Aus dem Tagebuch der Schwertgesellin Nettare
23. Ingerimm 1021 BF
Also Kinder, ich erzähl Euch wieder mal ein bisschen was von
früher – aber nur wenn Du da das Feuer noch etwas
schürst. Und Du schaust das mein Becher nicht zu leer wird.
Ahhhhh, tut gut bei dem Sauwetter. Dieses dauernde Gegraupel am Fenster
kann ja keiner ertragen! Am allerwenigsten eine alte Tante wie ich!
Also, wo waren wir? Ach ja. Wir hatten uns also zu den Kameraden aus
dem Zug der Edlen zurückgezogen um ein wenig Luft zu holen.
Zug der Edlen! HA! So edel sah von uns keiner mehr aus! Praktisch jeder
hatte irgendeinen Verband und jeder hatte heute schon mehrfach Golgaris
Atem gespürt. Aber nichts desto trotz standen alle fest, mit
stählernem Herzen und frohen Mutes und warteten auf ihren
nächsten Einsatz.
Jedenfalls, wir hatten uns kaum ’ne halbe Stunde ausgeruht,
da bewiesen die Thargunitotschleimer das sie nicht nur Genies in ihrer
Heerführung hatten.
Die Kameraden aus dem Süden da unten – diese
fantastischen Reiter von denen ich erzählt habe, also die
haben so ordentlich unter dem Gegner aufgeräumt, dass die sich
zur heillosen Flucht wendeten. Schon stimmten einige Jubelgeschrei an
– da donnerten von der anderen Seite weitere Reiter heran.
Schien die letzte geordnete Equipe des Feindes zu sein. Die paar
Dutzend Answinisten hätten bei uns keinem große
Sorge bereitet, das hätten die Hadjinim bestimmt auch noch
gepackt. Aber in ihrer Mitte hatte diese feige Horde wieder diese
komischen Dämonenreiter. Hatte ich ja schon erwähnt.
Die so genanten Reiter des Widharcal, diese dämonische Brut
die aus wahnsinnigen Rittern mithilfe der verderbten Elemente schier
unüberwindliche Reiterkämpfer machte! Alle vier
Elemente waren wieder da! Feuer, Erz, Luft und Erde! Und wieder waren
es jeweils zwei davon!
Schnell ließ irgendeiner der Offiziere einige Einheiten
Pikeniere und Speerträger vor der Mauer aufmarschieren. Dort
sollten sie einerseits die zurückweichenden Hadjinim
auffangen, anderseits den Kavallerieangriff stoppen. Dafür
sind diese langen Dinger schließlich erfunden worden! Also
stellten sich unsere Jungs soweit vor der Mauer auf, dass die Reiter
hinter ihnen noch Manövrieren konnten und der Gegner noch gut
in Reichweite unserer Schützen wäre.
Gleichzeitig ließ Leomar vom Berg die Nordweidener Reiter
aufsitzen und schickte sie durch die Mauer.
Der Feind hatte inzwischen, die Novadis vor sich her treibend, fast
unsere Auffanglinie erreicht. Als er nun unsere prächtige
Reiterei auf ihren stolzen Rössern durch die Mauer preschen
sah, zeigte er seine ganze Feigheit und Niedertracht!
Zwischen den Reitern verteilt, entfaltete er fünf riesige
Standarten. Und plötzlich brach das reine Chaos in unseren
Reihen aus! Pferde scheuten! Leute warfen ihre Waffen weg und rannten
einfach davon! Andere kauerten sich auf dem Boden zusammen und fingen
an zu weinen. Manche sogar fingen an, vor Angst schreiend, auf ihre
Kameraden und Freunde einzuschlagen um möglichst schnell weg
zu kommen!
Ich muss gestehen, dass auch ich mich hinter die Mauerkrone geduckt
habe! Mir klopfte das Herz bis zum Hals, ich zitterte regelrecht vor
Angst. Vielen anderen erging es ähnlich.
Da rief Cordovan irgendwas von einem schwarzmagischen
Beherrschungszauber „Panik über Euch“ oder
so was.
Die paar Magiebegabten auf der Mauerkrone fanden sich zu zwei
Grüppchen zusammen und zwei gewaltige Flammenstrahlen schossen
auf die Panikbanner zu. Zwei dieser Teile gingen sofort in Flammen auf
und begruben in brennender Gerechtigkeit ihre feigen Träger
unter sich!
Als eine Gruppe jedoch einen weiteren, schwächeren Feuersturm
losschickte, leuchtete eine Kuppel um die Standarte auf und das Feuer
floss daran herunter.
Einige Zeit herrschte mächtig Verwirrung! Vor der Mauer
konnten sich die Truppen teilweise um diejenigen sammeln, die den
Standarten genug Widerstand entgegen brachten. Aber eine ordentliche
Schlachtreihe gab das nicht. So konnten die feindlichen Reiter nahezu
unbehindert unter unseren Freunden wüten! War ein
schrecklicher Anblick.
Irgendwie hatten das die Leute auf dem Feldherrenhügel
mitbekommen. Eine Gruppe Reiter fegte von dort heran und wenig
später standen SIE auf der Mauer! Die Gezeichneten! Jedenfalls
ein paar von Ihnen.
Ich muss schon sagen – das war ein erhebendes
Gefühl! Auf den ersten Blick sahen die ganz normal aus. Aber
irgendwie hatten die alle eine Aura um sich – so was
mächtiges, finster Entschlossenes. So als würden sie
sich am liebsten direkt von der Mauer in den Gegner werfen und jeden
einzelnen mit bloßen Händen abmurksen, nur um
endlich dem Ganzen ein Ende zu setzen. Der eine mit der
weißen Kappe, DeLinth hieß der, hat so
böse und wütend geguckt als er sich wieder von der
Schlacht abwendete, dass ein paar von den Soldaten zwei, drei Schritte
zurückgewichen sind und die hübsche Braunhaarige ihm
beschwichtigend den Arm auf die Schulter legte und beruhigend auf ihn
einreden musste.
Dann flüsterten die zwei mit dem Turbanträger und dem
singenden Dieb ein wenig. Dann drehte sich die Halbelfe um und rief:
„BOGENSCHÜTZEN! DIE ZWEI BESTEN! HIERHER!
JETZT!!!“ – und Kinder, ich kann euch sagen, das
halte über das ganze Heer! Ich glaube das konnte man noch bis
Wehrheim hören!
Und der Dieb, der Lowanger, der rief auch – aber
natürlich viel leiser. „Wir brauchen Freiwillige!
Berittene. Drei Gruppen mit je sechs Mann!“
Ich brauch Euch ja wohl nicht zu erklären, dass wir Sechse uns
sofort gemeldet haben! Sind sofort vorgetreten.
Die zwei Magier hatten inzwischen angefangen Geld aus ihren Beuteln
abzuzählen. Lauter Silbermünzen. Der Tulamide
jammerte dabei dauernd rum, dass das doch viel zu ungeeignet sei und
viel zu teuer!
Auf das kurze, trockene „Bessere Idee?!“ DeLinths
blitze sein rotes Auge auf und ihm geradezu herausfordernd ins Gesicht
guckend, zischte er zwischen den Zähnen hervor
„Nein!“
Dann rief der Turbanträger „Ich, Archomagus Torben
Ibn Abdul, ersuche um die Hilfe der Collegae! Wir benötigen
Eure Kraft und jemanden der den IGNISPHAERO CANTUS sehr gut
beherrscht!“
Und da hat man mal wieder den Unterschied zwischen diesen
Schriftrollenjongleuren und uns Kämpfern gesehen.
Während wir inzwischen drei Gruppen beisammen hatten die sich
zur Verfügung stellten, dauerte es bei den Herren und Damen
Zauberern deutlich länger bis ein paar zerdrückte
Gestalten bereit standen. Vielleicht daher die Ähnlichkeit in
den Worten Zauberer und Zauderer, ist ja auch nur ein Buchstabe! Hihi.
Cordovan wollte auch helfen, aber der Kappenträger hat ihn
abgelehnt – „Da Ihr mitreitet, Eure
Spektabilität (das kam irgendwie ein wenig spöttisch
rüber), werdet Ihr Eure Kraft dort draußen
brauchen!“
Inzwischen kamen auch die zwei Bogner an. Die eine war die
berühmte Dana Horger von den Trollpforter
Scharfschützen, das andere ein Elf mit lange wehendem
grünen Haar. „Llevandor Schattensucher! Zur
Stelle!“ und grüßte militärisch
– oder was er wohl dafür hielt. Falsche Hand, dabei
auf seinen Bogen gestützt und irgendwie verwirrt guckend.
„Ah, Llevandor!“ mit freudigem Gesicht trat die
Gezeichnete, Firunja, zu dem Grünhaar. Dann unterhielten sie
sich in diesem komischen Gesinge das die Spitzohren für
Sprache halten, dabei mehrmals auf den Bogen zeigend.
Dann meldete sich wieder ihre Spektabilität Torben Ibn Abdul
zu Wort:
„Der Plan geht wie folgt. Wir werden drei Pfeile als Pfeile
der Luft präparieren! Diese werden dann jeweils mit einem
EINFLUSS BANNEN und einem BRENNE TOTER STOFF in Drachenfeuervariante
belegt. Also nix wie weg wenn das losgeht!
Die schießt ihr auf die Banner! Das müsste soviel
von dem nichtmagischen Material verbrennen das die Teile unbrauchbar
werden. Der Rest ist dann eh zu heiß zum anfassen.
Um die GARDIANUM – Kuppeln vorher zu knacken erhaltet ihr
drei weitere Pfeile. Die sind mit absurd aufgepumpten IGNISPHAERO
belegt. Da solltet Ihr auch nicht all zu dicht dran sein!
Um die drei Schützen nahe genug heran zu bekommen, seit Ihr
da!“ Dabei zeigte er auf uns und die anderen zwei
Freiwilligengruppen.
„Ihr erhaltet jeder ein kleines Artefakt das mein Freund
DeLinth mit einem GARDIANUM belegt. Das schützt euch
einerseits vor der Wirkung der Standarten und anderseits vor magischen
Angriffen, auch solche durch Dämonen. Ihr bringt also die
Schützen hin und wieder zurück! Alles klar? Los
geht’s“
Die Magier hatten inzwischen Kreise gebildet die sich
berührten. Je einer davon bei Ihrer Spektabilität
Torben Ibn Abdul, DeLinth und zwei Magier die von dieser
Drachenkonzielsakademie kamen. Die musste ganz toll mit Feuer umgehen
können, denn sie ließen sich eine große
Feuerschale hinterher schleppen in denen ein ordentliches Feuerchen
brannte.
Dann fingen die an zu zaubern. Cordovan bekam ganz große
Augen! Rotauge ließ nach jedem Herzschlag eine Münze
in die Hände von Weißkäppchen fallen und
dieser ließ genauso schnell das Teil in ein Säckchen
fallen das auf dem Boden Stand. „Die machen Artefakte im
Sekundentakt! Der verbraucht mehr Energie pro Teil als ich
überhaupt zur Verfügung habe! Das kann nicht
sein!“ Das schien die Firunja gehört zu haben. Den
sie flüsterte „Soweit ich das verstanden habe
bescheißen die beiden dabei. Die verbrauchen anscheinend
maximal die Hälfte der üblichen Energie“
„Aber die Geschwindigkeit?! Jedes GARDIANUM –
Artefakt alleine müsste schon einige Minuten
dauern!“ – „Ich sag doch die
bescheißen irgendwie. Spätestens seit Armant die
Kappe von Rohal bekommen hat, hat er für keinen Spruch
länger als eine Sekunde gebraucht wenn’s unbedingt
sein musste.“ Grinsend und Cordovan zublinzelnd trat sie dann
zu Llevandor und der Horger.
Unser guter Cordovan brummte noch eine Weile vor sich hin und
beobachtete die zwei ganz genau. Dann schüttelte er den Kopf
und drehte sich mit einem gemurmelten „Unnatürlich!
Schwarzmagisches Gemauschel“ von den Zauberern weg.
Inzwischen hatte der Llevandor drei Pfeile irgendwie besungen und an
den Feuermagier weitergegeben. Als der letzte Pfeil und die letzte
Münze fertig waren, brachen die meisten Magier zusammen! Dabei
hatten die doch nur Händchen gehalten! Das gemütliche
Feuerchen in der Schale war auch erloschen.
Die Feuermagus und die zwei Gezeichneten wischten sich Blut von den
Nasen und an den Augen weg. Wie das passiert ist hab’ ich
nicht mitgekriegt.
Dann drückte DeLinth den Beutel mit den Silbermünzen
Salix Lowanger in die Hand. „Verteil das mal. Und wehe ich
finde nachher eine davon bei Dir!“
Grinsend und mit einem „Schon gut! Schon gut!“ nahm
der Diebesbarde den Beutel und drückte jedem von uns eine
Münze in die Hand.
„Steckt Euch die Münze irgendwo hin wo sie mit dem
Körper Kontakt hat. Wenn es soweit ist ruft Ihr einfach ARMIDA
und wünscht Euch geschützt zu sein! Viel
Glück! BORON und HESINDE werden ihre Hände
über euch halten!“
„Ääää und
natürlich vor allem RONDRA!“
Dann schwangen wir uns auf die Pferde. Zu unserer Gruppe
gehörte die Horger.
Mit dem Bogen soll die ja regelrecht zaubern können
– aber reiten? Na gut, sie konnte sich da ganz gut drauf
halten, aber kompliziert durfte es wohl nicht werden.
Wir drei Gruppen also aufgesessen und durch das Tor! Hinter dem Tor
trennten wir uns wie besprochen. Wir nahmen uns das Banner in der Mitte
vor und hatten den kürzesten Weg. Dafür wohl den
dichtesten Knäuel an Gegnern zwischen uns und dem Banner.
Dafür mussten sich die anderen unter Umständen mit
den Dämonenreitern rumschlagen.
Wir also durch unsere Reihen durch und mit unserem Kampfschrei
„EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN“
direkt druff! Das hat irgendwie auf unsere Jungs gewirkt. Hinter uns
wurde der Ruf aufgenommen und zwei oder drei Haufen von
Spießträgern und Schwertschwingern brach hinter uns
in die Reihen des Gegners. Das geschah mit solcher Wucht und einem
Enthusiasmus, das wir innerhalb weniger Herzschläge gut ein
Drittel der Strecke hinter uns hatten bevor wir das erste Mal ernsthaft
Widerstand fanden.
Dann wurde es ein hässliches Gemetzel. Ihr könnt Euch
vorstellen wie das abging. Hauen und stechen nach allen Seiten, dabei
immer darauf achten, dass die Horger nix abbekam. Was die Dame uns
nicht leicht machte. Sie schien irgendwie vergessen zu haben, dass sie
eigentlich etwas zurück bleiben sollte. Jedenfalls haute die
genau zwischen Eduardo und Albin um sich, dass es eine wahre Pracht
war. Cordovan hielt sich dicht hinter ihr und fluchte vor sich hin. Nur
ab und an von einem „BLITZ DICH FIND“ unterbrochen,
wenn wieder ein Gegner zu Nahe an die Dame ran kam.
Plötzlich wichen die Spießer zurück
– und auch ich bekam ein flaues Gefühl im Magen. Da
rief Cordovan „Das Artefakt! Jetzt! JETZT!“
Artefakt? Was für ein Artefakt meinte er? Ich wollte hier doch
nur noch weg! Da murmelte Eduardo neben mir ängstlich
„Armida?“ und dann plötzlich
„HA! WARTET IHR FEIGEN BURSCHEN!“ und
stürmte vor!
Da erinnerte auch ich mich! Die Münze umklammernd schrie ich
„ARMIDA!“ so laut ich konnte – und die
Angst war weg! Ohh, diese miesen, Dämonenbrühe
schlabbernden Speichellecker sollten büssen! Links und rechts
von mir ertönte es auch „Armida“ und
geschlossen stießen wir weiter vor!
Plötzlich teilte sich vor uns die Menge des Gegners und eine
Gestalt in finsterer Kutte mit Peitsche und Schwert kam auf uns zu!
„Ein Heshtot! Der ist mir!“ rief Cordovan und
stürzte vor. Sein Rapier ziehend rief auch er nun
„Armida!“ Er schien den Schutz bisher nicht
benötigt zu haben! Mutig trat er diesem Dämon
entgegen – und stolperte! Sofort ließ diese Kreatur
der Niederhöllen ihre Peitsche auf den Wehrlosen
niederknallen! Schon zuckte Cordovan zusammen – da richtete
er sich wieder auf und kalt lächelnd stieß er dem
Dämon sein Rapier in den Leib. Dieser heulte daraufhin auf und
schwang voller Wut Schwert und Peitsche gleichzeitig. Das Schwert
konnte unser Magus parieren – doch die Peitsche wickelte sich
um seinen Leib! Da schien sein ganzer Körper kurz in
bleichweißem Licht aufzuleuchten! Der Treffer schien Cordovan
nichts aus zu machen! Daraufhin ignorierte er die Waffen des
Dämon ganz – und nach drei, vier weiteren Hieben
viel die Kutte in sich zusammen und Schwert und Peitsche
lösten sich auf.
Für die paar Sekunden die dieser Kampf gedauert hatte, hatten
alle rundherum kurz inne gehalten – die einen weil sie von
Cordovans Mut beeindruckt waren, die anderen weil sie sehen wollten wie
ein Magier von ihrem Dämon zerfleischt wurde!
Doch nun waren wir im Vorteil! Dass unser Margus ohne jeden
Zauberspruch und in Sekundenschnelle ihren dämonischen Krieger
mir-nichts-dir-nichts in seine Niederhölle zurück
geschickt hatte, schien sie ein wenig zu demoralisieren. Mit neuem
Schwung drangen wir in die zurückweichenden Gegner!
Irgendwann rief die Horger „Nah genug!“ und mit
diesem Ruf ließ sie den ersten Pfeil fliegen. In hohem Bogen
stieg dieser in den Himmel, stellte sich auf die Spitze – und
fiel exakt auf das vom Feind hochgereckte Panikbanner!
Drei Schritt über dem Banner schien der Pfeil einen Moment
still zu stehen. Ein gewaltiger Glutball breitete sich aus, und
detonierte an einer plötzlich sichtbaren, blau knisternden
Kuppel. Dann plötzlich brach die Schutzkuppel in sich zusammen
und der Feuerball brandete zu Boden! „Hui! Der war gewaltig!
Einen so starken IGNISPHAERO bekäme ich nicht hin!“
lobte Cordovan neben mir erstaunt.
Das Banner schwankte kurz und schmerzliches Geschrei erklang von den
Stellen wo das magische Feuer Opfer gefunden hatte.
Dana Horger hatte sich davon nicht beeindrucken lassen! Als sie sah,
dass der Schutz erloschen war, schoss sie den zweiten Pfeil ab. Dieser
sauste schnurstracks in das Banner und blieb dort hängen.
Dann ging eine rote Sonne auf!
Das Banner verschwand in einer roten Flammenkugel. Die breitete sich
aus, wurde zu einem rasend um sich greifenden Teppich aus
tödlicher, alles vernichtender Hitze! Und weiter dehnte sich
diese Flammenhölle aus und weiter! Fast schienen Flammenarme
nach einzelnen Kämpfern und vor allem Magiern zu greifen! Und
weiter brannte das tödliche Flammenmeer!
„Weg!“ rief Cordovan! „Weg! Die
Wahnsinnigen haben da nicht nur zwei Sprüche drauf –
da ist mindestens ein Dschinn drin! Vielleicht sogar ein Meister der
Elmente! Wer weiß wann der in seiner Wut auf alles
Dämonische genug hat! REITET!“
Und seinen eigenen Gaul herumreisend, sprengte er mitten in die
verdutzten Feinde die uns den Weg versperrten.
Als hätte er damit ein Startsignal gegeben setzte eine
allgemeine Flucht ein! Alle trieben ihre Pferde wie besessen an. Und
hinter uns wurde es weiter heißer und heißer!
Ich ritt bestimmt ein dutzend Pferdelängen bevor ich merkte,
dass der Typ neben mir ein ebenso panisch flüchtender Feind
war. Mein Rapier war einen kurzen Moment schneller und stach ihn vom
Pferd. Sofort verschwand er unter den Hufen und
Füßen seiner Kameraden.
Das war ein wilder Ritt! Alle flüchteten so schnell sie
konnten. Dabei stachen und hieben sie auf die jeweilige Gegenpartei ein
so gut es ging.
Nach ein paar Sekunden hatte sich das Ganze soweit auseinander gezogen,
dass wir sieben als Einheit dahinpreschten, dabei unabsichtlich
eine Horde von etwa einem Dutzend Reiter vor uns her treibend.
Das hatte jedoch bald ein Ende – sie trafen nämlich
auf unsere Pikeniere die in diesem Abschnitt wieder eine geschlossene
Linie gebildet hatten. Schnell halfen wir den Feind nieder zu hauen.
Dann sammelten wir uns hinter den unseren und sahen uns um.
Wir waren die ersten gewesen die ihre Mission erfolgreich abgeschlossen
hatten! Hinter uns brannte und loderte es in den Reihen des Gegners.
Unvermittelt erhob sich aus dem Flammenmeer ein riesenhafter
menschenähnlicher Oberkörper aus den Flammen,
schickte noch mal brüllend eine Flammenwand gegen den Feind
– und brach in sich zusammen.
Danach verlosch auch das Flammenmeer ziemlich schnell. Doch wir hatten
offensichtlich das Ziel erreicht. Das Banner erhob sich nicht wieder.
Wir hatten auch alle den Weg zurück gefunden und das Ganze
auch noch ohne größere Verletzungen! Die
Götter mussten wahrlich an unserer Seite geritten sein!
Auf der linken Seite schien jetzt auch Llevandor zum Zuge zu kommen. Er
war deutlich weiter entfernt von seinem Ziel als wir es gewesen waren.
Anscheinend kamen sie nicht an den widharcal’schen Reitern
des Feuers und der Luft vorbei.
Jedenfalls konnten wir sehen das Llevandor auf dem Rücken
seines Pferdes stand, anlegte und den ersten Pfeil in direkter Linie
abschoss. Das Ergebnis war noch verheerender als bei unserem ersten
Pfeil. Da er praktisch in Kopfhöhe einschlug, wurden sogleich
mehrere Leute von der Flammenkugel erfasst, die die Gardianiumkuppel
zum Zusammenbruch brachte. Darauf reagierten die Feuerreiter und zogen
sich zum Panikbanner hin zurück. Jedoch nicht schnell genug
– den der zweite Pfeil flog schon. Doch hier griffen die zwei
Reiter der Luft ein! Ein Staubwirbel erhob sich und schien nach dem
Pfeil zu greifen. Doch dieser schoss unbeschadet aus dem Wirbel hervor
traf genauso wie der Dana Horgers genau die Mitte des Banners. Und auch
hier brach ein Inferno aus. Rasend schnell breitete sich das Feuer aus
– und stoppte plötzlich!
Die beiden Widharcalreiter des Feuers warfen sich dem Elemntaren
Meister entgegen – und auch die zwei Reiter der Luft griffen
ein.
Das toben der Flammen war furchtbar! Der Meister des Feuers schien sich
insbesondere auf seine beiden Widerparte zu konzentrieren. Nur wenige
Sekunden wogte der Kampf – doch auch hier war das Ziel
erreicht. Das Banner blieb verschwunden – und mit ihm beide
Reiter des Feuers! Laut Cordovan gab es praktisch nichts womit man
einen Elementar mehr erzürnen konnte als mit seinem
dämonisch pervertiertem Widerpart!
Auf der rechten Seite bot sich ein ähnliches Schauspiel. Hier
schien es jedoch Firunja irgendwie gelungen zu sein sich die
Unterstützung der Hadjinim und einiger Hände
Pikeniere zu sichern.
Hier bildete sich nämlich ein dichter Knäuel aus
Leibern um das Panikbanner – und mitten drin die vier Reiter
des Humus und des Erzes! Diese kamen praktisch nicht zum Zuge, da sie
zwischen ihren eigenen Leuten eingeklemmt waren. Um sich Platz zu
schaffen schlugen sie auf die eigenen Kämpfer ein.
Da schoss der erste Pfeil davon – und auch hier fanden sich
die ersten Opfer. Der Zweite!
Und wieder entfaltete sich ein Pandämonium aus Feuer! Kinder
– ich sag Euch eins: Nie wieder will ich einen Schluck Wein
trinken wenn das nicht die reinste Hölle war! Hatten schon
unser Pfeil und der Llevandors unter den Gegnern gewütet
– das war dagegen das reinste Schlachthaus. Die sich zur
Flucht wendenden Borbaradianer konnten nicht an den Pikenieren und
Hadjinim vorbei! Die hinteren erschlugen die vor ihnen stehenden um von
der Flammenhölle weg zu kommen; die vordersten
drängten zurück da sie sich den wütenden
Angriffen unserer Leute gegenüber sahen. Dann richtete sich
der Elemntar zu seiner vollen Größe auf! Hoch empor
reckte er seine zwei Arme. Und in jeder dieser Hände zappelte
einer der dämonischen Reiter! Wie die schrieen! Fast wollte
mich Mitleid überkommen!
Wie brennendes Gezweig regneten Stücke der beiden
pervertierten Humusritter aus den Fäusten des lachenden Herrn
des Feuers.
Als diese endlich zu Asche verbrannt waren, ließ sich dieser
Feuerkoloss einfach fallen. Fast sah es aus als würde er in
sich zusammenstürzen. Dadurch breitete sich eine wahre
Feuerwalze in alle Richtungen aus.
Vor dieser mussten nun auch unsere tapferen Kämpfer
zurückweichen. Jedoch flohen sie unter Firunja
Schneelöwes Führung nicht kopflos zu Mauer
zurück. Nein, sie traten einen geordneten Rückzug an
und überantworteten so nochmals viele Gegner der Feuerwalze.
Nachdem sich diese gelegt hatte geschah das Unglaubliche! Zwei Reiter
kamen aus den Rauchwolken hervor! Die beiden Reiter des Erzes hatten
den verheerenden Feuersturm überstanden! In hellstem Orange
glühend stolperten sie fast Schritt für Schritt
jedoch unaufhaltsam durch die schwelende Glut!
Doch da hob Frau Schneelöwe ihre Arme über den Kopf,
einen Ihrer Pfeile präsentierend und rief mit wiederum weithin
hallender Stimme:
„WEISSER JÄGER! VATER DER HERRIN IFIRN!
ERHÖHRE DAS FLEHEN DER DEMÜTIGEN DIENERIN
DEINER TOCHTER! SCHENKE MIR DEINE GABE UND LASS MICH DIESE FEINDE
ALVERANS ERLEGEN! ALTER VOM BERGE SCHENKE MIR EINEN PFEIL DEINES
HEILIGEN MIKAIL!“
Da fegte ein eiskalter Windstoß über die Ebene und
der Pfeil in ihren Händen überzog sich mit Eis! Den
Eiszapfen – denn in diesen hatte sich der Pfeil verwandelt
– auf die Sehne legend, schien sie noch etwas vor sich hin zu
murmeln. Dann ließ sie den vom eisigen Jäger
gesegneten Pfeil fahren. Und unaufhaltsam schoss dieser auf den linken
Reiter zu. Dessen Abwehrbewegung kam viel zu langsam – und
das Geschoss bohrte sich tief in die Brust der glühenden
Kreatur.
Augenblicklich blieb er stehen. Schwärze breitete sich auf
seiner glühenden Oberfläche aus als das
göttliche Eis das elementare Feuer bekämpfte. Die
sich ausbreitende Schwärze wurde unmittelbar vom Eise Firuns
gefolgt. Erstarrt stand er da. Ein schwarzes, von glitzerndem Eis
überzogenes Mahnmal des Frevels.
Da schien er zu zittern. Erst ganz leicht und dann immer
stärker und stärker! Risse bildeten sich im Eis!
Diese widerwärtige Blasphemie schien tatsächlich der
göttlichen Strafe FIRuns widerstehen zu wollen!!
Mit einem ohrenbetäubenden Knall zerplatze das Eis! Doch was
war das? Da explodierte nicht nur das Eis – nein die ganze
unheilige Kreatur zersprang in Tausend Stücke! So gewaltig war
die Explosion, dass der zweite, immer noch glühende Reiter des
Widharcal zur Seite geschleudert wurde und liegen blieb!
Laut „Für IFIrn! Für die ZWÖLFE!
Für das Leben!“ rufend umfasste die entfesselte
Geweihte ihren Speer und sprengte auf den sich wieder bewegenden Reiter
zu. Von soviel Kampfgeist und Mut angestachelt folgten ihr viele Reiter
und auch Pikeniere.
Das glühende Monster versuchte sich noch zu wehren. Doch war
es wohl durch das wütende Element und die Explosion seines
verdammten Kumpanen so geschwächt, dass er dem Ansturm kaum
etwas entgegen zu setzen hatte! Schon nach kurzem Kampf erhob sich
Jubel und unsere tapferen Kameraden reihten sich wieder in die
reguläre Kampflinie ein.
Firunja Schneelöwe und Llevandor verschwanden durch das Tor in
der Mauer. Und auch Dana Horger verabschiedete sich von uns.
„Ich muss sehen, dass meine Jungs keinen Blödsinn
machen ohne mich. War mir eine Ehre!“ rief sie uns zu. Tja,
danach hab’ ich sie nicht wieder gesehen.
Die drei mächtigen Explosionen hatten alle so sehr
erschüttert das für wenige Minuten so etwas wie Ruhe
auf dem Schlachtfeld.
Dies nutzte Leomar vom Berg und organisierte die verbliebenen
Reitereinheiten der Weidener und Hadjinim. Verstärkt wurden
sie von uns und einigen anderen Reitern aus dem Zug der Edlen.
Dann ging es wieder los – noch galt es den beiden Reitern der
Luft Herr zu werden! Wir stürmten regelrecht auf die sich
wieder gruppierenden Einheiten der von Borbarad Verführten ein.
Wie die gerechte Rache RONdras selbst fielen wir über sie her.
Doch jeder der sich den beiden blasphemischen Kreaturen
näherte wurde niedergemacht, von Sturmböen gegen die
seinen geschleudert oder vom Pferde gerissen. Diese zwei waren
tatsächlich schnell wie ein Herbststurm!
Als uns wiederum einer der beiden vor der Nase verschwand rief Fran
verärgert Cordovan zu: „Was ist das? Was kann man
gegen die tun? Irgendwas muss doch auch denen wehtun?!“
„Ja Erz! Erz und Fels sind das Gegenelement zu Luft. Pack sie
in genug davon ein und es hat sich mit ihrer Beweglichkeit. Aber das
ist nicht mein Ding. Ich kann nicht gut mit Elementen.“ Er
schien regelrecht frustriert hier so wenig ausrichten zu
können.
Da meldete sich einer der Weidener Ritter zu Wort. Sein Visier hebend
drehte er sich zu seinen Kameraden: „Habt Ihr gehört
Freunde? Erz!“ dabei klopfte er sich mit seinem
Panzerhandschuh auf die Brustplatte. „Es scheint dass da wo
die Zauberer versagen doch wieder guter stabiler Stahl ran muss!
Kommt!“ Und sein Ross wendend, zog er sich mit einigen seiner
Ritterkameraden zurück!
Seltsame Leute, die aus Weiden. Erst Sprüche klopfen und dann
den Schwanz einkneifen!
Viel Zeit blieb mir jedoch nicht mich um diese Feiglinge zu
kümmern! Denn schon waren diese zwei Irrwische wieder heran
und führten ihre Leute in den Kampf. Diesmal schienen sie eine
Entscheidung herbeizwingen zu wollen.
Heftiger und heftiger bedrängten sie unseren Abschnitt. Und
als sie merkten, dass sie mit unserem Prinzen Thiolan einen
hochrangigen Anführer vor sich hatten waren sie wie besessen.
Und natürlich zogen sie ihre Leute mit.
Ich kann euch sagen Kinder, das war teilweise so eng – das
war Messerarbeit! Wenn wir sechse uns nicht hätten blind
aufeinander verlassen können – da
wär’s aus gewesen mit Eurer alten Tante!
Und dann fing plötzlich der Boden an zu beben! Wollten die nun
auch noch den Grund selbst als Waffe benutzen?
Aber halt! Das Beben kam von hinter uns! Lauter und lauter wurde das!
Geschrei erhob sich hinter uns. Schon wollte ich über die
Schulter schauen – da hatte ich plötzlich einen
dieser Sturmreiter vor mir! Hassverzerrt das kaum noch
menschenähnliche Gesicht, wütete er vor mir unter den
Kameraden! So schnell war er, dass er drei- oder viermal zuschlagen
konnte, während unsereins auch nur einmal den Arm hoch bekam!
Eben hatte ich mit mehr Glück als Können einen Hieb
abgewehrt, da fuhr der Luftikus vor mir zur Seite, da es einem der
unseren gelungen war dicht an ihn heran zu kommen und ihm seinen
Säbel zwischen die Rippen zu stoßen.
Da riss mich Eduardo unvermittelt zur Seite und brüllte
„Weg! Weg!“ Dem Zug folgend stolperte ich zur Seite
– doch nicht schnell genug! Etwas traf mich mit der Wucht
eines Katapultes in den Rücken und schleuderte mich zu Boden.
Dann war da ein mächtiges Geschrei von Leuten und Pferden. Ein
irrsinniges Getöse von Metall und seltsam hohl klingendes
Schmerz- und Wutgeheul. Wie wenn der Wintersturm durch die Esse pfeift.
Mich herumwälzend konnte ich gerade noch zur Seite rollen, als
die Hufe eines Schlachtrosses an meinem Kopf vorbeidonnerten. Und
wieder metallisches Geschepper und Geschrei!
Eduardo zog mich hoch – und da konnte ich das Ganze endlich
erkennen!
Da wo eben noch der Luftreiter getobt hatte lag ein Haufen
Rüstungen! Und die Rüstungen bewegten sich und hieben
auf irgendetwas unter ihnen ein. Drum rum standen wohl ein Dutzend
Weidener Ritter. Nur in Gambeson und wattierter Kappe und hieben und
stachen mit aller Macht in diesen Haufen hinein. Ohne
Rücksicht wen oder was sie dabei trafen! Sofort griffen wir
wieder in das Geschehen ein und trieben diejenigen zurück die
sich auf die nun ziemlich ungeschützten Ritter werfen wollten.
Ein regelrechtes Gemetzel war das!
Ich weiß nicht wie lange das Ganze gedauert hat. In einem
Moment durchbohrte ich noch eine Gestalt, die mit schreckgeweiteten
Augen vor mir aufgetaucht war – im nächsten
Augenblick standen wir ohne Gegner da.
Wir zogen uns an die Mauer zurück. Die beiden Windreiter des
Widharcal waren tot! Nun erfuhr ich auch endlich was da passiert war:
Die Ritter hatten sich nicht feige zurück gezogen –
nein derjenige der die Sprüche geklopft hatte, hatte doch
tatsächlich mal einen außergewöhnlich
kreativen Gedanken für eine Blechdose.
Fast dreißig der Ritter hatten sich hinter die Linien
zurückgezogen. Dann hatten sie sich ihrer Rüstungen
entledigt. Sechse von ihnen hatten soviel an Rüstzeug
angeschnallt bekommen wie irgend möglich. Dann hatte man ihnen
Dolche in die Hände gebunden. Die restlichen
Rüstungen wurden zu zwei großen Bündeln
zusammengeschnallt – und zwar so, dass sie eine Art Decke
oder Haube bildeten.
Dann waren die Ritter ohne Rüstung wieder aufgestiegen je zwei
hatten entweder einen der in Stahl eingepackten oder eine
„Haube“ zwischen sich genommen – und
gewartet.
In Punkto Schnelligkeit konnten sie es keinesfalls mit den beiden
Dämonenreitern aufnehmen. Also mussten sie warten bis die zwei
so beschäftigt waren das sie rankamen. Das war geschehen als
sie unseren Prinzen bestürmten!
Dann waren sie losgaloppiert. Im Sturmangriff wie bei einem
Lanzenturnier donnerten sie in die Reihen. Da sie den Gegner nicht
warnen wollten konnten sie das natürlich auch nicht
für die eigenen Leute tun. So waren also jeweils zwei
vorausgeprescht und hatten den Weg für die
„Lastentransporte“ frei gemäht.
Als sie nahe genug dran waren, stürmten sie einfach links und
rechts an den Sturmreitern vorbei, diesen unter den zwischen ihnen
hängenden Rittern begrabend.
Den Rest hatte ich ja kurz gesehen. Je drei der überpanzerten
Ritter waren auf einen der Sturmreiter Windharcals geworfen worden. Die
„Panzerhauben“ aus den restlichen
Rüstungen darüber. Dann hatten die ungepanzerten
Ritter solange auf den Haufen eingeschlagen bis sich nichts mehr
bewegte – und zur Sicherheit noch ein bisschen
länger. Dann hatten sie die Metallklumpen weggezogen und
solange auf die beiden Windreiter eingedroschen bis von diesen nichts
mehr übrig war.
Tja Kinder – das ist wahrer Heldenmut! Mein
Sprücheklopfer war natürlich der erste den sie als
lebende Waffe benutzt hatten!
So! Jetzt brauch ich erstmal eine Pause! Dann erzähl ich euch
wie wir die größte Schlange Aventuriens erlegt haben
– die Steinerne Schlange von Paavi!
Gieß mir noch mal einen ordentlichen Schluck ein mein Jung!
So, danke. Also das war schon ziemlich heftig gewesen – und
´ne Menge guter Leute ist da liegen geblieben.
Die Reiterei ging dann erstmal zurück hinter die Mauer. Die
Leute die sich trotz Verletzungen noch selber bewegen konnten, wurden
dann in die Etappe geschickt. Dort bekamen wir was zu Essen und
verdünnten Wein. VERDÜNNTEN WEIN! Stellt euch das mal
vor! Da hätte es fast eine Meuterei unter uns Horasiern
gegeben! Aber dann hat uns jemand erzählt, dass nur die
Kameraden den richtigen Wein bekommen, die nicht mehr zu retten waren
und vor Schmerz fast wahnsinnig wurden.
Wir Leichtverletzten – also diejenigen die noch alle
Gliedmaßen und Eingeweide in sich drin hatten –
mussten uns an einem besonderst abgesicherten Zelt in Reihe stellen. Da
ging’s dann ziemlich zügig rein und wieder raus.
Jeder der rein kam wurde kurz von zwei Therbuniten gemustert. Da
ging’s wohl darum ob sich eine Behandlung lohnt oder nicht.
Wer zu übel dran war wurde so wieder raus geschickt oder
gebracht. Die „Glücklichen“ mussten sich
kurz auf einen Operationstisch legen – und haste nicht
gesehen haben sich da Wunden geschlossen, Blutungen gestoppt und
kleinere Brüche wieder gerichtet! Das ging Ruckzuck
– wie von Zauberhand. So ein ziemlich lädierter
Plänkler flüsterte Ronaldo zu, dass die zwei Magier
– die zwei Gezeichneten – das Teil bei ihrem Besuch
im Lazarett kurzerhand verzaubert hätten. Seitdem
könne damit praktisch alles und jeder geheilt werden! Am
Anfang haben sie die echt schweren Fälle da drauf gelegt. Aber
dann kam da so ein Grosszampano und hat gesagt dafür
wäre keine Zeit. In der Zeit wo ein Schwerverletzter geheilt
werden könnte, könne man auch ein Dutzend
Leichtverletzte wieder kampftauglich kriegen und zurück ins
Feld schicken. Also haben sie erstmal die Offiziere und Adligen geheilt
– und jetzt war das Fußvolk dran. Klar –
so ohne Schwertfutter haben’s die da oben halt auch schwer
´nen Krieg zu führen.
Ronaldo, Cordovan, Albin, Fran, Eduardo und ich wurden da also
regelrecht über den Tisch gezogen. Dann bekamen wir unsere
Ausrüstung ergänzt – soweit
möglich. Ronaldo kam breit grinsend vom Quartiermeister
zurück. Irgendwie war es ihm gelungen dort drei oder vier
dieser höllischen Flammenbomben mit Hylailer Feuer zu
„organisieren“. Die schleppte er jetzt stolz an
seinem Gürtel mit sich rum. Das ist ja nichts für
mich. Meine Ballestrina und mein gutes Rapier – da
weiß man wenigstens was passiert wenn man’s
benutzt, nicht wie dieses ganze alchemistische Gemenge. Total
unzuverlässig und gefährlich für einen
selbst das Zeugs!
Wir hatten also einige Zeit zum Verschnaufen – da ging das
Geschrei auf der Mauerkrone schon wieder los! Man kann ja nun einiges
über unseren Haufen behaupten – aber nicht dass wir
nicht immer sofort da zur Stelle waren wo wir gebraucht wurden! Wir
also flugs auf die Mauer und gucken!
Erst dachte ich, ich hätte vielleicht abends zuviel gesoffen
und würd’ jetzt schlecht Träumen
– aber da die Jungs das auch sahen, und Cordovan uns
versicherte, dass es sich nicht um Trugbilder handelte, mussten diese
Dinger wohl echt sein!
Da kamen vier unglaubliche Monster auf uns zu!
Das Kleinste davon kannten wir schon – das hatte
nämlich eigentlich auf unserer Seite gekämpft! So ein
komischer Elefant, ganz mit Eisen umhüllt und seltsamen Runen
drauf. Oben drauf gab’s sogar eine Art Trage und vier
Hornissen. Das hatten eigentlich die Schüler von dem Rotauge
mitgebracht – aber aus irgendwelchen Gründen dann
dem Feind überlassen.
Dann gab’s da als nächstes noch eine riesige
Schildkröte! Total aus Erz gebaut und mit Leuten und
Geschützen oben drauf, an den Seiten und den Rädern
überall scharfe Sicheln und Hacken!
Dann bekamen wir auch endlich das Teil zu sehen, das diese seltsamen
halbrunden Vertiefungen in den Boden gedrückt hatte
– eine riesige, bestimmt 150 Schritt lange und etwa ein
Zehntel davon dicke, vielgliedrige Schlange aus Stein! In dem Maul von
dem Viech hätte fast einer von den Trollen stehen
können, die die Rampe zur Mauer gebaut hatten. So wie die sich
heranwälzte war klar – wenn das Teil zur Mauer kam
war die fällig!
Aber als wäre das noch nicht genug kam da eine Burg auf uns zu
getrampelt! Jawohl Kinder – eine regelrechte Burg! Mit
Türmen und Zinnen und Burghof und allem! Die ging auf vier
weiteren Türmen als Beinen!
Ich kann Euch sagen – da herrschte gewaltige Aufregung auf
der Mauer. Bald hatten sich hier auch all die versammelt, die glaubten
irgendwas zu bestimmen zu haben. Sogar die Gezeichneten waren
vollständig angetreten. Nach reichlich Getuschel kam der
Generalstab endlich zu einem Entschluss.
Es war klar, dass die Teile unter keinen Umständen die Mauer
erreichen durften! Also mussten Leute raus um diese
Monstrositäten zu zerstören, bzw. ihre Besatzungen
erledigen. Eins schien den Großdenkern klar: die Teile waren
alle irgendwie magisch und dämonisch beseelt und bewegt.
Wer gegen dieses komische Mammut gehen sollte war auch sofort klar: Der
Turbanträger schaute sich nämlich kurz um und rief
„Rodrik! Hol Dein missglücktes Experiment
zurück – oder vernichte es!“ Und die
Schüler, die das Teil mitgebracht hatten machten sich auf den
Weg.
Der Graf von Wehrheim trat zu einer Gruppe von Leuten die immer so
unauffällig in der Nähe der Kommandantur
herumlungerten, dass sie inzwischen jeder kannte. Der
grünhaarige Bogenschütze gehörte wohl auch
zu ihnen. „Ihr kümmert Euch um die
Schildkröte. Entsprechende Bedeckung bekommt ihr mit.
Vielleicht lässt sich ja eine Zerstörung vermeiden
und Ihr findet einen Weg das Ding zu requirieren. PHExens Segen mit
Euch!“
Die Gezeichneten wollten sich persönlich um die Burg
kümmern. Gut so! Denn das Teil hätte ich nur ungern
erklettern wollen.
Genauso ungern wollte ich auf die Schlange steigen – aber
unser Eduardo hatte es schon irgendwie fertig gebracht uns
„als Freiwillige“ für die Schlange zu
melden! Die wurde die „Steinerne Schlange von
Paavi“ genannt.
Tja, da gab es nun kein Zögern mehr. Jede Einsatzgruppe bekam
eine beachtliche Bedeckung, mit um überhaupt an diese Monster
heran zu kommen. Das eigentliche Ausschalten sollte dann jeweils durch
die Sechsergruppen geschehen.
Wir also mal wieder auf die Gäule – die auch schon
reichlich mitgenommen waren – und durch die Mauer. Dort
vereinigten wir uns mit einigen Einheiten mittelreichischer Infanterie.
Die sollten uns durch die feindlichen, gemischten Fußtruppen
bringen, die die Steinschlange schützten. Fühlte sich
irgendwie seltsam an. Ausnahmsweise waren wir mal diejenigen die
beschützt wurden, um eine besondere Aufgabe zu erledigen
– nicht anders herum.
Im Marschtritt ging es los. Wir immer schön im hinteren
Drittel.
Tja meine Lieben – ich könnte euch jetzt von dem
Gemetzel und den Heldentaten erzählen bis Satinav selbst
vorbei kommt und ich bin sicher, dass RONdra’s Tafel eine
wahre Schwemme von Helden überstehen musste – aber
ich will hier nur von den Kleinigkeiten berichten, die wir selber
erledigt haben. Schlussendlich haben es die Mittelreicher doch
geschafft, uns an das Monster heran zu bringen und uns genug Zeit zu
verschaffen dass wir aufentern konnten.
Das Miststück umreitend entdeckten wir im Endstück so
etwas wie eine Einstiegsluke auf dem
„Rücken“ der steinernen Schlange.
Allen voran stürzte sich unser guter Ronaldo auf das Vieh. Ihr
wisst ja, dass der ursprünglich eher ein Gaukler und Akrobat
war. Das konnte er hier wieder mal ganz gut brauchen. Mit einem
eleganten Salto sprang er von seinem Sattel aus hoch und bekam eines
dieser Tentakel zu fassen, die da zu Dutzenden auf dem Rücken
der Schlange herumwedelten. Mit den Dingern sah sie eigentlich eher wie
eine dieser Raupen aus, die man öfter mal auf Brenneseln
finden kann. Das Teil packen und sich mit zwei eleganten
Schwüngen auf den Rücken der Kreatur schwingen war
für den guten Ronaldo eins. Leider schien er damit diese
Schlauchwürmer aufgeweckt zu haben.
Als wir nämlich direkt hinter ihm versuchten auf den
Rücken dieses Niederhöllenbandwurms zu kommen,
sprühte die Teile nämlich irgendein
ätzend-klebriges Zeug durch die Gegend. War gar nicht so
einfach dem auszuweichen – und dass das Zeug weh tat konnte
man an Cordovan gut sehen.
Der hatte nämlich einiges davon abbekommen. Da wo es auf seine
Haut getroffen war, bildeten sich unschöne rote Blasen und
seine Magierrobe rauchte an manchen Stellen. Dort bildeten sich auch
schnell einige Löcher.
Mit schmerverzerrtem Gesicht murmelte er irgendwas vor sich hin, da
lief das eklige Zeugs von ihm ab – und der ganze Staub und
Dreck von den vorangegangenen Kämpfen gleich mit!
Eduardo schlug grinsend vor die Teile zu verknoten – was wir
dann auch nach Kräften taten. Es hat tatsächlich
funktioniert! Die Schläuche die wir ineinander knoteten
blähten sich noch mal kurz auf – dann gab es
ordinär–gurgelnde Geräusche und sie
wedelten irgendwie hilflos-verlegen in der Gegend rum.
Wir waren noch beschäftigt uns so einen einigermaßen
sicheren Weg zum Luk zu schaffen, da stürmte Ronaldo schon
regelrecht darauf zu. Mehr oder weniger glücklich den
Säuresprühern ausweichend. Ich weiß bis
heute nicht was er mit diesem Alleingang bezwecken wollte. Jedenfalls
stürmte er hin, kniete sich hin und riss an dem Griff der Luke!
Cordovans „VORSICHT! Da könnten magische
Fa__!“ kam zu spät. Denn in diesem Augenblick machte
es tatsächlich BUMMMMMMM! Eine Glutkugel wie sie Cordovan
manchmal zu machen pflegte leuchtete auf! Dabei blieb es jedoch nicht!
Erinnert Ihr Euch, dass ich erzählt habe wie sich Ronaldo
diebisch gefreut hatte, als er aus dem Ausrüstungszelt kam?
Genau – die vier Kugeln reagierten jetzt auf diesen
Ingisphallo, oder wie das heißt, wie Premer Feuer auf einen
brennenden Kienspan!
Mit einem gewaltigen WUSCH! Gingen die vier Dinger hoch! Eine Weile
waren wir mit Deckung und Festhalten beschäftigt.
Währenddessen flogen uns glühende Holz- und
Steintrümmer um die Ohren. Vielstimmiges Geschrei war zu
hören. Als ob man eine Schweineherde in kochender
Säure baden würde! Als wir wieder aufblickten war
statt der Einstiegsluke nur noch eine in allen TSAfarben schillernde
und blitzende Dampfwolke zu sehen. Vor dem Riesenloch das die Explosion
geschlagen hatte, standen, wie festgenietet, Ronaldos Schuhe.
Das und ein bitterer Geschmack in meinem Mund war alles was von unserem
lustigen Gefährten geblieben war!
Ich denke – das war ein Abgang wie ihn sich dieser
Schaustellerbursche gewünscht hätte. Ein riesiger
Knall, spektakuläre Feuer- und Farbeffekte und eine in die
Hunderte gehende Zuschauermenge die mit offenen Mündern
starrte!
Das tat sie nämlich! Die Explosion war so gewaltig gewesen,
dass sowohl unsere Fußsoldaten als auch die des Feindes
staunend innegehalten hatten! Irgendwie schienen unsere Leute auf der
Mauer das alles auch noch für Absicht gehalten zu haben
– sie jubelten entlang der ganzen Mauerkrone ob des
Spektakels!
Das hielt jedoch nicht lange an. Ich glaube Eduardo erholte sich als
erster. „Armer Kerl! Er hat’s geschafft! Wir
können rein!“ rief er und eilte zur
Öffnung. Wir natürlich hinterher. Vorsichtig
sammelten wir uns um das an den Rändern noch knackende Loch.
Mit Schussbereiten Ballästrinas spähten wir hinunter.
Da lagen sie neben und übereinander. Die zerfetzten,
verbrannten und teilweise regelrecht zerschmolzenen Überreste
der Besatzung. Soweit ich das erkennen konnte, mussten es wohl Orks
oder Orkähnliche gewesen sein. Es stank erbärmlich
nach verbranntem Haar und Fell, Fleisch und Metall.
Lange ließen wir uns davon jedoch nicht aufhalten. Wir
sprangen die paar Schritt hinab und näherten uns –
durch Ronaldos tragisches Beispiel belehrt – mit
äußerster Vorsicht der Tür die Richtung
Kopfende im Leibe des Biests weiterführte. Die hatte dem
Ganzen erstaunlich gut standgehalten. Einige Augenblicke
beäugten wir die Tür misstrauisch – dann
bückte sich Eduardo, hob einen der herumliegenden Arme auf
– und warf ihn gegen die Tür.
Sofort wurde dieser von unsichtbaren Klauen zerrissen und zerfetzt! Als
das vorüber war schluckten wir alle erstmal schwer –
nur gut das keiner von uns so leichtsinnig veranlagt war wie Ronaldo!
Eduardo schmiss ein weiteres Stück gegen die Tür
– da passierte jedoch nichts.
Albin machte sich eine Weile am Schloss zu schaffen – kam
jedoch nicht voran. Dann versuchte es Cordovan mit seinen besonderen
Fertigkeiten – und „Klick“ ging das
Schloss auf. Ob es wohl viele Magier gab die sich mit solchen
Fähigkeiten auf phex’schem Wege etwas nebenbei
verdienten?
Wir stellten uns alle in Position, die Ballestrinas auf die
Tür gerichtet. Dann stieß Eduardo diese mit einem
herumliegenden langen Stab auf. „Zack! Zack! Zack!“
– sausten 3 dicke Armbrustbolzen an uns vorbei!
Wir schlichen näher an die Öffnung – und
starrten erstmal ins Dunkel! An alles Mögliche hatten wir
gedacht. Seile, Waffen, Munition für die Ballestrinas.
Cordovan hatte sogar Kreide dabei – aber an irgendwelche
Lampen oder Fackeln hatte keiner gedacht!
Wir also wieder zurück zum hintersten Raum und alles
durchsucht. Dabei förderten wir tatsächlich noch vier
Fackeln zutage die einigermaßen brauchbar schienen.
So „erleuchtet“ machten wir uns wieder auf den Weg
den Leib der Steinschlange zu erkunden und zu erobern.
Vorsichtig um die Ecke spickend, erkannte ich drei Schwere
Armbrüste. Jedoch handelte es sich hier um fest montierte
Exemplare die irgendwie von selber los gingen, wenn die Tür
sich öffnete. Komisch oder? Entweder mussten die hinter uns
liegenden Leutchen besondere Kennzeichen oder Schlüssel gehabt
haben – oder wer die Teile auch immer aufgestellt hatte,
wollte absolut niemanden im vorderen Teil des Wurmes!
Wir drückten uns an den Armbrüsten vorbei zur
nächsten Tür. Eben wollte Albin sich wieder an dem
Schloss zu schaffen machen, nachdem Eduardo seinen
abgerissenen-Arm-gegen-die-Tür-schmeiß-Trick
ausgeführt hatte, da entdeckte ich in der Rückwand
eine ganze Reihe von gut fingerdicken Löchern in der Wand!
Natürlich stoppte ich Albin sofort. Wir überlegten
hin und her wie die Falle zu entschärfen sei – da
hatte der immer praktische Eduardo die Lösung! Wir hebelten
die Schwere Tür im ersten Raum aus – und stellten
diese vor die Bolzenfalle! Wenn die dieser Explosion standgehalten
hatte, würde sie auch ein paar Bolzen aushalten!
Dann machte sich diesmal gleich Cordovan ans Werk. Und praktisch
zeitgleich mit dem „Klick“ des Schlosses
hörten wir die dumpfen Einschläge der Bolzen in der
Tür.
Einander mit Ballestrinas sichernd, begaben wir uns diesen neuen Raum.
Dort saßen fünf auf Stühle gebundene Orks!
Seltsame runde Gläser waren vor ihre Augen gebunden
– und sie reagierten weder auf unser Eindringen noch auf das
Licht das wir mitbrachten. Wie von unsichtbaren Fäden gelenkt,
waren die fünfe unermüdlich dabei große
Schwengelpumpen zu betätigen.
Cordovan nahm an, das damit zumindest ein Teil der auf dem
Rücken befindlichen Säuresprüher in Gang
gehalten wurden. Aber unsere Aufgabe war keine Erkundliche oder
Wissenschaftliche – wir waren hier zum erobern und zu
zerstören. Also wurden die Orks von uns kurz und schmerzlos
erstochen!
Da bekamen aber nun wir große Augen! Den im Tode wurde aus
den großen bulligen Orks – verhutzelte, kleine
Gnome!
Verdutzt identifizierte Cordovan diese Kreaturen als Grolme. Diese
sollten wohl vorwiegend unterirdisch leben und begabte Alchemisten und
Beeinflussungszauberer sein. Wahrscheinlich waren sie es, die diese
klebrige Säure hergestellt hatten und nun in typisch
borbaradianischer Manier auch gleich zu Frondiensten gezwungen worden
waren. Warum sonst hätte man sie auf Stühle binden
sollen?
Warum sie jedoch als Orks aufgetreten waren? Man weiß es
nicht.
Um gegen weitere Bolzenfallen gerüstet zu sein, schleppten wir
die ausgehobenen Tür mit uns.
Wieder eine Tür. Nach sorgfältiger Untersuchung
– sorgfältig! HA! – bei dem Zeitdruck!
– jedenfalls bemerkten wir keine weitere Bolzenfalle. Also
nutzten wir diesmal die Tür als Schild. Die Ballestrinas im
Anschlag erwarteten wir das Öffnen der Tür. Durch die
vorigen Versuche gewitzt, gelang es Albin erstaunlich schnell das
Schloss zu knacken. Mir war immer noch nicht klar, warum man all diese
Umstände gemacht hatte. Sollten die Betreiber dieses
niederhöllischen Steinmonsters tatsächlich mit dem
Eindringen feindlicher Kräfte gerechnet haben? Oder trauten
sie ihren eigenen Leuten nicht und hielten diese so getrennt damit sie
sich nicht zusammenschließen und rebellieren konnten?
Jedenfalls knackte Albin das Schloss – und es passierte
nichts! Keine Bolzen aus Decken oder Wänden, keine
Dämonenfratzen aus der Tür.
Mit einem Schwung stieß Albin die Tür auf! Zum
Glück hatte er sich seitlich postiert – so zischten
die Pfeile der fünf Orkbogner an ihm und Cordovan vorbei und
über Eduardo, Fran und mich hinweg.
Wir antworteten natürlich mit unseren Ballestrinas. Da wir
immer abwechselnd schossen und mit unseren Spezialanfertigungen auch
sehr schnell nachgeladen und gespannt hatten, konnten wir die
Orkschützen kräftig eindecken. Nach kurzem
Feuergefecht hatten wir zwei Orks niedergestreckt und diese unsere
Tür mit Pfeilen gespickt.
Vielleicht war ich ein wenig unvorsichtig – vielleicht hatte
ich auch nur Pech. Jedenfalls trafen die zwei letzten Pfeile eure alte
Nettare mitten in die Brust! Ich kann euch sagen – das tut
verdammt weh! Natürlich stürzte ich zu Boden.
Das wiederum schien meinen guten Eduardo in Wut zu versetzen.
Brüllend riss er Rapier und Linkhand heraus und
stürmte in den nächsten Raum. Fran wie ein Schatten
hinter ihm her. Diese zwei machten nicht viel Federlesen.
Unterstützt von weiteren Schüssen Albins waren die
restlichen drei Orks schnell Geschichte!
Cordovan kümmerte sich unterdessen um mich. Wie ihr euch
natürlich denken könnt, hatten die Orktölpel
mich nicht tödlich verwundet. So eine arivorer Platte
hält schon einiges aus!
Also verband mich Cordovan, nachdem er die Pfeile entfernt hatte, so
gut er konnte. Besonderes
„Fingerspitzengefühl“ zeigte er dabei am
Ausrichten der Binde über meinen Brüsten. Hahaha
– der Schlingel.
Weiter ging es. Vorwärts und nach oben. Inzwischen hatten wir
uns schon so an die rhythmischen Bewegungen der Schlange
gewöhnt, dass wir sie kaum noch wahrnahmen.
Vor einer weiteren Tür hielten wir. Die üblichen
Untersuchungen. Als feststand, dass keine unmittelbare Gefahr drohte,
legte Cordovan seine Stirn an die Wand und murmelte so was wie
„Snitzbitzl“ mit geschlossenen Augen.
Nach einigen Momenten drehte er sich zu uns und beschrieb uns den
dahinter liegenden Raum. Ebenso wo sich die Steuermannschaft befand,
und wie die Orkbogner verteilt waren.
Da er bei seiner Schnüffelei durch irgendetwas
gestört worden war – oder wie er sich
ausdrückte „Meine Magica Clarobservantia wurde durch
eine heptsphäreische Präsenz in der Tür
interferiert!“ – besah er sich die Tür
auch noch genauer. Dabei entdeckte er, dass darin ein agrimothscher
Dämon gebunden war.
Den würden wir nicht so einfach loswerden können wie
die vorigen. Also malte Cordovan einen fünfzackigen Stern auf
den Boden unmittelbar vor die Tür. Versehen mit allerlei mehr
oder weniger hübschen Verzierungen, stellte sich an die
hintere Wand des Raumes. Wir verteilten uns entlang der Wände,
zum Kampf bereit.
Als Cordovan fast mit seinem Gemurmel fertig war, nickte er Eduardo
kurz zu. Dieser schmiss ein blutiges Stück Orkfleisch gegen
die Tür.
Sofort schoss eine hässliche Dämonenfratze hervor
– und wurde postwendend in den Stern gerissen. Fast glaubte
ich noch den verwunderten Ausdruck auf der hässlichen Fratze
erkennen zu können. Zusammen mit der Dämonenfratze
schossen blaue Flammen in den Raum. Hätte sich jemand in
unmittelbarer Nähe der Tür aufgehalten wäre
es ihm schlecht bekommen. So verpufften sie unter heftigem
Schwefelgestank.
Dieses dämonische Feuer hatte auch sein Gutes – es
hatte nämlich die Tür gleich mit verbrannt
– und so konnten wir ungehindert die Orkschützen mit
unseren Ballestrinas beharken.
Dann ging es natürlich wieder in den Nahkampf. Was soll ich
groß erzählen? Hast Du deinen ersten Ork
niedergestreckt, können Dich die restlichen kaum noch
überraschen. Ihre Ausbildung am Schwert scheint nicht
besonderst anspruchsvoll oder hoch entwickelt.
Aber auch hier wieder – kaum fielen sie tot zu Boden,
verwandelten sich die Orkkadaver in Grolme! Seltsames Getue!
Die beiden Steuerleute hatten sich von dem um sie tobenden Kampf nicht
weiter beeindrucken lassen. Ich setzte dem einen die Spitze meines
Rapieres an den Hals und forderte ihn auf das Ungeheuer zu wenden. Doch
keiner der beiden schien mich auch nur gehört zu haben.
Da schoss ich seinem Nachbar mit der Ballestrina den Kopf weg. Nicht
einmal das auf ihn spritzende Blut und Gehirn seines Kameraden brachte
diesen Grolm zum zucken!
Entweder waren die so stur und loyal – oder sie waren
verhext! Da blieb nichts anderes – auch der zweite musste
dran glauben.
Kurz betrachteten wir die Steuerung – dann blickten wir uns
an – und zuckten mit den Schultern. Wir würden hier
nichts ausrichten können. Und das Monster behielt unentwegt
den Kurs auf die Mauer bei!
Cordovan wies auf einen kindskopfgroßen Malachit.
„Damit wird das Ding irgendwie gesteuert“
Nach einigem Rumprobieren an den Hebeln und Rädern in diesem
Raum öffnete sich das gewaltige Maul der Schlange.
Wir stellten uns zum Absprung bereit. Dann griff sich Cordovan den
Malachit, vergewisserte sich nochmals dass wir alle fertig waren, hob
den Stein hoch über seinen Kopf – und schmetterte
ihn mit aller Macht auf den felsigen Boden im Schlangenmaul.
Dort zersprang diese grüngebänderte Traube aus
Kristall in unzählige Stücke.
„ENDLICH FREI!“- ertönte eine
körperlose Stimme – und die Schlange begann zu
bocken wie ein Wildpferd!
Wir sprangen aus dem Maul, rollten uns ab und gaben Fersengeld! Immer
Richtung Mauer!
Hinter uns zuckte, bockte und rollte die ach so gefürchtete
Schlange von Paavi ein Wildhase mit Tollwut! Dabei wechselte sie
mehrfach die Richtung – und wer von den Schergen Borbarads
nicht schnell genug wegkam wurde zermalmt.
Das war uns gerade recht, denn dadurch dachte auch keiner
großartig daran, uns aufhalten zu wollen. Jeder war damit
beschäftigt sich selbst in Sicherheit zu bringen!
Schlussendlich zuckte, wand und rollte die riesige Steinschlange in
Richtung des feindlichen Heerlagers. Gut so – sollten die
doch sehen wie sie ihr Monster unter Kontrolle bekamen! Allzu schnell
würde das Ding nicht mehr gegen uns eingesetzt werden
können – und nun wussten wir ja wie es auszuschalten
war!
Ja meine Lieben! Eure alte Tante hat mit ihren Jungs die sagenhafte
Schlange von Paavi erlegt! Die wohl größte Schlange
die sich jemals über den Boden Aventuriens gewunden hat.
Hahaha!
Komm, schenk nach und schür das Feuer Du Wuschelkopf!
Prächtige Burschen und Mädels haben mir da meine
Geschwister geschenkt!
Wie?! NOCH eine Geschichte? Seht doch. Es ist schon spät und
der Sturm heult ums Haus! Wollt ihr den nicht langsam zu Bett?!
Ach die Ogergeschichte wollt ihr auch noch hören. Hahaha
– ja DAS ist wahrlich erzählenswert!
*Nettare lehnt sich mit schwerem Seufzer zurück. Ein
schmerzliches Zucken durchläuft das von Falten gezeichnete,
aber immer noch schöne Gesicht. Graues Haar fällt auf
die zuckenden Augenlieder.*