet
hatte!
Und während ich in fantastischer Feuerkraft schwelgte,
löste sich aus dem Schlund des mächtigen roten
Agapyrs oben, über dem Blitzgewitter, nur ein
klägliches Husten samt einer kleinen Rauchwolke, statt des
mächtigen Flammenstoßes, mit dem er gerade einen
Gletscherwurm hatte rösten wollen. Ooops. Ich hatte wahrlich
nicht erwartet, dass ich tatsächlich seine gesamte Feuerkraft
bekommen würde... Naja, dann musste er eben ein wenig auf
Krallen und Zähne zurückgreifen oder eine kurze Pause
einlegen – ich hatte da was zu erledigen!
Auch Hesindian zeigte, dass nicht nur ein laues Lüftchen in
ihm steckte und wirkte mit seinen Elementarkräften zwei
veritable Windhosen, die zum einen die Verteidiger ordentlich
durcheinanderwirbelten und zum anderen jeglichen gezielten
Pfeilbeschuss unmöglich machten.
So erreichten wir fast unverletzt die Pyramide. Omjaid galoppierte ohne
anzuhalten die steile Wand hinauf, als sei es eine ebene
Fläche. Leider konnten wir die verdutzen Blicke der Nachtalben
nicht genießen, da die Dreckskerle ja ihre schwarzen
Rüstungen samt Vollhelmen trugen, inklusive abgedunkelter
Glasvisiere. Aber das machte nichts.
Omjaid stürzte sich auf die Mannschaft der Balliste samt der
dort stationierten Wächter und nachdem er alle erschlagen
hatte, begann er die Balliste neu zu spannen. Es sprach
fürwahr nichts dagegen, dass wir sie nun gegen den Feind
einsetzen würden.
Ich ließ mein Pferd direkt auf die zweite Ebene zu den
dortigen Bogenschützen springen. Mit der Drachenkraft in mir,
war dies ein Leichtes. Dort angekommen entfesselte ich mit dem
Drachenfeuer ein Flammeninferno, in welchem außer mir und
meiner Feuermähre niemand am Leben blieb. Es war schon fast zu
einfach.
Auf der untersten Ebene kümmerten sich Fendal und unsere
Gladiatoren unterstützt von Hesindian, Shafir und Yolande um
die Reste der Verteidiger, die Hesindians Windhose übrig
gelassen hatte.
Ich ließ meinen Blick umherwandern und erspähte
unsere hiesige Erzfeindin Oszandarra nebst sechs weiteren Nachtalben,
die Brücke von der goldenen Pyramide zum Talkessen bewachten.
Nun gut. Sobald wir hier für „klar Schiff“
gesorgt hatten, würden wir uns auch um diese Ausgeburt der
Hässlichkeit kümmern. Aber Eines nach dem Anderen.
Unter mir öffnete sich ein verborgener Zugang in der Pyramide
und die offenbar verängstigte Gabijanaar kam heraus. Mit einer
Art Kleinmädchenstimme wimmerte sie in unserem Geist, wie
böse Pardona doch sei und so weiter, um im nächsten
Augenblick dem völlig überrumpelten Shafir einen
„Pech & Schwefel“ entgegen zu jagen. Das
schwarze karmale Feuer brannte ohne Widerstand durch seinen Gardianum
hindurch. Potztausend und beim Barte seines alten Herrn, die kleine
Drachin war ebenfalls eine Geweihte des Namenlosen!
Im grellen Licht meines Infernos konnte man, im Gegensatz zur
üblichen Beleuchtung der Globule, auch sehen, dass sie keinen
Schatten warf. Zumindest, wenn man genau darauf achtete. Andere
Anzeichen klickten wie die Teile eines Schmiedepuzzles
plötzlich ineinander. Shafir hatte sich in ihrer Nähe
immer wohler gefühlt als bei anderen Drachen, ich dagegen
nicht. Sie hatte nicht die Wärmeaura der anderen Drachen. Dazu
kam die fehlende Vorderpfote. Alles drei Opfer an den Namenlosen.
Doch Shafir ließ sich davon nicht beeindrucken. Er war
wirklich der Sohn des 5. Gezeichneten. Er schoss einen Eiszauber nach
dem anderen auf die schwarze Jungdrachin mit der Enduriumpfote ab und
zwang sie damit zur Flucht. Eis gegen Drachen... eine überaus
effektive Kombination solange man nicht Shirr’Zach vor sich
hatte. Ich musste mir eingestehen, ich hätte hier mit meinen
Feuerkräften nicht sonderlich viel ausrichten können.
Nachdem auch die untere Ebene gesichert war, ritt ich hinüber
zur anderen Seite um den Stand der Dinge bei unseren Novadis zu
begutachten, welche die Pyramide ja von unserem Standpunkt aus
„von hinten“ angriffen. Dort sah es echt
übel aus. Die Sandfresser hatten ganz schön Federn
lassen müssen und hielten sich nur mühsam gegen die
zauberkräftigen Nachtalben. Hier konnte ich mit meiner
Feuerkraft deutlich mehr ausrichten. Nachtalben hassen Hitze. Nun gut.
Jeder außer mir hasst Hitze Außer Echsen
vielleicht. Aber wer will schon freiwillig was mit Echsen zu tun haben,
außer Ji’AnJazz? Aber Nachtalben
übertreiben es total. Die hassen vermutlich sogar
„Wärme“.
Einige kurze Sprünge meiner Feuermähre und ein
kleines Flammeninferno später, war auch auf der
Rückseite der Pyramide die Lage wieder unter unserer
Kontrolle. Überraschenderweise schafften es die Novadis sogar
ihren Aberglauben zu unterdrücken, ihre Gäule zu
besänftigen und die Stellung zu halten, während ich
wie ein Flammendämon zwischen die Nachtalben fuhr.
Ich verschwendete keine Zeit darauf zu prüfen, ob ich wirklich
alle erwischt hatte. Kampfunfähig waren die in ihren
Plattenpanzern gegrillten Nachtalben allemal. Sollten sich die Novadis
um die Überbleibsel kümmern. Stattdessen ritt ich die
Pyramide wieder hinauf, bis ganz nach oben zu Omjaid.
Dieser hatte inzwischen die Balliste komplett gespannt und geladen, tat
sich nun aber schwer mit dem Zielen und Abfeuern. Mit Katapulten und
Ballisten selbst hatte ich zwar auch keine praktische Erfahrung, aber
die Theorie hatten wir mal an der Kriegerakademie durchgenommen. Zudem
bin ich ein hinreichend guter Armbrust-Schütze – und
die Prinzipien des Zielens und Feuern sind zumindest ähnlich.
Gemeinsam richteten wir das Geschütz aus und visierten einen
der Nachtalben von Oszandarra an. Mit hämischem Grinsen zog
Omjaid am Auslöser, sobald ich mit dem Zielen fertig war. Wir
trafen den Kerl tatsächlich! Doch statt, dass er von unserem
Geschoss zermatscht worden wäre, schwankte er nur kurz und
blieb dann einfach stehen, obwohl ihn das Geschoss durchschlagen und
mitten in ihm stecken geblieben war! Das waren also gar keine normalen
Nachtalben, sondern bestimmt wieder Untote in
Nachtalben-Rüstungen oder gar irgendwelche anderen
„ichsehesoauswieeinNachtalb“-Daimoniden.
Da die Balliste inzwischen unter meinen Händen schon zu kokeln
anfing beschlossen wir daher keine weiteren, sinnlosen Schüsse
abzugeben, sondern ritten wieder nach unten zu unseren
Gefährten, die sich am Fuß der Pyramide sammelten.
Unsere Gladiatoren, maulten herum, dass sie längst nicht so
viel Blut hatten vergießen dürfen, wie sie sich
erhofft hatten, also schlug ich ihnen vor, dass sie doch den Novadis
auf der Rückseite helfen konnten. Nachdem ich dort ja nur die
Nachtalben-Zauberer ausgeschaltet hatte, gab es noch immer
genügend Achaz-Fußtruppen, die sie lustig schnetzeln
konnten. Jubelnd vor Begeisterung, die beiden Leviathanim mit
großen Frosch-Sprüngen vorneweg, stürmten
sie die Seite der Pyramide entlang auf die Hinterseite. Kurze Zeit
später hörten wir schon eindeutige
Geräusche. Kr’Thon’Ch erhielt wahrlich
viele Blutopfer an diesem Tag.
Wir hatten zwar nun keine Leibgarde mehr, doch mit den
Söldnern und der nachgerückten Sonnenlegion
verfügten wir weiterhin über eine erhebliche
Kampfstärke. Wir sammelten uns um die beiden Praios-Geweihten
der Sonnenlegion und diese riefen die Kraft ihres Herrn auf die
Nachtalben-Daimoniden herab. Obwohl es in Zzeh‘Tha
normalerweise keine Sonne gab, fuhren zwei gleißend helle
Sonnenstrahlen aus dem grauen Himmel über uns herab und
pulverisierten jeweils einen der Kerle. Das war durchaus beeindruckend
und wir stimmten ein martialisches Jubelgeschrei an. Die
Sonnenlegionäre wurden durch diese Machtdemonstration ihres
Gottes so euphorisch, dass wir sie nur mühsam von einem
Sturmangriff abhalten konnten, aber in Verteidigungsformation waren sie
einfach viel, viel effektiver.
Doch das war eigentlich gar nicht nötig. Denn Oszandarra
befahl den Angriff und die übrigen vier Kerle, sogar der
Durchborte, stürmten auf uns zu. Gut. Vier gegen mindestens
100 unverletzte Kämpfer, dazu noch sechs Ritter der Elemente.
Kann man machen, ist aber dumm.
Wir langten uns neue Lanzen der Elemente aus dem Nichts und ich
aktivierte mein Reversalis Corpofesso Artefakt. Außerdem bat
ich Yolande erneut um einen Axxeleratus und einen Armatrutz-Zauber. Da
ich ja noch immer einen Leib aus Flammen hatte, hielt sie so weit als
möglich Abstand und berührte mich nur mit dem
äußersten Ende ihres Stabs, um die Zauber auf mich
zu wirken. Irgendwie war das schon lustig. Obwohl auch die anderen
Ritter durch die Pupurflamme immun gegen Feuer waren,
vergaßen sie das andauernd.
„Sei vorsichtig Ardo!“ rief sie mir zu, als ich
mich schon auf mein Flammenross schwang und den anderen
hinterherpreschte.
Auf unseren Elementarrössern war es ein Leichtes einfach um
die vier schwerfälligen Daimoniden herum zu reiten. Sollten
sich unsere Fußtruppen mit den Kerlen herumplagen. Unser Ziel
war Oszandarra! Und diese war nun ohne Begleitschutz.
Ich muss zugeben, sie war irre schnell und wendig mit ihrem
Schlangenkörper. Auch sie hatte sicherlich diverse Kampfzauber
auf sich gewirkt. Axxeleratus und so weiter. Doch gegen sechs Angreifer
auf Elementarrössern hatte sie einfach keine Chance. Nachdem
ein jeder von uns seine Lanze in ihren Leib versenkt hatte, war sie
schon fast tot. Anschließend sprangen wir ab und griffen sie
zu Fuß an. Es gab einen kurzen, aber heftigen Kampf mit der
schlangenleibigen Drachenchimäre. Ich weiß es nicht
einmal mehr, wer es genau war. Vermutlich Omjaid, aber es spielt nicht
wirklich eine Rolle, wer von uns ihr die hässliche Fratze vom
Leib schlug. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie enthauptet war und
trotzdem noch eine ganze Weile zuckend ihr Leben aushauchte.
Allerdings war die nun tote Chimäre doch nicht das letzte
Hindernis auf unserem Weg zum Talkessel. Shafir klagte
plötzlich, dass ihm jemand seine magische Kraft stehlen
würde! Wir anderen merkten zum Glück nichts davon.
Hektisch blickten wir uns um und erspähten am
höchsten Punkt der Brücke einen Nachtalben. Das
musste der Dieb sein! Ich zielte mit meiner Armbrust auf ihn, doch mein
Schuss war schlecht und ging weit vorbei.
Hesindian war der Schnellste. Er sprang auf sein Himmelspferd und noch
während er die Brücke hochgaloppierte, formte er eine
neue Luftlanze. Wir anderen ließen uns nicht lange bitten und
taten es ihm nach.
Hinter der Kuppe entdeckten wir weitere Nachtalben und eine
Nachtalben-Priesterin! Hesindian, der ja ein ganzes Stück
voraus gewesen war, griff sie im Moment mit seiner Lanze an, als wir
über die Kuppe kamen, doch sie wich seinem Angriff ungeheuer
flink aus.
Dahinter waren drei Nachtalben mit kristallenen Bögen, die
bereits auf ihn anlegten. Hesindian ließ sich davon jedoch
nicht beeindrucken und hielt frontal im Sturmritt weiter auf sie zu.
Ja, Hesindian! So macht man das! Rondra und Phex waren mit dem Ritter
der Luft. Er flog förmlich mitten zwischen den Nachtalben
hindurch und spießte dabei den mittleren der drei Kerle mit
seiner Lanze auf. Doch das Beste sollte noch kommen, denn die beiden
äußeren Nachtalben waren so auf ihn fixiert, dass
sie sich gegenseitig einen Pfeil in den Leib jagten, als sie just in
dem Moment schossen, als er zwischen ihnen hindurch jagte. Was
für ein Schauspiel! Hesindian wendete und griff die drei
angeschlagenen Nachtalben an, doch auch diese wichen immer wieder
behände aus.
Ich nahm die Priesterin ins Visier und abgelenkt vom famosen Schauspiel
Hesindians, fand meine Feuerlanze ihr Ziel. Ich wollte gerade
abspringen, als sich die verwundete Nachtalbin in einen Schwarm Maden
verwandelte und so zu fliehen versuchte! Dabei lachte sie mit ihrer
kratzigen, unangenehmen Stimme hämisch! Potztausend, dieses
Lachen kannte ich! Es war dieselbe Tante, die uns im Wald beim Angriff
auf Tykranor entkommen war! Aber dieses Mal war ich besser vorbereitet!
Ohne Waldboden in den sich die Maden eingraben konnten und mit einem
Leib des Feuers versehen, inklusive der Flammenaura eines Kaiserdrachen
sprang ich mitten in den Madenschwarm hinein und grillte die kleinen
feisten Würmer durch meine bloße Anwesenheit.
Schrille, panische Schmerzensschreie in meinem Geist ließen
mich das Ende der Nachtalbin intensiver als erwartet miterleben,
während ihr Madenschwarm in meinem Feuer verglühte.
Doch ich schüttelte mein Mitleid ab und ersetzte es mit der
grimmigen Befriedigung eine weitere Dienerin des Namenlosen vernichtet
zu haben.
Aufgrund der Erinnerung an die leckeren Grillmaden aus dem Urwald,
konnte ich mich nur mühsam beherrschen mir einige der kleinen
Röstlinge in den Mund zu stecken.
Die anderen Ritter hatten inzwischen gemeinsam mit Hesindian die
restlichen Nachtalben erschlagen. Nun war der Weg zum Talkessel
endgültig frei. Doch wir warteten erst einmal ab, bis unsere
Fußtruppen nachgerückt waren. Bisher hatten wir sehr
viel Glück gehabt und die meisten Gegner schnell und effektiv
besiegen können nun sollten wir nicht
übermütig werden. Warum eigentlich? Egal! Auf die
Rösser, Ritter!
Als die Sonnenlegionäre zu uns aufschlossen, waren auch unsere
Gladiatoren dabei. Sie hatten gemeinsam mit den Novadis die Reste der
Achaz-Söldner aufgemischt und beschlossen, dass sie immer noch
nicht genug Blut vergossen hatten. Die Novadis hingegen waren bedient
und froh, dass für sie der Kampf nun zu Ende war. Auch die
Sonnenlegionäre hatten einige Verluste gegen die vier Gegner
hinnehmen müssen, doch ihr Kampfwille war ungebrochen,
„das unheilige Gezücht“ aus der Globule zu
fegen. Der Beschreibung nach waren alle sechs Rüstungen innen
leer gewesen, so dass es sich wohl um Endurium-Golems gehandelt hatte.
Stark in der Defensive, aber nicht schnell genug um wirklich effektive
Kämpfer darzustellen.
Wir hatten von der Position auf dem höchsten Punkt des
Brückenbogens einen guten Überblick auf unser letztes
Gefecht. Weit vor uns stand Pardona direkt am Kessel der
Urkräfte, also nicht im Krater, sondern an einem echten Kessel
aus einem uns unbekannten Metall und vollführte dort
irgendwelche Handlungen. Sie hatte sich durch eine leuchtende
Schutzkuppel geschützt. Vor ihr standen als letztes Aufgebot
15 weitere Nachtalben.
Shafir zauberte einen starken Gardianum gegen magische Angriffe, dann
befahlen wir den Angriff. Die beiden blutrünstigen Leviathanim
führten die Attacke an. Wir Ritter der Elemente wollten uns
direkt um Pardona und ihre Schutzkuppel kümmern. Sobald alle
Verteidiger in Einzelkämpfe verwickelt waren, rückten
wir vor.
Shafir meldete einen unsichtbaren Dämon, einen weiteren
Grakvaloth. Auch keine Überraschung, wir hatten schon mit
Pardonas Leibwächter zu tun gehabt. Da durch das Drachenfeuer
alle meine Elementarfertigkeiten aktiviert waren, so auch die
Wärmesicht, konnte ich den niederhöllisch kalten
Dämon ebenfalls recht gut erkennen. Shafir rief einen Dschinn
des Eises herbei und dieser benötigte nur einen Wink um sich
auf den Dämon zu stürzen.
Somit war der Weg für uns frei. Nur noch die Schutzkuppel war
zwischen Pardona und uns. Nun konnten wir besser sehen was dieses Weib
tat. Eines musste man ihr lassen. Sie war wunderschön. Ihr
Körper makellos, wenn man weiße Haut und knabenhafte
Schlankheit bevorzugt. Ich mag es ja durchaus etwas kurviger. Was sie
da allerdings tat, ließ den Anblick ihres Körpers
doch recht schnell zur Nebensache werden: Sie fasste immer wieder mit
der linken Hand an den großen Kessel hinter sich. Sobald ihre
Hand den Kessel berührte, wurde ihr sichtbar die Lebenskraft
entzogen, denn sie alterte im Sekundentakt! Wahrlich gruselig! Dann
nahm sie die Hand herunter und fasste mit ihrer rechten Hand in einen
deutlich kleineren Kessel, der vor ihr stand. Während sie dies
tat, wurde ihr Körper wieder heil und jung. Dies wiederholte
sie alle paar Minuten abwechselnd. Warum sie dies tat, konnten wir uns
nicht erklären, aber es würde schon einen Grund
dafür geben. Alleine dass sie es tat, reichte uns als Grund,
dass wir dies unbedingt unterbinden wollten!
Von uns hatte sie bislang noch keine wirkliche Notiz genommen, so sehr
war sie in ihr Tun vertieft. Vermutlich konnte sich die
überaus arrogante, von sich selbst eingenommene Hochelfe gar
nicht vorstellen, dass Geschmeiß wie wir Menschen ihr die
Tour vermasseln konnten. Wie oft sollten wir das eigentlich noch unter
Beweis stellen?! Aber egal: Dies war unsere Chance!
Wir sprangen von unseren Rössern und schlugen auf die Kuppel
ein. Auch ich probierte es sowohl mit Dolofonía
ekdíki?si?, als auch mit der Mondsilberkralle. Obwohl auch
meine Angriffe keine größere Wirkung, als die
Schläge der anderen Ritter zeigten, schien die Summe unserer
Angriffe wohl doch etwas zu bewirken, denn die Kuppel wurde langsam
schwächer. Allerdings nur sehr langsam. Sie war unglaublich
stark.
Fendal kam als erster auf die Idee und befahl seinem Ross die Kuppel
mit den Hufen anzugreifen. Das ließen wir anderen uns nicht
zweimal sagen und wenige Herzschläge später
prasselten Huftritte aus Wasser, Humus, Erz, Luft, Eis und Feuer auf
die Kuppel ein und dieser Elementarangriff war so heftig, dass er sehr
viel schneller Wirkung zeigte – und wir Ritter dabei unsere
Kräfte schonen konnten! Risse bildeten sich, die immer
größer wurden und sich zunehmend langsamer schlossen.
Dadurch ergaben sich für uns immer wieder kurze Momente, in
dem wir eine freie Schussbahn auf sie hatten. Ich überlegte
laut, ob ich Phexens Wurfsterne mit dem Mondsilberhandschuh auf sie
werfen konnte und plötzlich ballte sich meine Rechte von
selbst zur Faust und Phexens heilige Wurfaxt Sternenschweif erschien in
meiner Hand! Potztausend! Ich zögerte keinen Augenblick und
warf!
Da! Ich traf Pardona in den Arm. Nun blickte sie endlich
hasserfüllt zu uns herüber und ich bildete mir ein,
dass sie uns als diejenigen wiedererkannte, die ihr schon so oft in die
Suppe gespuckt hatten. Trotzdem verschwand die Armwunde, genauso
schnell wie die Altersanzeichen, als sie ihre Hand vom Kessel nahm und
ihre Kraft regenerierte. Schade eigentlich. Wenigstens hatte ich nun
ihre Aufmerksamkeit erregt. Ob dies so klug war?
Um uns herum tobte weiterhin der erbitterte Kampf zwischen unseren
Gladiatoren und Sonnenlegionären und den Nachtalben Pardonas.
Doch die mal hell, mal dumpf klingenden Huftritte unserer
Rösser auf Pardonas Schutzkuppel übertrafen jedes
Kampfgeräusch.
Ich spannte meine Armbrust und versuchte einen Bolzen mit dem Handschuh
zu weihen, aber entweder war dessen Kraft nun erschöpft
– oder Phex mochte keine Angriffe mit Armbrüsten.
Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck, dass mein Ansinnen
erhört wurde.
Auch Hesindian versuchte sein Glück damit Pardona Nandus Gaben
zu entziehen, so wie einst bei dem Drachling Omar, doch Pardona war
gegen solche Liturgien zu gut von ihrem Namenlosen Gott
geschützt.
Omjaid und Fendal hatten eine bessere Idee. Während Pardona
durch mich abgelenkt war und ihr Tun durch eine weitere
Dämonenbeschwörung unterbrach, warf Omjaid den Tiegel
mit dem Orazalkleber auf den Kessel, genau an die Stelle, an der
Pardona immer wieder den Kessel berührte.
Nachdem Pardona einen weiteren Grakvaloth herbeigerufen hatte, wollte
sie mit ihrem Ritual weitermachen. Darauf hatte Fendal nur gewartet:
Mit seinen Wasserkräften zog er das Wasser auf einen Schlag
aus dem Kleber, so dass dieser innerhalb eines Augenblicks statt einer
Stunde aushärtete – und Pardona prompt am Kessel
festklebte! Sofort begann ihr Körper zu altern und wir Ritter
jubelten! Endlich war uns das Miststück hilflos ausgeliefert!
Doch ganz so hilflos war sie dann doch nicht. „Ihr wollt mich
mit Kleber besiegen?“ rief sie belustigt, während
sie Hand und Kleber in Flammen aufgehen ließ und sich so
löste. Auch die grässlich verbrannte Hand begann
sofort wieder zu heilen. Ich antwortete ihr mit einem gezielten Schuss
meiner doppelt gespannten Gandrasch in ihre Brust. Das tat ihr weh. Das
konnte ich sehen. Wütend hetzte sie ihren neuen Grakvaloth auf
uns, doch Yolande rief einen Meister des Humus herbei und ich mit der
letzten Drachenkraft Agapyrs einen Dschinn des Feuers. Diese nahmen den
zweiten Grakvaloth aus dem Spiel, so dass wir uns weiter in Ruhe mit
der Erzschurkin beschäftigen konnten.
Die Kuppel bekam immer mehr und größere
Löcher und Risse und es war offensichtlich, dass sie bald
zusammenbrechen würde und wir nicht nur durch die
Löcher schießen, sondern auch hindurch springen
konnten. Um uns herum war der Kampflärm nun fast erstorben.
Die Nachtalben waren erschlagen oder kurz davor. Einen der Leviathanim
hatte es auch gerissen. Im Tode formte er ein Siegeszeichen und keuchte
„guuuut Kaaampf“.
Die Sonnenlegion hatte sich im Formationskampf bewährt und
erwartungsgemäß gut geschlagen. Die beiden
Praios-Geweihten waren noch am Leben und schlossen zu uns auf. Vor
lauter Entrückung, schien es fast, als würden ihre
Augen von ganz alleine leuchten. Shafir gab mir sein
Körperkraft-Artefakt mit der Bemerkung, dass ich es sicher
besser brauchen könne als er. Ich nickte dankend.
Schließlich war es soweit und in der Kuppel erschien ein
Loch, groß genug für uns um hindurch zu springen.
Omjaid reagierte als erster und sprang hinein, direkt gefolgt von
Fendal. Doch das war keine so gute Idee. „Hilf mir, mein
Ritter, schütze mich vor diesen bösen Angreifern, die
mich töten wollen!“ rief Pardona mit
süßer Stimme zu Omjaid und dieser wurde von ihren
falschen Worten so verzaubert, dass er sich tatsächlich
schützend vor sie stellte und das Schwert gegen Fendal erhob,
als dieser an ihm vorbeistürmen wollte. Doch so einfach war
Fendal nicht zu besiegen. Er hatte seinen sprechenden Schild am Arm und
verwickelte Omjaid in einen Zweikampf, damit wir anderen Ritter freie
Bahn hatten.
Ich aktivierte das Artefakt von Shafir und sprang als dritter
hinterher, musste jedoch zu meiner bösen Überraschung
feststellen, dass sich die gewiefte Elfe vor unseren
Elementarkräften mit großflächigen
Bannzaubern geschützt hatte. Ich merkte sofort, wie meine
Elementarkräfte geschwächt wurden, vor allem, da auch
Agapyrs Flamme in meinem Inneren erloschen war. +Verdammt!
Hätte die nicht noch fünf Minuten länger
halten können? Nun gut, dann würde ich der Schlange
eben mit meinen eigenen Händen den Hals umdrehen
müssen! Erfreulicherweise schien die immense
Körperkraft über die ich momentan verfügte
von den Bannzaubern nicht beeinträchtigt zu werden.
Ich versuchte den Inhalt ihres „Heilkessels“ mit
meiner verbliebenen Feuerkraft zu verdampfen, doch ich war nicht stark
genug. Stattdessen wirkte ich um sie herum einen Flächenbrand,
doch eine ihrer Broschen leuchtete auf und schützte sie mit
einem persönlichen Gardianum.
Zaubertricks halfen hier also nicht weiter. Ich musste mich auf meine
körperlichen Fähigkeiten besinnen. Immerhin blieben
meine Kampfunterstützungskräfte gerade so erhalten.
Dann war etwas plötzlich sehr merkwürdig. Von einem
Augenblick auf den anderen hatte Pardona plötzlich ein
schwarzes Tuch um die Augen gebunden und Shafir stand direkt neben ihr,
seinen Gürtel in der Hand, der um den kleinen Kessel
geschlungen war und den er eben mit einem kräftigen Zug daran
umkippte. Er grinste sogar dabei! Wie zur Hölle hatte er das
innerhalb eines Augenblicks geschafft?
Pardona selbst schien im ersten Moment nicht zu wissen, warum sie
plötzlich nichts mehr sehen konnte und warf in einem
Panikanfall eine ihrer Broschen auf den Boden. Sofort brachen rings um
uns herum eine Vielzahl von Tentakeln, Klauen und Mäulern aus
dem Boden. Ein Pandämonium! Hinter mir ließ Yolande
einen Schreckensschrei ertönen.
Da traf mich die Erkenntnis! Shafir hatte mit einem Zauber die Zeit
angehalten – und bei Phex und Hesinde, ich hatte auch noch
ein solches Artefakt von Rak’T’Gonus! Ich zog die
kleine Kugel aus der Tasche und zertrümmerte sie auf dem
Boden, während mich schon die ersten Tentakel an den Beinen
packen wollten und eine Kralle an meiner Beinschiene entlangschrammte.
Es war wahrlich bizarr: Ich sah, wie der Bergkristall in Tausend
Scherben zerbrach und der Diamant darin hochgeschleudert wurde
und… mitten in der Luft mit den Kristallsplittern zusammen
stehenblieb. Ich konnte mich weiter ganz normal bewegen, doch um mich
herum war alles andere wie erstarrt. Seien es nun Tentakel, Klauen oder
Mäuler. Oder meine Gefährten und Pardona. Der Zauber
reichte wohl etwa sieben Schritt um mich herum. Dahinter sah ich nur
undeutliche Schemen wie durch eine milchige Scheibe. Am Rand meines
„Aktionsradius“ konnte ich Omjaid und Fendal sehen,
mitten im Kampf erstarrt. Shafir, leicht links vor mir, zog noch immer
am kleinen Kessel. Bei Hesindian war es am unglaublichsten: Er
verharrte rechts von mir, etwa zwei Schritt über dem Boden
mitten in der Luft, seine Zweililie zum Schlag auf Pardona hoch
erhoben. Nur Yolande war nicht zu sehen und befand sich wohl weiter
hinten, außerhalb der Zone. Braves Mädchen!
Da ich nicht wusste, wie lange dieser „zeitlose“
Augenblick andauern würde, vergeudete ich keine weitere Zeit
mit staunendem Glotzen. Noch während ich direkt zu Pardona
hinsprang, zog ich meinen zweiten Zaubertrank aus der Tasche und
stürzte ihn hinunter. Ich ließ meine Fäuste
in Flammen aufgehen und legte Pardona meine brennenden Hände
um den Hals – denn von Shafir wusste ich ja, dass man
während der eingefrorenen Zeit niemanden mit physischer Gewalt
verletzten kann und alle Körper unverwundbar hart wie Stein
sind.
Immerhin würde es ein böses
„Erwachen“ für Pardona geben, wenn der
Zauber endete und sich ihr zerbrechlicher Hals in meinen Klauen befand
– doch was war das?
Als ich zudrückte, fühlte ich, wie ihr Hals nachgab!
Auch schwankte ihr Körper leicht! Offenbar konnte ich doch
mehr bewirken, als mich in eine günstige Position zu bringen!
Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, welchen Rondra-Frevel ich
vielleicht begehen mochte, riss ich Pardona mit der Mondsilberkralle
die Kehle heraus! Mich erfüllte die Kraft Feqz‘, des
Nächtlichen Kämpfers, und ich war sein Werkzeug!
Ich riss Pardona mit meiner brennenden Linken herum und
während ihre Kleidung schon Feuer fing und ihr
persönlicher Schutzschild aufleuchtete, rammte ich ihr die
Klauen der Mondsilberhand in beide Augen. Tief in mir drin, gab es
einen winzigen Moment des Bedauerns, die Schönheit dieses
makellosen Körpers zu schänden, doch ihre
Verderbtheit wischte jeden Zweifel aus meiner Seele. Ich zerfetzte ihr
mit übermenschlicher Körperkraft das Gesicht und
anschließend den Oberkörper. Ihr Schutzzauber hielt
zwar die Flammen von ihrem Körper ab, doch gegen die
Mondsilberklaue konnte er nichts ausrichten. Ihr Blut bespritzte mich
von oben bis unten und ich genoss es zu meiner Schande.
Dann waren wir plötzlich zurück in der Normalzeit.
Pardona, schwer, vielleicht gar tödlich verletzt und
geblendet, taumelte panisch und vor Schmerzen schreiend zur Seite. Ja,
Pardona... keine magische oder göttliche Heilung gegen die
Wunden der Mondsilberkralle... Oh Phex! Erst in diesem Moment begriff
ich wirklich, wie mächtig dieses Artefakt tatsächlich
war!
Hesindian beendete seinen Flugangriff und rammte Pardona seine
Zweililie in die Brust. Doch sie war noch immer am Leben! Ich
hätte nicht gedacht, dass dieser fragile Körper so
hart im Nehmen sein könnte! Da hatte ich einen Geistesblitz:
Ich sprang zu ihr hin, packte ihren doch recht leichten Körper
und warf sie mit aller Kraft in den Kessel der Urkräfte.
Dorthin, wo Pyrdacor sie in einem fernen Zeitalter einst erschaffen
hatte.
Sie tauchte aus der nebligen Suppe darin wieder auf, schreiend,
wimmernd und kreischend. Vor unseren Augen alterte sie, die Haare
fielen aus, die Haut zog sich wie Pergament reißend zusammen,
das Fleisch verweste und fiel von den morsch werdenden Knochen. Sie
schien bis zum Ende nicht zu begreifen, was mit ihr geschehen war und
wie es kommen konnte, dass eine Handvoll daher gekrochener Maden sie
besiegen konnten. Kurz ragte noch eine kaum noch als solche erkennbare
Hand aus der Ursuppe, dann löste auch diese sich auf.
Kaum war ihre Existenz vergangen, erlosch auch der
Pandämonium-Zauber, den ich beim Anblick der sterbenden
Hochelfenhexe völlig vergessen hatte. Meine Beinschienen und
Stiefel waren schon arg ramponiert und ich hatte etliche Kratzer
abbekommen. Glücklicherweise hatte der Armatrutz von Yolande
das meiste abgehalten.
Auch Omjaid wurde von einem Augenblick zum anderen wieder er selbst und
entschuldigte sich ganz entsetzt bei Fendal, dem er doch ziemlich
zugesetzt hatte und der aus zahlreichen Wunden blutete. Doch Fendal
nahm es sportlich. Der thorwaler Ex-Gladiator war es nach seinen
Vorstellungen in der Arena gewohnt, dass er im Kampf zerschlagen und
anschließend von Yolande wieder zusammengeflickt werden
musste.
Hesindian stützte sich schweratmend auf seine Zweililie; auch
er hatte einiges abbekommen und grinste breit. Yolande stürzte
auf mich zu, fiel mir um den Hals und wir küssten uns
leidenschaftlich.
Kollektiv brachen wir in ein Jubelgeschrei aus und Shafir sandte die
Bilder von Pardonas Tod an alle Drachen. Die noch lebenden Nachtalben
zogen sich sofort zurück und versuchten mehr oder weniger
geordnet in den Dschungel in Richtung des Portals zu fliehen.
Pardonas Ritual war zwar eindeutig beendet, doch der Kampf war noch
nicht vorbei. Jedenfalls nicht ganz. Ein Gegner blieb noch
übrig: Der Humusdrache, der „Erbe des
Zorns“. Er befand sich noch immer unter uns im Talkessel. Dem
eigentlichen „Kessel der Urkräfte“, dessen
Kontroll-Fokus der Metallkessel neben uns war. Auch ihn würden
wir noch besiegen müssen, um wirklich für Ruhe zu
sorgen. Er besaß praktisch noch keinen Geist und war wie eine
völlig außer Kontrolle geratene Urgewalt, die in
ihrem Zorn alles vernichten wollte, was ihr in die Quere kam. Nach dem
Ende des Rituals war er bereits dabei durchzudrehen, wie ein wild
gewordener Stier. Nur größer. Viel
größer. Und gefährlicher. Viel
Gefährlicher.
Da tauchten die Gornger auf. Sie hatten sich mittlerweile bis zum
Kraterrand hochgekämpft und die magisch getarnten Ballisten
beseitigt. Nach Pardonas Tod und der mehr oder weniger erfolgreichen
Flucht der Nachtalben im Dschungel hatten sie leichtes Spiel gehabt.
Auch die Bestie von Yiyimiris war mit ihnen angekommen.
Yolande wollte unbedingt den Gärtnerdrachen suchen, als ob
dieser gegen den wild gewordenen Zorn des Humes hätte bestehen
können. Ich sah das etwas anders. Als ob der
Gärtner-Drache gegen die Inkarnation des Humus vorgehen
würde…
Nein wir brauchten hier die Kraft des Eises, das war ganz
offensichtlich.
Nur leider war Shafirs Kraft fast komplett aufgebraucht und keiner von
uns hatte noch einen Zaubertrank übrig. Schirr’Zach
vielleicht?! Doch dieser jagte gerade noch einigen
Gletscherwürmern hinterher.
Wir alle wussten instinktiv, dass die Kraft des Eises das Einzige war,
was dem Humusdrachen richtig schaden konnte.
Zu unserer Überraschung wurde der uralte Anführer der
Gornger gerade ebenfalls auf seiner Sänfte den Kraterrand
hochgetragen. Während ich noch vermutete, dass er sich einfach
nur ein besseres Bild für die bald entstehenden Heldenballaden
machen wollte, hatte der Greis doch deutlich mehr zu bieten. Nachdem er
sich mühsam aus seinen Felldecken gequält hatte und
aufrecht dastand, atmete er ein paar Mal tief durch. Wie er nun mit
blitzenden Augen über das Schlachtfeld und ohne jede Furcht
hinunter in den Talkessel blickte, konnte man einen Schatten seiner
früheren Kraft und Energie erahnen. Seine Stimme donnerte
überraschend laut bis zu uns hinüber:
„Feron! Herr der Jagd. Meister des offenen Kampfes. Sieh
herab auf Deine Diener. Sieh, wie wir für Dich bluten. Sieh,
wie wir für Dich sterben. In diesem Kampf geht es gegen einen
Gegner, der nicht besiegt werden kann. Lass es uns trotzdem tun. Sende
Deinen Atem des Todes, um ihn zu schwächen. Sende Deinen Atem
des Verderbens, um ihn zu schwächen. Sende Deinen
STURM!“
Über uns erloschen flackernd eben die letzten Kugelblitze und
die Riesen-Wolke von A’Tall hatte gerade begonnen sich
aufzulösen, als sie sich wieder zusammenzog und verfinsterte.
Der Schirm über der Stadt sammelte sich langsam aber
unaufhaltsam über dem Talkessel. Höher und
höher ballten sich die dunklen Massen und Wind kam auf. Kalter
Wind. Panische Rufe der Echsen ertönten in der gesamten Stadt
als der Wind von fast oben in den Talkessel blies und erste
Schneeflocken herunterrieselten. Dann folgte der Hagel.
Bei den Zwölfen, ich hatte den Alten von unterm Berg immer
für eine Art harmloses Maskottchen gehalten, in Wahrheit war
er ein hochrangiger Geweihter des Firun, beziehungsweise Feron, wie man
ihn hier nannte. Als ihn die triumphierend Lobgesänge auf
Feron singenden Gornger vom Schlachtfeld trugen, war unter den Decken
nur noch seine immer noch triumphierend nach oben gereckte Faust zu
sehen.
Die Kältewelle verdarb zwar unseren Achaz-Söldnern
und den verbliebenen Gladiatoren die Lust daran, im Talkessel
weiterzukämpfen, doch die Gornger, obwohl sie noch nie Schnee
gesehen hatten, stürzten sich voller Euphorie in diese letzte
Schlacht.
Dies lockte dann auch Schirr’Zach an, der sich erkennbar
mühsam von seiner Jagd wegreißen konnte und nun
zurückkam um sich dieses Schauspiel anzusehen. Kaum
angekommen, stürzte er sich mit einem begeisterten Kampfschrei
im Sturzflug in den Eissturm. Selbst durch den Sturm war das Aufblitzen
seines Eisatems deutlich zu sehen.
Ein letztes Mal in dieser Schlacht bestiegen wir Ritter wieder unsere
Elementarrösser, riefen unsere Lanzen und jagten den Krater
hinunter. Dieses Mal waren es allerdings mein Feuerross und Yolandes
Holzpferd, die sich im tobenden Schneegestöber gar nicht wohl
fühlten.
Auch dieser Kampf war schneller vorbei als ich gedacht hatte. Shafir
beschrieb Fendal wohin er schlagen musste und unser Thorwaler,
angeschlagen aber ungebrochen, spaltete mit der Trollaxt
Karfunkelspalter einen in Shafirs magischer Sicht deutlich erkennbaren
Knotenpunkt auf dem riesigen Schädel. Der Humusdrache
löste sich in einer Welle purer Lebenskraft auf, verging in
dem Element, dass ohnehin diese Globule beherrschte wie kein anderes,
und durch uns strömte eine Kraft, wie ich sie in dieser
Stärke und elementaren Reinheit bislang nur in der
Feuersäule im Lavasee beim Kloster „Tarf El'Hazaqur
Mor“ erlebt hatte.
Als es vorbei war, waren alle unsere Wunden geheilt und ich
fühlte mich lebendig wie kaum jemals zuvor. Aber das war ja
auch kaum verwunderlich. Wir hatten gesiegt. Gewonnen. Nein, nicht
einfach nur gewonnen. Wir hatten triumphiert! Wenn ich mir vor dieser
Schlacht etwas hätte wünschen dürfen, dann
dass wir es schaffen Pardona zu vertreiben und ich ihr dabei eine
kleine Narbe hätte zufügen können, die sie
immer an mich erinnert.
Aber was hatten wir stattdessen vollbracht?! Wir hatten Pardona nicht
nur vertrieben, nein, wir hatten sie besiegt, sie regelrecht
vernichtet! Welch eine Heldentat!
Nicht einmal die Gezeichneten hatten dies vermocht! Ich war so
aufgekratzt, dass ich die überbordende Humuskraft, die ich
eben abbekommen hatte, dringend schnell wieder herauslassen musste. Da
konnte nur eine Person helfen…
„Yooooolaaaaaandeeeeeeeee!“