Bericht Scorpio, Ausschnitt „Verteidigung des Tals der
schreienden Steine“
23. ING 1023 BF
Wir hatten eben unseren Hauptmann in den Reihen der besonders zu
ehrenden Toten aufgebahrt und uns im Hauptquartier zurück
gemeldet, als ein Botenreiter einen groß angelegten Angriff
im Tal der schreienden Steine meldete. Udalbert Ludolf von Wertlingen,
der Verräter, suchte uns mit seinen schwarzen Rittern
über diesen Weg in den Rücken zu fallen!
Bevor noch unser derzeitig kommandierender Offizier etwas tun oder
sagen konnte, trat Cengal vor und meldete uns freiwillig!
Der Herr Baron nahm diese Freiwilligenmeldung natürlich sofort
an und schickte uns los. Uns zur Seite stellte er 2 Schwadronen der
Greifenfurter Grenzreiter, 2 Lanzen Rondrageweihte und das aufgestockte
Banner der Drachenpforter Scharfschützen.
Insbesondere die Veteranen von diesen sollten mit ihren verzauberten
Gandrasch-Armbrüsten gehörig aufräumen
können!
Schnellstmöglich sollte Alrik von Blautann mit zwei
Schwadronen der schweren Reiter aus der Equipe Raul von Gareth folgen.
Momentan wurde das Tal nur durch eine improvisierte Brustwehr und ein
Banner Landwehr, ein Banner Drachenpforter Pikeniere und ein Rudel der
Uhdenberger geschützt.
Schon im Heran reiten konnten wir unsere Gegner erkennen. Acht
gewaltige Tatzelwürmer, geritten von riesigen Trollzacker
Kriegern, 2 seltsame Hütten die auf vier Schritt hohen
gewaltigen Hühnerbeinen daher staksten, drei Banner Rotpelze,
2 Schwadronen Reiterei und Schwarze Ritter!
Die Goblins hatten bereits unsere Pikeniere angegriffen und die
Reiterei machte sich gerade zum Angriff bereit.
Am Gefährlichsten erschien, wohl nicht nur mir, der
Anführer der Tatzelwurmreiter. Dieser riesenhafte Kerl
saß auf einem Tatzelwurm der eindeutig daimonidisch
verändert worden war. Seine Schuppen glänzten
kupfern, seine Bewegungen schienen flinker und geschmeidiger. Offenbar
war dieser Kerl unserem Leutnant Gerdenwald bekannt. „Siriom
Grimm“ rief er und zeigte mit Abscheu und Furcht in den Augen
auf den Reiter. Noch auf dem Pferd rissen Llevandor und Dana Horger
ihre Bögen hoch und schossen.
Man hätte es nicht besser absprechen können! Synchron
flogen die beiden Geschosse parallel auf Grimm zu und bohrten sich in
seine Brust. Doch hatte ich erwartet ihn nun sterbend von seinem
Reittier stürzen zu sehen, so sah ich mich getäuscht.
Zwar brach er nach vorne zusammen, doch konnte er sich mit der linken
an den Zügeln halten. Mit der Rechten zog er blitzschnell sein
schwarzes Schwert, stieß es mit einem gutturalen Schrei in
den Leib eines neben ihm reitenden Kriegers – und richtete
sich unverletzt wieder auf!
Er hatte also einen Pakt mit Xarfei geschlossen und konnte mit Hilfe
seines bluttrinkenden Schwertes die Lebenskraft seiner Opfer in sich
aufnehmen!
Ohne langsamer zu werden griff unsere Greifenfurter Grenzreiterei die
Schwarzen Ritter und anderen Reiter an! Erst jetzt erkannte ich, dass
sich zwischen den Reitern, Goblins und Pikenieren
übergroße, zweiköpfige Ratten herumtrieben.
Rudelweise stürzten sie sich auf die Kämpfer und
brachten sie zu Fall. Nur wenige Augenblicke später waren ihre
Opfer bis auf die Knochen abgenagt.
Da unsere Reiterei sich um den berittenen Gegner kümmerte, die
Eliteschützen sich natürlich den Fußtruppen
anschlossen, blieb es an uns, die Tatzelwürmer und die
wandelnden Hütten zu stellen.
Schnurstracks trieb ich mein Pferd auf eine der Hütten zu. In
diesen daimonidisch belebten Ungeheuer saßen nämlich
Bogner die furchtbare Ernte hielten. Vom Pferde springend, hatte ich
sogleich einen ersten Treffer einzustecken. Der Lenker eines
Tatzelwurms hatte meine Aufmerksamkeit auf das hühnerbeinige
Ungetüm, Leutnant Gerdenwald nannte die laufenden
Hütten später Ghumai-Kal, ausgenutzt und mich mit
seiner überlangen Lanze erwischt.
Kurz entschlossen hackte ich die Lanze ab und nahm ihm so die
Möglichkeit mich so anzugreifen. Überraschenderweise
sprang er ebenso kurzentschlossen von seinem Reittier und attackierte
mich. Den Pfeilhagel aus der Hütte über mir
ignorierend, erschlug ich ihn. Das brachte mir natürlich zwei
Treffer von oben ein. Doch schnell hatte ich mich meinem Gegner
entledigt und war zwischen die Beine der Hütte gelaufen, so
dass ich vor den Bognern geschützt war.
Einen Moment durchatmend konnte ich kurz den ein oder anderen meiner
Kollegen sehen. Llevandor lieferte sich einen heftigen Schlagabtausch
mit Grimm. Er rannte vor ihm weg, drehte sich zu dem ihn
Verfolgenden um, beschoss ihn so schnell er konnte und rannte weiter.
Dabei schlug er Haken wie ein Karnickel auf der Flucht, den immer
wütender werdenden Grimm auf seinem daimoniden Wurm dicht auf
den Fersen.
Ein unsichtbarer Kämpfer wütete zwischen den Beinen
der wandelnden Hütten unter den Gegnern – dies
konnte nur Leutnant Gerdenwald sein. Seine Magie machte ihn unsichtbar.
Schade, dass der gute Ilmin nicht an unserer Seite stand. Doch er war
zu einer besonderen Mission abgezogen worden.
Dana Horger hatte sich einen weiteren der Tatzelreiter erkoren und
beharkte ihn mit ihren Pfeilen.
Die Scharfschützen hatten ihre Position leider nicht halten
können und befanden sich nun auch im Handgemenge. Insbesondere
die Zwerge wüteten unter den ihn verhassten Würmern
und ihren Reitern. Außer Cengal in seiner Vollplatte schienen
dabei alle schon einiges abbekommen zu haben.
Ich wendete mich wieder meiner unkontrolliert umher tänzelnden
Hütte zu und nahm eines ihrer grotesken Hühnerbeine
aufs Korn.
Wieder und wieder ließ ich meine Klinge auf ein und dieselbe
Stelle an einem der kopfgroßen Gelenke niedersausen. Endlich
hatte ich die harte Panzerung durchschlagen – doch hatte ich
erwartet darunter Sehnen und Knorpel zu sehen zu bekommen, so hatte ich
mich getäuscht. Einzig ein schwarzblau-lila schimmernder
Strang zuckte in dieser Röhre hin und her. Dieses
dämonische irgendwas war nun mein Ziel. Zwar schlug der eine
oder andere verirrte Pfeil aus der Hütte über mir in
meine Nähe ins Gras ein, doch ließ ich mich dadurch
nicht beirren. Da dieses seltsame Gebilde inzwischen keinen
Führer mehr hatte, konnten die Schützen über
mir auch kein klares Ziel auffassen und mussten auf den Zufall hoffen.
Nach schier unendlichen Hieben zerrsprang diese unheilige Flechse vor
mir. Ein wahrhaft ohrenerschütternder Schrei ertönte
– und die Hütte brach zusammen. Ich schien jedoch
nicht nur eine Flechse durchtrennt zu haben. Meine Hiebe mussten das
gesamte dämonische Wesen so schwer verletzt haben, dass es
sich in seine niederhöllische Heimat zurück zog.
Die zusammenbrechende Hütte hatte die mitgeführten
Schützen unter sich begraben und eingeklemmt. Der unsichtbare
Degen Leutnant Gerdenwalds machte ihnen ein schnelles Ende. Doch kaum
hatte er die Schützen erledigt, musste er sich einigen Goblins
stellen, da seine Kraft für den Unsichtbarkeitszauber wohl
aufgebraucht war.
Die Horger hatte inzwischen ihren Bogen gegen ihr Schwert getauscht und
war eben dabei mit einem wahnwitzigen Manöver den sie
bedrängenden Tatzelwurm zu entern! Oben angekommen, hieb sie
den Reiter mit wütenden Schlägen aus dem Sattel und
nahm selbst dessen Platz ein. Die wohl durch den Kampfrausch irre
gewordene Frau wollte tatsächlich selbst dieses Untier steuern!
Mir blieb jedoch keine Zeit ihre Versuche zu betrachten, die lauten,
panikerfüllten Rufe Llevandors zeigten, dass er von Siriom
Grimm in die Enge getrieben worden war.
Kurzentschlossen nahm ich mein Bastardschwert in beide Hände
und stürmte auf das kupferfarbene Ungetüm zu. Mit
aller Gewalt rammte ich dem Unvieh meine Klinge in den Leib. Das blieb
Siriom Grimm natürlich nicht verborgen.
Seinen Dazzel noch einmal gegen Llevandor treiben, aufspringen und den
Rücken seines Untieres entlang rennen, war für ihn
eins. So kam er im genau richtigen – oder falschen?
– Augenblick vor mir auf dem Boden zu stehen, als ich mich
eben, niedergeworfen von einem Schwanztreffer seiner Bestie, wieder
erhob. Der sich entspinnende Schwertkampf ließ jede
fechterische Finesse missen. Hier ging es nur noch um Wut, rohe Kraft
und Durchsetzungswillen. Als wir uns bei einem Schlagabtausch ein wenig
drehten, sah ich, dass Dana Horger es tatsächlich geschafft
hatte, „ihren“ Tatzelwurm in die Gewalt zu bekommen
und ihn nun auf Siriom Grimm zusteuerte.
Ich verdoppelte nochmals die Wut meiner Angriffe, um seine
Aufmerksamkeit ganz auf mich zu ziehen. Doch hatte diese gewaltige
wütende Kraft meiner Schläge einen weit
größeren Erfolg als erhofft. Unter einem
zweihändig geführten Hieb zersprang das
höllische Barbarenschwert Grimms! Ja! Der
unübertrefflichen zwergischen Schmiedekunst war eben kein
Dämonenwerk gewachsen! Noch während Grimm einen
Moment verblüfft auf die Bruchstücke seiner Klinge
starrte und dabei zurücktaumelte, hieb ich mit aller Macht zu!
Den verblüfft-schmerzhaften Ausdruck in den brechenden Augen
werde ich nie vergessen! Während der Schädel noch zu
Boden fiel, hatte ich gerade noch Zeit mich zur Seite zu werfen, als
Horgers Tatzel auch schon in seinen dämonisch verwandelten
Artgenossen krachte.
So ganz hatte sie ihr Tier wohl doch nicht unter Kontrolle, denn trotz
ihrem Ziehen und Zerren begann es damit seine Klauen und Kiefer in
seinen Artgenossen zu graben. Es herrschte wohl keine Bruderliebe unter
diesem Gewürm.
Zusammen mit den Hieben Llevandors und meiner selbst war es auch
schnell aus mit dem dämonischen Untier.
Uns umblickend gewahrten wir, wie eben der zweite Ghumai-Kal
stürzte. Meine Kameraden hatten die restlichen Würmer
mit ihren Reitern zur Strecke gebracht und eben dieses
Dämonenwerk gefällt.
Doch während wir die Tatzelwürmer und die Ghumai-Kal
besiegt hatten, stand es um unsere restlichen Truppen schlecht! Die
leichten Greifenfurter Grenzreiter wurden in der Enge des Tales von den
schwer gepanzerten Schwarzen Rittern auseinander gehauen und unsere
Fußtruppen waren nur wegen den Drachenpforter
Schützen nicht schon längst von der
Übermacht des Gegners aufgerieben worden.
Dana Horger lenkte nun ihr Ungeheuer in die Reihen der gegnerischen
Ritter. Dort hielt dieser furchtbare Ernte, reagierten die meisten doch
zu spät, als ein vermeintlich Verbündeter neben ihnen
zu einem Biss oder Hieb ausholte!
Eben wollte ich nach kurzem Atem holen mich zwischen wieder ins
Getümmel stürzen, da sah ich eine schwarze bepelzte
Horde den Hang zu unserer Linken heranstürmen. Orkische
Truppen hatten uns wohl irgendwie umgangen und stürzten sich
nun Welle um Welle in den Kampf. Doch was war das? Sie schlugen sich
einen Weg durch das dichteste Getümmel aus Goblins und
Schwarzen Rittern die eine Einheit der Greifenfurther eingekesselt
hatten! Mit ungeheurer Wucht und Effizienz zogen sie eine Schneise der
Vernichtung durch die Schergen Borbarads und reihten sich neben eben
jenen Kämpfern ein, deren Städte und Länder
sie vor knapp einer Dekade erobert hatten!
Diese unverhoffte Verstärkung stabilisierte unsere Linien. Und
als endlich auch noch von Blautann mit seinen Reitern in das Geschehen
eingriff, fegten wir den Gegner regelrecht vom Felde!
Dana Horger hatte, als die Orks erschienen, ihrem Reittier das Schwert
durch das Hinterhauptloch ins Gehirn getrieben und es dadurch
getötet.
Kaum war der gemeinsame Gegner gewichen, standen sich Menschen und Orks
Auge in Auge gegenüber. Keiner der hier Anwesenden hatte das
Geschehen während des letzten Orkensturmes vergessen. Nur dem
diplomatischen Geschick Leutnant Gerdenwalds war es zu verdanken, dass
es nicht augenblicklich zu einem weiteren –
unnötigen – Blutbad kam.
Dank seiner Überredungskunst wagten sich die Orks weiter in
das feindliche Gebiet vor, um in der dort momentan herrschenden
Verwirrung weiteren Schaden anzurichten.
Ich persönlich wünschte den davoneilenden Orks alles
Kampfglück das ihre Götter ihnen schenken konnten.
Denn nur das unverhoffte Eingreifen dieser als Menschenfeinde bekannten
Schwarzpelze hatte uns den Sieg an dieser Stelle geschenkt. Wohl hatten
auch ihre Schamanen und Weisen gesehen was aus Aventurien werden
würde, sollte Borbarad hier die Oberhand gewinnen.
Erschöpft und siegreich zogen wir uns zum Hauptlager
zurück.