Anfang RON, 1017 BF
Oh, welch
dramatische Momente spielten sich in dieser unsäglichen Nacht
ab. Der große
Dschonn Wuh hätte es nicht besser inszenieren können.
Aber ich werde die
Geschehnisse einzeln erzählen müssen um ihren tiefen
Eindruck auch nur annähernd
in Worte fassen zu können.
Düster-gutturale
Schreie hallen durch die Nacht und reißen mich aus einem mit
Bildern von Kälte
und Dunkelheit durchsetzten Traum. Der Ruf meiner Kameraden
reißt mich aus der
Verwirrung, die mir das unvermutete Aufwachen gebracht hat. Sofort
besinne ich
mich meiner mir zugedachten Rolle als Kampfmagier und nehme
für einen schnellen
Rundblick eine kampfbereite, aber auch ebenso kampferfahrene Pose ein.
Pfeile
zischen aus einem Gebüsch in einiger Entfernung
nördlich des Lagers und schlagen
zwischen uns und den Mönchen ein, wobei sie sofort Panik
verbreiteten. Da laufen
auch schon die ersten Glaubensbrüder durch die Gegend wie
junge Tanzadepten,
deren einzige Bewegungen unkontrolliertes Dahinstürmen sind.
Ihre vordringliche
Richtung ist aber nach Süden, wo sie von den beiden Zwergen
Ballasch und Kuwim begleitet
werden. Nun, diese sollten ihnen eine gewisse Bedeckung bieten.
All dies sehe
ich nun so klar vor meinen Augen ablaufen, als würde eine
Illusion bewegte
Bilder in den Raum projizieren.
So beginne ich
denn einen Sturmlauf in den Norden, immer Durins Worte im Kopf:
„Bogenschützen
schießen vorbei“. Nun, so werde ich nun beweisen
müssen ob dies für jeden gilt
oder nur für etwas kleiner Zwerge. Aus dem Augenwinkel sehe
ich wie Thorus
aufspringt, nach rechts wegbricht und zwischen den Bäumen
verschwindet. Kurz
vor seinem Verschwinden höre ich ein lautes
„Tonk“ und sehe seinen Schildarm
zurückzucken. Sollte er einen der mörderischen Pfeile
der nunmehr zweiten Salve
mit dem Schild abgewehrt haben? Eine beachtliche Auge-Hand-Koordination
setzt
dies voraus und würde ihn als wirklich begabten
Kämpfer kennzeichnen.
An den spitzen
Schreien hinter mir erkenne ich, dass einige der Mönche
getroffen wurden. Oh,
könnte ich Ihnen doch nur helfen, entspräche dies
doch viel eher meinem
Naturell, aber ich muss meiner Rolle folgen und die unbekannten
Attentäter
bekämpfen. Nun, mit meinen tatkräftigen Kameraden an
meiner Seite sollte dies
keine Problem sein. Also folge ich wild entschlossen Rhys durch die
Bäume, wenn
auch etwas vorsichtiger und einige Schritt hinter ihm. Wir schlagen
einen Bogen
nach links, ich verstehe: er will zusammen mit Thorus die
Bösewichte in die
Zange nehmen. Da erkenne ich wenige Schritt neben Rhys auch Ruadh. Oh
weh,
stürmt Thorus nun allein von rechts? Hoffentlich folgt
Llevandor ihm.
Da, ein Zucken
durchläuft Rhys nackten Oberkörper, ein leises
Stöhnen entringt sich seiner
Kehle, aber sein Schritt verlangsamt sich nur unbedeutend. So hat also
er
bewiesen, dass Durin in Bezug auf die Treffsicherheit von
Bogenschützen irrt.
Ohne feige zu sein, beschließe ich, dass es deutlich
klüger ist, die Bäume als
Schutz zu nutzen und husche nun wie ein Eichhörnchen von einem
Stamm zum
nächsten. Um einen gewissen Schutz gegen
äußere Kampfeinwirkung zu erhalten
wirke ich einen Armatrutz. Oh Mutter Hesinde, die Dunkelheit und der
unebene
Untergrund bewirken, dass der Zauber fehl geht. Nun, wohlan, weiter
nach vorn.
Als die nächste
Pfeilsalve zischend ihre Sehnen verlässt ist Rhys nur noch
wenige Schritt von
den dunklen Gestalten entfernt. Es scheinen nur vier oder fünf
einzelne Kämpfer
zu sein. Da schallt sein Ruf in den Wald: „Ilmin, Thorus,
nach Süden“. Sollte
dies bedeuten, dass er und Ruadh sich diesen dunklen Gesellen
überlegen fühlen?
Nun, sei es wie es sei, so er sich irrt, werde ich ihn in einer Ode an
den
Heldenmut lobend erwähnen. Mit diesem festen Vorsatz und der
Erkenntnis, dass
nun auch Durin in den Kampf eingreift wende ich meine Schritte nach
Süden,
zurück zum Lager.
Ein fast tierischer
Schrei hinter mir scheint Rhys Recht zu geben, anscheinend sind diese
Wegelagerer keine Gegner für meine Kameraden. Aber
düsteres Pech, das Du aus
der Nacht fließt wie Pech aus einem Fass, der
Rückweg scheint so viel beschwerlicher
zu sein, als der Hinweg. Mehrfach stolpere ich über Wurzeln am
Boden und nur
die gute Ausbildung des großen Tanzmeisters Marischnikow
ermöglicht es mir auf
den Beinen zu bleiben.
Als ich im
Süden bei unseren Glaubenbrüdern ankomme, sehe ich
noch, wie zwei wuchtige Schläge
unserer Zwerge den Schädel eines Orks, ja eines Orks!,
zerplatzen lassen. Ich
weiß nicht, was mich tiefer beeindruckt, die Kraft mit der
diese beiden
wackeren Gesellen ihre Morgensterne führen oder die Wucht, die
den Schädel des
Orks in einer grausam rot-grauen Fontäne zermalmt. Ich wende
mich mit einem
leicht würgenden Gefühl den verletzten
Mönchen zu.
Nachdem ich sie
untersucht habe, erscheinen meine Kameraden, sie sind
überraschend schnell mit
den Orks im Norden fertig geworden. Am meisten Sorgen macht mir ein
Mönch mit
einem Pfeil in der Lunge, er atmet schnell und flach und
rötlicher Schaum
dringt auf seine Lippen. Nun, er wird die nächsten Minuten
nicht überleben.
Aber ist es eine gute Idee einem Praioten mittels meiner Magie zu
helfen? Im
Gegenzug kann ich ihn aber auch nicht seinem Schicksal
überlassen. Nun, da muss
ich wohl ein paar meiner ganz speziellen Heilkünste unter dem
Mäntelchen der
Kräuterheilkunst anwenden. Ruadh geht mir beim Herausschneiden
des Pfeils zur
Hand, ein recht blutiges Geschäft, aber die paar Tropfen mehr
oder weniger
werden diesen Glaubensmönch auch nicht retten. So
drücke ich meine Hand sofort
auf die Wunde um die Blutung zu stillen. Warm rinnt mir sein Blut durch
die
Finger, ich spüre wie ihm das Leben aus dieser Wunde entweicht
und ich es nicht
halten kann. So wirke ich still einen Balsam, der, so hoffe ich
zumindest, den
Patienten stabilisieren wird. Ja, die Wunde schließt sich
oberflächlich, was
wir mit einem kräftigen Druckverband verbergen
können. Nun, so wird dieser Glaubensbruder
den nächsten Sonnenaufgang erleben. Möge der Herr
PRAios ihm und mir diese
kleine Schandtat vergeben.
Im Morgengrauen
ruft Hüter Emmeran die Verletzten zu sich um eine Gebet der
Heilung zu
sprechen. Ich bin gespannt, ob dies die von ihm versprochene Wirkung
hat und
die Götter ihr Wirken uns so direkt vor Augen
präsentieren. Llevandor stützt
den Schwerverletzten mit dem Lungenschuss. Oh weh, er führt
ihn in den Kreis!
Sollte der Herr PRAios nun meine kleine, in seinen Augen vielleicht
ketzerische,
Schandtat erkennen? Aber es ist zu spät, sie haben
Hüter Emmeran erreicht.
Herrin HESinde, sei mit mir. Da beginnt der Hüter auch schon
mit tiefer
Inbrunst zu beten, alle im Kreis und die restlichen Mönche
stimmen in das Gebet
ein. Da bricht die Sonne über den Horizont und ihre Strahlen
treffen die zum
Gebet versammelten wie das Farbgewitter der Frühwerke des
Malers Sehsann. Es
herrscht eine Stimmung, die nicht mit Worten zu beschreiben ist,
Frieden und
Freude liegen in der Luft, wie sie keines Dichters Worte erklingen
lassen
könnten. Als die Sonne sich vom Horizont erhebt, traue ich
meinen Augen kaum.
Alle im Kreis stehenden scheinen aufrechter zu stehen, mehr Zuversicht
zu haben
und... ihrer Verletzungen genesen zu sein! Sogar der Schwerverletzte
steht wieder
aus eigener Kraft. Ja, sogar Llevandor scheint kräftiger als
zuvor. Oh ihr
Götter, ihr seid uns so überlegen, wie es der
größte Intellekt dem kleinsten
Stein sein kann.
Nach diesem
Ereignis packen wir zusammen und brechen das Lager ab. Die Stimmung ist
so
gehoben, dass Rhys mit seiner Flöte und beachtlichen
musikalischen Fertigkeiten
ein fröhliches Lied anstimmt, in das Durin und Thorus, weit
weniger beachtlich
einstimmen. Die Stimmung bleibt den restlichen Tag gut und so erreichen
wir
gegen Abend Corwick, wo wir unser Nachtlager aufschlagen.
In der Nacht
werde ich von Rhys geweckt, irgendetwas scheint mit Llevandor und einem
Geist
zu sein. Ich verstehe gar nichts, bis sie mich zu einer Hausruine
führen, aus
der ein leichtes Leuchten zu erkennen ist. Ja, dort scheint ein Geist,
eine
unruhige Seele gefangen zu sein. Alle Versuche der Kommunikation
schlagen aber
fehl, es ist uns nicht möglich ihr Ansinnen zu erkennen. Als
Llevandor aber
immer tiefer in den Bann dieser unwirklichen Wesenheit geschlagen wird,
entsinne ich mich des „Ethersichen
Geflüsters“. Oder war es eine Einflüsterung
von außen? Ja, wie konnte ich nur so dumm sein. Darin steht
doch eine Formel
mit dem Namen „Geisterbann“. Nun, wie
könnte ich besser dieses neue Wissen
ausprobieren als hier? Schnell hole ich das Buch und beginne die Formel
zu
rezitieren. Es scheint, als wäre der erste holprige Versuch
nicht von Erfolg
gekrönt, ebenso hätte ich der armen Seele ein Gedicht
über Schimmelspat
vortragen können. Vielleicht, etwas fließender?
Hmmm... Nein, es hörte sich
zwar schön an, aber ich konnte keine astrale Energie
fließen spüren. Vielleicht
mit etwas mehr Nachdruck? Hat sich das Heulen aus der Ruine nicht
verstärkt?
Mit herrischem Tonfall rezitiere ich wiederholt die Formel. Es
hörte sich an
wie die Schimpftirade meines Professors in Literatur, meine Kameraden
sind
sichtlich überrascht, aber der Geist scheint unbeeindruckt.
Nach diversen
weiteren Versuchen spüre ich plötzlich ein Band, das
sich von mir zu der Seele
bindet. Noch einmal, mit etwas mehr Gefühl... Ja, das Heulen
wird leiser und
klingt fast ein wenig verängstigt. Die letzte Geste etwas
weiter ausholen und
noch einmal die Formel gesprochen. Da, das Licht in der Ruine wird
schwächer
und nach wenigen Sekunden verlischt es. Ich hatte es geschafft, die
Seele war
verschwunden ebenso wie ein Großteil der Umstehenden. Hatte
ich so lange
gebraucht? Nun, sei es wie es sei, es war vollbracht.
Am nächsten
Morgen geht die Reise weiter, aber die Stimmung sinkt, da der Weg
beschwerlicher wird. Im Laufe des Tages ergibt sich eine weitere
haarsträubende
Situation. Eines der Pferde scheut plötzlich und steigt hoch,
wobei es seine
Last verliert. Der Mönch, der es führt kann es nicht
halten und bleibt, wie zu
Stein erstarrt stehen. Thorus springt auf ihn zu und will das Pferd
beruhigen,
er greift nach den Zügeln, bekommt sie aber nicht zu fassen,
da das Tier voller
Panik ist und genau in diesem Moment davon stürmt. Auch Rhys
kann die wilde
Flucht nicht beenden, im blinden Sturmlauf der armen
verängstigten Kreatur sind
seine Hände nicht schnell genug, um das Zaumzeug zu greifen.
Schon werden
weitere Pferde unruhig, da erkennen wir den Grund für der
Tiere Ungestüm, eine
Viper liegt im Gras und faucht uns alle an. Thorus erschlägt
sie mit seinem
Schwert, bevor sie noch mehr Ungemach erzeugen kann. Als wir die
restlichen
Packpferde beruhigt haben, ist unser Ausreißer schon
über die Hügelkuppe
geflohen, Rhys immer dicht auf seinen Fersen. Nun, er wird es schon
erreichen.
Wir laden den Proviant auf die verbliebenen Tiere und ziehen weiter,
nach nicht
einer Stunde ist Rhys wieder bei uns und bringt sogar das verlorene
Pferd mit
sich. Nach einigen weiteren Stunden schlagen wir ein Lager auf und
ruhen die
Nacht über.
Der nächste
Morgen bringt uns noch schlechteres Wetter, Nebel liegt über
dem Land wie eine
schlechte Prophezeiung über der Ungewissheit des
nächsten Tages. Je weiter wir
der Straße Richtung Schattenpass folgen, umso kälter
wird es, der Weg steigt
steiler an, Geröll erschwert uns das Vorankommen. Zu unserer
rechten wird die
Schlucht immer tiefer, an ihrem Grund können wir die verwesten
Leichname und
Skelette der unglücklichen Wanderer sehen, die den Weg nicht
zu Ende bringen
konnten, denen das Glück nicht hold und die Götter
nicht gewogen waren. Mögen ihre
Seelen den ewigen Frieden finden. Bald erreichen wir den Eingang zur
Ogerklamm,
aus der es bestialisch nach ranzigem Fett riecht. Bei dem Gedanken an
die
Ursache dieses Geruches sinkt mir der Mut. Ja, unsere ganze
Reisegesellschaft
ist still geworden, keine Lieder erklingen mehr in der Luft, sogar Rhys
hat
seine Flöte weggepackt. Llevandor setzt dieser Gestank aber
schwer zu, er klagt
über Unwohlsein und erbricht auch mehrfach. Um seine Leiden zu
lindern, reiben
wir sein Gesicht mit Seife ein, was ihn nicht glücklich zu
machen scheint, aber
wenigstens ein wenig Farbe in sein Gesicht zurückbringt.
Hüter Emmeran
versichert uns, hier bei seinen mehrfachen Reisen über diesen
Pfad noch nie
einen Oger gesehen zu haben. Möge er Recht behalten, in diesem
Gelände gegen
Oger zu kämpfen wäre ein todbringendes Unterfangen.
Im weiteren Verlauf der
Schlucht erkennen Ruadh und Llevandor mehrere Gestalten oberhalb von
uns. Ein
dunkles Grollen bestätigt unsere schlimmsten
Befürchtungen, diese finsteren
Gesellen stürzen ein Steinlawine auf uns herab!
Angefüllt von Panik stürzt mir
der arkane Ruf eines „Fortifex“ über die
Lippen, aber in diesem zu einem
rauschenden Crescendo anschwellenden Bergrutsch geht der Zauber fehl.
In wilden
Urinstinkten wende ich mich zu einer hastigen Flucht, spüre
aber wie ein
herabstürzender Brocken mich am Bein trifft und zu Boden
wirft. Schlimmer noch,
er reißt mich mit sich auf die Felskante zu. In einem letzten
verzweifelten
Reflex mein Leben zu erhalten kralle ich mich in den Boden, da, meine
Finger
spüren eine Vertiefung an der Kante zur Schlucht. Die wilde
Panik, die mich
erfüllt scheint meine Kräfte zu vervielfachen und
mein Schmerzempfinden
versiegen zu lassen. Ich sehe wie ein großer Brocken meinen
anderen Arm trifft
und ein dumpfes Knacken ist zu hören. Nur einen kurzen Moment
gebe ich mich der
Illusion hin, es könnte der Felsen sein, der dieses
Geräusch von sich gibt. Ein
spitzer Schrei, den ich nie vergessen werde, erklingt nur wenige Spann
neben
meinem Ohr, bevor er in der Tiefe der Schlucht langsam verklingt und im
Rumpeln
der am Grund aufschlagenden Felsen untergeht. Mit der Kraft der
Verzweiflung
kann ich mich über die Kante wieder auf den Pfad ziehen, ich
spüre heiße Tränen
über meine Wangen fließen. Ich weiß nicht
ob sie mehr aus Freude über das
erhaltene Leben oder als Ausfluss der furchtbaren und
ungezügelten Ängste, die
mich noch vor wenigen Momenten erfüllten, zu sehen sind. Ein
Blick an mir herab
löst neues Grauen in mir aus, mein linker Arm baumelt an mir,
als wäre es der
Leib eines Rehs, das man sich nach der Jagd achtlos über die
Schulter geworfen
hat. An der rechten Hand sind keine Fingernägel zu sehen, sie
sind gesplittert
und ausgerissen beim verzweifelten Versuch mich festzuhalten. Mein
Fuß fühlt
sich an als wäre er abgetrennt, selbst die Erkenntnis ihn am
rechten Ort zu
sehen kann dies nicht verhindern, der ganze Leib ist eine Symphonie des
Schmerzes. Staub bedeckt mich und das Atmen fällt schwer. Ich
sinke in die Knie
und schluchze hemmungslos vor mich hin. Meine Kameraden finden mich so
nach
wenigen Momenten, ich klammere mich an sie als hinge mein Leben davon
ab. Als
die Mönche näher kommen habe ich mich so weit
beruhigt, dass ich mich erheben
kann. Die Glaubensbrüder dringen darauf ihren
glücklosen Begleiter aus der Schlucht
zu holen, Hüter Emmeran aber besteht darauf weiterzugehen.
Die Gestalten, die uns diese schrecklichen
Momente bescherten sind natürlich schon von dannen,
mögen die Götter sie auf
ewig verfluchen. Nachdem ich mich notdürftig selbst heile,
ziehen wir weiter
bis zum Abend.
Die Reise führt
uns weiter in noch dichteren Nebel, in dem das Grauen der vergangenen
Stunden
und Tage nur langsam abklingen können. Eine gehetzte Unruhe
macht sich breit,
die sich langsam zu einer ständig wachsenden Paranoia
ausweitet. Hinter jedem
Felsen scheinen grausige Gestalten auf uns zu warten, die feuchte
Kälte des
Dunstes zieht uns das Leben aus dem Leib, wie es nur der Blick oder die
Zähne
eines Vampires können. Plötzlich erheben sich
aufeinander getürmte Steine vom
Boden. Nein, es ist kein furchtbarer Golem, es ist die Ruine einer
alten Hütte.
Da, einige Schritte weiter eine weitere und dort, den Weg entlang noch
weitere.
Hüter Emmerans Stimme hallt durch die watteweiche Stille:
„Wir sind da“. Ja,
wir haben das Tal erreicht und als wir dem Weg ein wenig weiter folgen
erreichen wir ein Zeltlager. Es scheint verlassen, aber aus der Ferne
hören wir
Baulärm. Dies müssen die Behausungen der Bautrupps
sein. Noch ein wenig weiter
erhebt sich der Bergfried wie ein Fels des Glaubens aus dem nebligen
Meer der
Gottlosigkeit. Trotzig reckt er sich empor gen Himmel, die teilweise
zerstörte
Mauer, die ihn umgibt, scheint sich vor seiner Größe
zu ducken. Weder die
rußbedeckte Westseite, noch die Löcher in der
Ostwand können den Eindruck, dass
dieses gewaltige Gebäude noch Jahrhunderte überdauern
könnte, schmälern. Wir
haben es erreicht, das Kloster Arras de Mott.
Wie wir weiter
der Passstrasse folgen, lichtet sich der Nebel ein wenig und uns tut
sich der
Blick das Tal entlang auf. Es ist wirklich eine Prüfung
für den Glauben, kaum
eine Pflanze bedeckt den felsigen, rissigen Boden. Zu beiden Seiten
steigen die
Felswände immer steiler an, bis sie nicht mehr zu erklimmen
schienen. In
einiger Entfernung sehen wir einen scheinbar künstlich
aufgeschütteten Hügel,
der eine seltsam dunkle, fast schon schwarze Farbe hat. Ich frage einen
der
Glaubensbrüder worum es sich dabei handelt, dieser antwortet,
dass dieser Hügel
„Ogerfäule“ genannt wird und aus der Asche
der getöteten Orks besteht, die es
wagten das Kloster zu überrennen. Nach seiner Befreiung hat
man sie dort
zusammengetragen und verbrannt. Wenn ich mich nicht irre, ist dies das
gängige
Bestattungsritual der Orks. Ob es nun Menschlichkeit oder eher
Gedankenlosigkeit war, die dazu führte erschließt
sich mir nicht. Als wir das
Kloster betreten, erzählt mir der Mönch, den ich nach
dem schwarzen Hügel
befragte, ein wenig von dessen Geschichte. Es sei dies das
älteste Kloster des
Ordens und die Gebeine des Ordensgründers und anderer hoher
Glaubensbrüder
seien hier zur letzten Ruhe gelegt. Nun, es scheint sich wahrlich um
einen
einer Walfahrt würdigen Ort zu handeln.
Da bricht es
aus Rhys hervor: “Die Trottel reparieren zuerst den
Tempel!“ Den Göttern sei
Dank, seine abfällige Bemerkung über das mangelnde
Wissen von Strategie geht in
dem Lärm der Baustelle ungehört verloren. Aber er hat
Recht, um den Tempel
herum stehen fast alle Gerüste, nur wenige sind an der Mauer
und dort wird auch
nicht gearbeitet. Nachdem die Mönche uns in die
Gästezimmer führen und wir
einige wenige Minuten zum verschnaufen haben, werden wir
herumgeführt. Als
Llevandor den Kräutergarten erblickt, bricht es aus ihm
hervor: “Hier will ich
ruhen, das ist mir viel lieber als die unangenehmen Zimmer“.
Ich glaube zu
verstehen, direkt unter unseren Zimmern liegt die Brauerei und der
Gärungsgeruch scheint seiner empfindlichen Nase nicht gut zu
tun. Sei es wie es
sei, es wird ihm gestattet, auch wenn es mir in den kühlen,
feuchten Nächten
als deutlich unangenehmer erscheint, als unsere Zimmer.
Nachdem wir unser Gepäck verräumt haben erscheint ein schlaksiger
Mönch namens Tobur, der
uns in die Hausregeln einweiht: Wir
sollen die Klosterregeln achten, nicht lügen, soweit an den
Gottesdiensten und
Andachten teilnehmen. Jegliche Form körperlicher Freuden ist
verboten, singen,
trinken, rauchen, ja sogar Magie. Oh, dies ist das tiefste Mittelalter.
Nun
gut, so werden wir uns für die hoffentlich kurze Zeit unseres
Aufenthalts daran
halten.